Interview Rechtsanwalt

Dr. Jochen Lehmann

Corporate / M&A, Compliance, Finanzdienstleistungsrecht

Das steht auf meiner Visitenkarte:

Rechtsanwalt und Notar


Seit wann sind Sie bei der Kanzlei SOH und wie sind Sie zu der Kanzlei gekommen?

Seit April 2013 – Zu SOH bin ich nur durch Zufall gekommen. Nach vier Jahren als Unternehmensberater bei McKinsey & Company habe ich durch die Dissertation meine Liebe für die Juristerei wieder entdeckt. Da ich bewusst nicht in eine Großkanzlei wollte, habe ich mich auf die Suche nach den „Hidden Champions“ des Mittelstands gemacht.
Während der Dissertation hatte ich einen Mitpromovenden kennengelernt, der meinte, ich sollte mich doch bei SOH in Essen bewerben. Da ich mit meiner Familie damals in Düsseldorf gelebt habe, habe ich zunächst abgewunken. Heute bin ich ihm dankbar, dass er so hartnäckig die Qualität unseres Hauses gepriesen hat.


Was ist das Besondere an SOH?

Mit ca. 35 Rechtsanwälten beraten wir vermögende Private ebenso wie mittelständische und große Unternehmen. Das bringt es mit sich, dass wir alle sehr eigenständig und eigenverantwortlich beraten. Jeder kann sich auf die Kompetenz des anderen verlassen.
Dabei liegt unser Fokus insbesondere auf familien- und unternehmergeführten Unternehmen. Viele davon beraten wir schon seit Langem, nicht wenige seit Jahrzehnten. Das damit einhergehende Vertrauensverhältnis bedeutet für uns Verantwortung und Ansporn zugleich.
Häufig werden wir auch zu Fragestellungen abseits des Juristischen involviert. Dies finde ich besonders reizvoll, weil ich damit die Brücke zu meiner vorherigen Tätigkeit schlagen kann.


Wie sieht die tägliche Arbeit bei SOH für einen Partner aus?

Zunächst ist wichtig, dass sich die Arbeit eines Partners nicht maßgeblich von der Arbeit eines Associate unterscheidet. Unsere Mandanten wissen grundsätzlich nicht, wer bei uns Partner ist und wer nicht. Das ist ihnen und uns auch nicht wichtig. Wichtig ist, dass sich derjenige um die Fragen und Herausforderungen des Mandanten kümmert, der sich mit der Materie am besten auskennt.
Ein klassischer Tagesablauf lässt sich nicht beschreiben. Auch wenn es abgedroschen klingen mag: Jeder Tag ist anders. Wir beraten viele unserer Mandanten vollumfänglich. Das bedeutet, dass wir alltägliche Probleme ebenso zu lösen helfen, wie große Strukturfragen. Mein Arbeitsalltag ist durch viele Abstimmungsmeetings und -calls geprägt. Daneben macht natürlich die konzeptionelle Arbeit an Transaktionen, Umstrukturierungen, Vertragsentwürfen und -verhandlungen einen maßgeblichen Teil meiner Arbeit aus. Gerade diese konzeptionelle Arbeit wird häufig aber unterbrochen durch ad hoc Anrufe von Mandanten, die sich gerade mit einer neuen Fragestellung konfrontiert sehen, zu der sie sich „mal eben kurz“ abstimmen möchten.
Manchmal macht dies das konzentrierte Arbeiten anstrengend, aber grds. schätze ich eben diese Nähe zu unseren Mandanten sehr. Zeigt dies doch, dass sie uns als echten Partner wahrnehmen!


Wie fördern Sie junge Berufsanfänger bei SOH?

