Richter & Personalreferent David Heldmann im New Lawyers Podcast

Verfasst von Laura Hörner|Veröffentlicht am 15.02.2023

„Der schönste Beruf der Welt“: Karriere in der Justiz

Richter & Personalreferent David Heldmann im New Lawyers Podcast

Einseitig, einsam und eingestaubt? Gegenüber der Arbeit in der Justiz gibt es viele Vorurteile. David Heldmann, Richter und Personalreferent am Hanseatischen Oberlandesgericht, ist mit einer Mission zum New Lawyers Podcast gekommen: Mit diesen Klischees aufzuräumen. Dabei ist er selbst das beste Beispiel dafür, wie vielseitig und lohnend ein Job als Richter:in sein kann – über seinen Werdegang in der Justiz, falsche Vorurteile und über die Frage nach wichtigen Eigenschaften für Richter:innen spricht er mit Alisha Andert.

 

In der Justiz gibt es laut David Heldmann zwei Gruppen: Diejenigen, die schon immer dorthin wollten. Und diejenigen, die ihre Berufung erst nach und nach für sich entdeckten. Er selbst gehört zu der ersten Gruppe. In der zehnten Klasse nahm sie ein alter Staatsanwalt in der Rechtskunde AG mit ans Gericht – von da an war für Heldmann klar, dass er selbst Richter werden möchte.

Heute arbeitet er bereits seit 14 Jahren in der Justiz und hat dabei etwa alle zwei Jahre die Stelle gewechselt. Das sei keineswegs untypisch, wie er betont: Die Angst, als Richter:in sein Leben lang in demselben Job „festzustecken“ sei also absolut unbegründet. Begonnen hat seine Karriere als Vorsitzender einer Kammer am Sozialgericht. Seine Zeit dort fiel zusammen mit der Hartz IV Klagewelle und er beschäftigte sich mit Fällen, die ganz nah am Leben waren – zum Beispiel stand er regelmäßig Menschen gegenüber, deren Kühlschrank in der Mitte des Monats leer war.

White Collar Crimes, Tötungsdelikte & Jugendstrafrecht

Nach seiner Stelle am Sozialgericht verschlug es Heldmann ans Amtsgericht Hamburg-Harburg, wo er zunächst im Erwachsenenstrafrecht tätig war und es etwa mit Trunkenheit am Steuer oder Körperverletzung zu tun hatte. Eine Zeit, die er als rau, aber wahnsinnig schön beschreibt.

Anschließend wurde er Jugendrichter und Leiter der Jugendarrestanstalt mit Personalverantwortung. Der Unterschied zwischen Jugend- und Erwachsenenstrafrecht: Ersteres ist geprägt von einem Erziehungsgedanken und hat deshalb ein breiteres Portfolio an Maßnahmen. Im Erwachsenenstrafrecht steht hingegen das Schuldprinzip im Fokus. Die Länge der Strafe darf hier nicht von pädagogischen Gesichtspunkten bestimmt sein.

Es folgten unter anderem Stellen in der Wirtschaftsstrafkammer, wo er beispielsweise einen Abrechnungsbetrug zulasten der Krankenkassen auf dem Tisch hatte – und dafür drei Monate mit 50 Kartons in seinem Büro verschwand. Auch am Schwurgericht, an welchem Tötungsdelikte verhandelt werden, war Heldmann bereits als Richter tätig. Das sei bisher seine spannendste Zeit gewesen.

Ganz nah dran an der juristischen Wirklichkeit

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Vereinsamung und keine Weiterentwicklung als Richter:in?

Momentan ist Heldmann Richter am Oberlandesgericht und Personalreferent für den richterlichen Dienst. Dort sucht er nach neuen Talenten für den richterlichen Nachwuchs. Im Weg stehen ihm oft Vorurteile gegenüber der Arbeit in der Justiz – viele davon unberechtigt. Für die Vielseitigkeit der Justiz ist er selbst wohl das beste Beispiel. Wer sich also um Langeweile oder fehlende Entwicklungsmöglichkeiten sorgt, der kann beruhigt sein. Eher das Gegenteil sei der Fall: Man müsse sich aktiv dafür entscheiden, dass man in einer bestimmten Stelle gern bleiben möchte.

Andere Vorurteile sind zwar nicht vollkommen unbegründet, Heldmann entschärft aber auch diese. Dass man als Richter:in selbständig arbeiten können muss, sei natürlich klar. Vereinsamen würde in dem Job jedoch niemand. Am Landgericht arbeite man im Kammerverbund, Teamarbeit gehört dort zur Tagesordnung. Am Amtsgericht gebe es hingegen immer offene Bürotüren, schwierige Fälle würden in einer „Kaffeerunde“ diskutiert. Auch wenn Richter:innen unabhängig arbeiten, sind sie also immer im Austausch mit Kolleg:innen.

Was Digitalisierung angeht, sieht Heldmann die Justiz auf einem guten Weg. Zwar liege auch ihm ab und an zu viel Papier im Büro. Die Digitalisierung hinge aber eben auch davon ab, wie jung und innovativ die Leute sind, die dort arbeiten. Zudem koste sie einiges – und sei, da die Justiz steuerfinanziert ist, ein Indikator dafür, wie viel diese dem Gesetzgeber wert ist.

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Die Justiz als attraktiver Arbeitgeber für die Generation Z

Heldmann hat mit dem Beruf als Richter den perfekten Job für sich gefunden. „Es ist der schönste Beruf der Welt“, sagt er. „Es ist was wahnsinnig Befriedigendes, wenn du abends nach Hause gehst und eine Aufgabe erfüllt hast, von der du sicher der Überzeugung bist, es ist wichtig für die Gesellschaft.“

Dieser „Purpose“ sei auch etwas, was die Generation Z sehr zu schätzen weiß. Und nicht nur das: Die Justiz biete zahlreiche Aspekte, welche jungen Menschen wichtig sind. Man könne wahnsinnig viel ausprobieren, zudem gebe es viele Möglichkeiten zur Abordnung – sei es nach Brüssel, in internationale Strafeinrichtungen, ins Bundesministerium der Justiz oder zur Betreuung von Projekten im Ausland.

Es ist der schönste Beruf der Welt. Es ist was wahnsinnig Befriedigendes, wenn du abends nach Hause gehst und eine Aufgabe erfüllt hast, von der du sicher der Überzeugung bist, es ist wichtig für die Gesellschaft.
- David Heldmann

Bleibt noch die Frage: Wer eignet sich denn überhaupt für die Arbeit als Richter:in? Einen speziellen Typ gebe es laut Heldmann überhaupt nicht. „Wir brauchen alles. Also wir brauchen unfassbar viele und verschiedene Talente“, sagt er. Seine Aufgabe sei es dann, Aufgaben und Talente zusammenzubringen.

Gebunden sind er und seine Kolleg:innen dabei an das Prinzip der Bestenauslese – gute Noten spielen also weiterhin eine Rolle. Daneben schaut Heldmann aber auf ganz andere Dinge. Ihm ist es zum Beispiel wichtig, dass Bewerber:innen bereits etwas erlebt haben, dass sie schwierige Situationen bestehen konnten und empathisch sind. Zudem suchte er nach diverseren Biografien, etwa nach Jurist:innen mit Migrationsgeschichte oder aus Nicht-Akademikerhaushalten. All das helfe dabei, dass sie mit den Menschen vor Gericht auf einer Ebene kommunizieren könnten. Leider gebe es solche Bewerber:innen aber noch nicht genug.

 

Du möchtest wissen, als wie belastend David Heldmann die Arbeit in der Justiz einschätzt? Oder dich interessiert, was sein bester Party-Tipp ist? Dann hör doch mal rein in diese Folge des New Lawyers Podcasts!

Die Themen dieser Folge im Überblick

 

  • Ab 01:00: Icebreaker-Frage: Was ist dein bester Party-Tipp?
  • Ab 04:40: Wie bist du zur Justiz gekommen?
  • Ab 06:05: Arbeit am Sozialgericht, Amtsgericht & Leitung der Jugendarrestanstalt
  • Ab 10:45: Was ist der Unterschied zwischen Erwachsenen- und Jugendstrafrecht?
  • Ab 11:50: Was begeistert dich am Strafrecht?
  • Ab 15:30: Wie belastend ist die Arbeit in der Justiz?
  • Ab 17:00: Arbeit in der Zivilkammer, der Wirtschaftsstrafkammer & am Schwurgericht
  • Ab 19:50: Wie unterscheiden sich die Tätigkeiten am Amtsgericht und der Wirtschaftsstrafkammer?
  • Ab 23:30: Große Prozesse: Die Arbeit am Schwurgericht
  • Ab 25:15: Arbeit als Präsidialrichter am Landgericht
  • Ab 27:20: Gibt es einen „Typ“ für die Arbeit als Richter:in?
  • Ab 33:25: Wie kann man sich innerhalb der Justiz weiterentwickeln?
  • Ab 36:45: Wie modern & digital ist die Justiz?
  • Ab 39:50: Wie steht es um Teamarbeit in der Justiz?
  • Ab 42:25: Warum ist die Justiz ein guter Arbeitgeber?
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Laura Hörner
Kulturwirtschaft Uni Passau

Als freie Autorin schreibt Laura Hörner bei TalentRocket über Themen rund um die juristische Karriere. Besonders interessiert sie sich dabei für die vielfältigen Karrierewege, die Jurist:innen offenstehen.