Interview Partner

Dr. Wolfgang Kotzur

Finance

Das steht auf meiner Visitenkarte:

Dr. Wolfgang Kotzur
Rechtsanwalt · Partner · Solicitor (England & Wales)
 

Seit wann sind Sie bei der Kanzlei Oppenhoff und wie sind Sie zu der Kanzlei gekommen?

Ich bin im Juni 2020 mitten im ersten Corona-Lockdown von Simmons & Simmons zu Oppenhoff gekommen. Der Zeitpunkt war natürlich nicht ideal, da es eine Zeitlang dauerte, alle neuen Kollegen* kennen zu lernen. Trotzdem fühlte ich mich vom ersten Tag an sehr wohl.


Was ist das Besondere an Oppenhoff?

Oppenhoff hat eine sehr interessante Mischung aus alteingesessenen Partnern, die zum Teil schon vor dem Merger mit Linklaters dabei waren, und aufstrebenden jüngeren Partnern und talentierten Junganwälten, welche eine enorme Breite an Rechtsgebieten abdecken und ständig bemüht sind, neue Trends zu erkennen oder auch selbst zu gestalten. Man arbeitet mit vielen verschiedenen Kollegen zusammen und es herrscht eine gegenseitige Wertschätzung, welche man z. B. in internationalen Großkanzleien längst nicht immer antrifft.
 

Wie sieht die tägliche Arbeit im Bereich Finance für einen Partner aus?

Finance als primär transaktiongetriebenes Dezernat hat immer wieder Spitzen, wenn wenige oder sogar nur eine Transaktion praktisch die ganze Zeit beansprucht und man ständig Kreditdokumente entwirft und kommentiert, Rechtsgutachten (sog. Legal Opinions) schreibt, und am Telefon oder, moderner, in virtuellen Meetings mit der Gegenseite verhandelt bzw. mit dem eigenen Mandanten das Vorgehen und die Strategie bespricht.

Daneben gibt es ruhigere Zeiten, in denen man Texte veröffentlicht, an Seminaren teilnimmt oder Vorträge hält, zur Geschäftsentwicklung in andere Städte oder auch Länder fährt bzw. fliegt oder (leider inzwischen seltener) den gelungenen Abschluss einer Transaktion zusammen mit Mandanten und der Gegenseite im Rahmen eines „Closing Dinners“ feiert.
 

Wie fördern Sie junge Berufsanfänger bei Oppenhoff?

Indem ich ihnen möglichst früh Aufgaben zuteile, an welchen sie substantielle Fertigkeiten lernen und in gewissem Maße Eigenverantwortung übernehmen können. Auch Mandantenkontakt ist wichtig. Die Lernkurve kann gerade am Anfang relativ steil sein (schließlich bringt nicht jeder von Natur aus dasselbe Auge für Details und das gleiche Talent für Priorisierung mit; beides lässt sich aber lernen), aber mit der nötigen Motivation und etwas gesundem Menschenverstand lässt sich dies meist gut meistern.
 

Welche Qualifikationen bzw. Vorkenntnisse sollte ein Berufsanfänger im Bereich Finance mitbringen?

In diesem Bereich sind insbesondere schuldrechtliche und gesellschaftsrechtliche Kenntnisse gefragt. Die übliche „Amtssprache“ ist Englisch und somit sind gute Englischkenntnisse unerlässlich, da wir insbesondere zu Transaktionen mit einem internationalen Einschlag beraten. Kenntnisse im Aufsichtsrecht und Insolvenzrecht sind ebenfalls nicht von Nachteil, wobei sich vieles „on the job“ erarbeiten lässt. Am wichtigsten ist die grundsätzliche Bereitschaft, neues zu lernen.
 

Was ist das Spannendste, Unvergesslichste, Witzigste, Aufregendste, was Ihnen bisher in Ihrem Berufsalltag passiert ist?