Jeder neue Anwalt (m/w/d) bekommt einen Mentor, der ihm bei allen Fragen und Herausforderungen zur Seite steht. Der Mentor ist auch dafür verantwortlich, dass ein neuer Kollege (m/w/d) nicht zu schnell mit zu viel Arbeit befasst wird, sondern ausreichend Zeit für die Bearbeitung erhält. Wird es zu viel, ist es Sache des Mentors, die Arbeitsaufträge zu kanalisieren und zu priorisieren.
Daneben fördern wir sehr frühzeitig eine Weiterbildung zum Fachanwalt, Steuerberater oder auch zum Notar.
Schließlich bieten wir jungen Kollegen, die noch nicht promoviert worden sind, individuelle Beschäftigungsmodelle zur Anfertigung einer Dissertation an, sei es in Teilzeit oder als Blockmodell.
Das Wichtigste ist, dass jeder Anwalt bei uns schnellstmöglich in die Lage versetzt wird, unsere Mandanten eigenverantwortlich zu beraten; natürlich in Abhängigkeit von seiner individuellen Entwicklungsgeschwindigkeit, aber – wenn es nach uns geht – je schneller desto besser. Wir kennen keine Tätigkeit, die im Hintergrund bleibt und bei der der im Vordergrund stehende Partner die Arbeit des Associate dem Mandanten „verkauft“. Sobald sich ein neuer Kollege in seiner Rolle wohl fühlt, vertritt er seine Arbeitsergebnisse selbst gegenüber dem Mandanten und berät ihn zu etwaigen Rückfragen. Im Idealfall führt dies dazu, dass sich die Mandanten bei nächster Gelegenheit direkt an „den Neuen“ wenden und er nicht nur eigenverantwortlich, sondern auch allein berät. Wenn dies gelingt, ist unsere Starthilfe erfolgreich gewesen.


Welche Qualifikationen bzw. Vorkenntnisse sollte ein Berufsanfänger bei SOH mitbringen?

Ideal ist ein sog. Doppel-Vb mit abgeschlossener Promotion, da insbesondere Letzteres zum Markenkern unserer Kanzlei zählt. Mindestvoraussetzung ist jedoch die Bereitschaft zur Promotion.
Darüber hinaus setzen auch wir auf die Klassiker der Stellenprofile: Ausgeprägte Teamfähigkeit (wir sind ein homogenes, hoch effizientes Team und möchten dies bleiben), verhandlungssicheres Englisch (die Internationalität macht auch vor dem Ruhrgebiet nicht halt) und die Fähigkeit, die eigene Rechtsauffassung für den Mandanten verständlich und für die Gegenseite bestechend darzulegen (Vertragsverhandlungen gehören bei uns zum Tagesgeschäft).
Natürlich freuen wir uns über Bewerber (m/w/d) mit Berufserfahrung. Dies ist aber keine Voraussetzung, im Gegenteil, auch Berufsanfänger (m/w/d), die unser Qualifikationsprofil erfüllen, sind uns herzlich willkommen.


Was ist das Spannendste, Unvergesslichste, Witzigste, Aufregendste, was Ihnen bisher in ihrem Berufsalltag passiert ist?

Vor ein paar Jahren haben wir einen langjährigen Mandanten beim altersbedingten Verkauf seiner Firma betreut. Die Firma war bzw. ist seit Jahren Marktführer in einer Nische im Hochtechnologie-Bereich, entsprechend profitabel und über Generationen in Familienhand. 
Einer der Hauptwettbewerber, ein großer, mittelständischer Konzern, wartete schon lange auf diese Gelegenheit und wurde durch eine bekannte Großkanzlei vertreten.
Unser Mandant hatte große Angst davor, dass seine Verkaufsabsichten im Markt und in der Belegschaft zu früh bekannt werden. Deswegen kümmerte er sich allein um sämtliche Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem Verkauf!
Ich werde die Augen der Kollegen nie vergessen, als wir ihnen statt eines Zugangs zu einem virtuellen Datenraum zwei dicke Aktenordner mit Unterlagen, die noch dazu händisch geschwärzt waren, für ihre Due Diligence mit dem Angebot über den Tisch schoben, sie könnten sich bei Rückfragen gern telefonisch oder per E-Mail bei uns melden.
Ähnlich einprägsam waren die folgenden Verhandlungsrunden über den Unternehmenskaufvertrag, die auf unserer Seite maßgeblich durch den jüngsten Rechtsanwalt in der Runde geführt wurden, weil er sich mit der Transaktion am besten auskannte. Der Senior Partner aus der Großkanzlei brauchte einige Zeit, um sich auf dieses Set-Up einlassen zu können. Sein Senior Associate, der die Transaktion sicher genauso perfekt kannte wie unser Kollege, und der außerhalb der Verhandlungen die ganze Arbeit machte, war bei den Verhandlungen eher passiv.
Am Samstag nach dem Signing und Closing zeigte mir (und meiner damals kleinen Tochter) schließlich unser Mandant mit seiner Ehefrau die frisch verkauften Produktionshallen. Diese Führung, die für beide gleichzeitig Abschied war, ist mir nachhaltig in Erinnerung geblieben.
Heute beraten wir einen der Söhne unseres Mandanten im Rahmen einer Start-Up-Initiative.


Was ist das Beste an der Arbeit bei SOH?

Für mich ist das Beste die Nähe zu unseren Mandanten, die häufig ein sehr vertrauensvolles Verhältnis und eine vollumfassende Beratung ermöglicht, auch über den reinen „Rechtsrat“ hinaus. Wir kennen unsere Mandanten und ihr Geschäft.
Für Berufseinsteiger bzw. Bewerber (m/w/d) dürfte im Vordergrund stehen, dass wir eine – noch – recht überschaubare, sehr homogene Gruppe von Anwälten sind, die sich über alle Altersklassen hinweg gegenseitig vertrauen. Als Team arbeiten wir an den daily business Rechtsfragen ebenso wie an großen Transaktionen und Strukturmaßnahmen und bieten dabei realistische Chancen auf eine Partnerschaft, ohne dass man hierbei auf sein Privat- und Familienleben verzichten muss.


Welche Einschränkungen bringt der Beruf mit sich?

Die Zulassung als Rechtsanwalt gilt leider nur in Deutschland; für 1-3 Jahre in die USA oder nach Neuseeland auswandern, wird also nicht funktionieren. Und durch meine Notarbestellung bin ich ohnehin an Essen gebunden.
Im Ernst: 9 to 5 geht in unserem Job nicht. Aber so lange mir die Arbeit Spaß macht, ich die Möglichkeit habe, Projekte und Strategien meiner Mandanten zu gestalten und mir trotzdem ausreichend Zeit für meine Familie und für meine Freunde bleibt, ist das für mich auch nicht wichtig.


Was ist Ihr Ausgleich zum Büroalltag?

Abends rudern, insbesondere am Wochenende meine beiden Kinder (11 und 8) - also Fußball spielen und (momentan) Erstkommunionkatechese.
Außerdem bin ich (im Urlaub) leidenschaftlicher Strand-, Binnen- und Hochseesegler. Derzeit beschränke ich mich auf das Strandsegeln, aber nur bis auch mein Sohn endlich sicher schwimmen kann.


Welche drei Begriffe assoziieren Sie mit dem Wort Jura?

Reduktion (von) Komplexität (durch) Struktur.


Welchen Tipp würden Sie gerne jedem Nachwuchsjuristen mitgeben:

Identifizieren Sie sich mit Ihrem Mandanten!
Nur wenn Ihr Mandant erkennt, dass Sie nicht nur ein hervorragender Jurist sind, sondern dass Sie auch für seine Sachen „brennen“, werden Sie sich sein Vertrauen verdienen.
Betrachten Sie die rechtlichen Probleme Ihres Mandanten aus seinen Augen!
Ihn interessieren nicht die Probleme oder Ihre Disclaimer und Haftungsausschlussformulierungen, sondern nur welche Lösungswege Sie ihm aufzeigen.
Blicken Sie über den Tellerrand und versuchen Sie, das Business Ihres Mandanten zu verstehen!
Ihr Lösungsweg mag juristisch noch so elegant sein; er ist dennoch nutzlos, wenn er für das Geschäft des Mandanten nicht passt und operativ nicht umsetzbar ist.