Hätte sie die Wahl, wäre Brigitte Zypries gerne einen Tag lang Herzchirurgin – bevor sie sich für das Jurastudium entschied, hatte sie schließlich lange über die Möglichkeit eines Medizinstudiums nachgedacht. Anstatt im OP-Saal fand sie sich zwischen 2002 und 2009 jedoch an der Spitze des Justizministeriums wider. Ihre Aufgaben umfassten damals etwa die Abstimmung von Gesetzentwürfen mit Verbänden, Regierungs- und Oppositionsparteien und zuweilen auch den Ländern. Sie befasste sich damit, was konzeptionell am Recht verändert werden sollte, mit der Personalpolitik der Bundesobergerichte und mit Themen wie der Nebentätigkeit von Richter:innen.
In Zypries Amtszeit fielen zahlreiche Thematiken, die nicht nur Jurist:innen, sondern auch der breiten Öffentlichkeit noch gut im Gedächtnis geblieben sind – zum Beispiel wurde damals der Straftatbestand des Stalkings eingeführt sowie der Versorgungsausgleich und das Unterhaltsrecht neu geregelt. Als große Errungenschaft gilt zudem das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Doch nicht nur Erfolge konnte Zypries in ihrer Zeit als Justizministerin feiern. So scheiterte sie zum Beispiel mit einem Gesetzentwurf zur Anzeigepflicht bei Missbrauch von Kindern und Jugendlichen.
Als besonders dankbar kann man ihr Amt wohl nicht bezeichnen: „Wenn mich die eine Seite kritisiert und die andere Seite kritisiert, dann heißt das, dass mein Gesetzentwurf irgendwo in der Mitte ist“, erzählt sie. Genau das ist es aber, was sie anstrebte – schließlich gehörte es zu ihrem Job, einen gerechten Ausgleich zu finden.