Vor Jahren kam ich Mittwochmorgen nichtsahnend in London ins Büro, um dort von einem Partner zu hören, dass gerade ein spannender neuer Deal hereingekommen sei. Ein Mandant war in einem Bieterverfahren für ein Autowaschunternehmen dazwischen gegrätscht und hatte sich Exklusivität bis Samstagmittag gesichert. Er bräuchte jetzt „nur noch“ bis dahin eine auszahlungsreife Bankfinanzierung und dies wäre doch etwas für mich als Managing Associate. Ich fand das spannend und sagte, dass er mir die Entwürfe der Dokumentation gerne schicken könnte. Er sagte, diese gäbe es noch gar nicht, aber wir hätten ja noch 72 Stunden Zeit…Erstaunlicherweise war es tatsächlich möglich, in dieser Zeit mit dem hastig zusammengestellten Transaktionsteam fast 1000 Seiten Dokumentation für eine Senior / Mezzanine Finanzierung zu erstellen und zu verhandeln, nur selten unterbrochen von einem kurzen „Power nap“ am Schreibtisch oder einem Besuch der Kanzleikantine. Fristgerecht lagen die Dokumente Samstagmorgen bereit zur Unterschrift in einem Konferenzraum. Der Unterzeichnungsprozess dauerte nicht lange, da alle Beteiligten nur darauf warteten, endlich mit Champagner auf den Deal anzustoßen. Die Feier nach vollbrachter Tat fiel dann allerdings für englische Verhältnisse relativ kurz aus, weil alle Protagonisten müde waren.

Die Erfahrung lehrte mich, was unter Zeitdruck möglich ist, aber auch den dadurch bedingten enormen Stress und die ab einem bestimmten Zeitpunkt rapide schlechter werdende Arbeitsqualität. Mit den Mitgliedern unseres damaligen Transaktionsteams bin ich auch heute noch befreundet.


Was ist das Beste an der Arbeit bei Oppenhoff?

Die Mischung aus Professionalität und familiärer Atmosphäre, welche man in den Büros vorfindet. Coronabedingt habe ich Karneval bei Oppenhoff noch nicht hautnah miterleben können, hege aber diesbezüglich große Erwartungen für das kommende Jahr!
 

Welche Einschränkungen bringt der Beruf mit sich?

Die Arbeitszeiten sind oft recht lang und auch Wochenendarbeit ist nicht ungewöhnlich. Andererseits ist es häufig möglich, Arbeit im Home Office zu erledigen, womit der Kontakt zur Familie nicht völlig abbricht und diesbezüglicher Stress mit der besseren Hälfte vermieden wird.
 

Was ist Ihr Ausgleich zum Büroalltag?

Yoga, Brettspiele, Fahrradfahren
 

Welche drei Begriffe assoziieren Sie mit dem Wort Jura?

Pauken, gemütliche Seminarräume in altehrwürdigen englischen Reihenhäusern sowie Scotch Whisky (die Hebrideninsel Jura ist für ihren Single Malt bekannt)
 

Sie planen ein jura-freies Wochenende auf einer einsamen Insel und dürften nur drei Dinge mitnehmen. Welche wären das?

Ein großes medium-rare gegrilltes Steak, eine Flasche Rotwein sowie eine Hängematte.
 

Welchen Tipp würden Sie gerne jedem Nachwuchsjuristen mitgeben?

Man sollte keine Scheu haben, seine Komfortzone zu verlassen und auch mal etwas neues auszuprobieren. Der Beruf kann ziemlich repetitiv sein und das Angehen neuer Herausforderungen hilft, den Spaß am Job zu erhalten. Natürlich nicht andauernd! Das Bewahren einer gewissen Flexibilität hilft auch dabei, die enormen Umbrüche zu meistern, welche der Rechtsmarkt regelmäßigt durchmacht, z. B. aufgrund neuer Konkurrenz, bedingt durch die Flut von Verordnungen oder auch im Zuge neuer technischer Möglichkeiten. So habe ich noch erlebt, wie E-mail und Blackberry die benötigte Zeit für Erstellung und Verhandlung großer Verträge um Wochen verkürzte. Für einige ältere Anwälte war dies enorm gewöhnungsbedürftig.
 

*In diesem Interview wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet.