Dechert LLP

Veröffentlicht am 25.03.2024

Finding your pace

Anna Ziegler über ihre ersten 100 Tage bei Dechert LLP

Anna Ziegler ist Associate im Corporate and Securities Team am Münchner Standort der amerikanischen Kanzlei Dechert LLP. Ihre Hauptaufgabe besteht in der Beratung von Transaktionen, insbesondere in den Bereichen Private Equity, Venture Capital und in der allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Beratung. Daneben erstreckt sich ihre Tätigkeit auch auf transaktionsbezogene arbeitsrechtliche und datenschutzrechtliche Fragestellungen.
 

Frau Ziegler, Sie sind direkt nach Ihrem Zweiten Staatsexamen bei Dechert LLP eingestiegen. Haben Sie sich bewusst für eine Großkanzlei entschieden? Was war für Sie ausschlaggebend bei der Arbeitgeberwahl?

Spannende Frage –  es gab verschiedene Gründe. Einerseits fand ich es als Teamplayer interessant, in meinem Arbeitsalltag auch international mit Kollegen* aus anderen Büros oder internationalen Mandanten zu arbeiten. Andererseits finde ich die Gelegenheiten zur persönlichen Weiterentwicklung und die extrem steile Lernkurve zu Beginn der Tätigkeit unglaublich wertvoll. Nicht nur in sprachlicher Hinsicht, sondern auch der Ausbau des eigenen Netzwerks (etwa über ein Secondment) und die stetige fachliche Weiterbildung waren für mich starke Gründe für den Berufseinstieg in einer Großkanzlei. Und last but not least: Neben dem Team hat mich insbesondere auch überzeugt, dass jeder Rechtsanwalt und jede Rechtsanwältin bei Dechert angehalten ist, pro Jahr mindestens 25 Stunden auf einem pro bono Projekt mitzuarbeiten.

Pro bono Arbeit ist dabei eine Herzensangelegenheit unseres Kanzleimanagements und kann teilweise bis zu 200 Stunden pro Jahr umfassen. Die pro bono Beratungstätigkeit erstreckt sich auf eine Vielzahl von Rechtsbereichen, vom Aufenthaltsrecht bis hin zum Arbeitsrecht und bietet Gelegenheit, sich auch in anderen juristischen Bereichen auszutoben. Übrigens: Die Stunden sind dabei bonusrelevant.

Anna Ziegler
Anna Ziegler
Dein Team sind die Menschen, mit denen du am meisten Zeit verbringst, oft noch vor Freunden und Familie. Deshalb halte ich es für wahnsinnig wichtig, genau diese Menschen im Vorfeld kennenzulernen.
Anna Ziegler

Für welchen Fachbereich haben Sie sich entschieden? Können Sie uns anhand von einem aktuellen Projekt aufzeigen, was Ihre Arbeit so spannend macht?

Der Vorteil bei Dechert LLP ist, dass man sich nicht direkt spezialisieren oder entscheiden muss, sondern im Corporate and Securities Team an verschiedenen Projekten auch mit Bezug zum Arbeits-, Datenschutz- oder Grundstücksrecht mitarbeiten kann.

Diese Abwechslung macht die Arbeit spannend: im ersten Schritt zu sehen, wie unterschiedlich und facettenreich Deals strukturiert werden, anschließend die jeweiligen Zielunternehmen im Rahmen einer Due Diligence Prüfung genauer kennenzulernen und davon ausgehend letztlich mitzubekommen, wie das SPA unter Berücksichtigung der individuellen Besonderheiten verhandelt wird. Damit geht ein Transaktionsfieber einher: die Spannung, ob der Deal letztlich erfolgreich abgeschlossen wird, das Adrenalin, das kurz vor Signing ungeahnte Höhen erreicht und die Freude und der gemeinsame Erfolg mit den Mandanten und Kollegen, wenn der Vertrag unterschrieben ist.

Neben der Transaktionsarbeit ist es eine spannende Abwechslung, etwa in ruhigen Zwischenphasen, die Gelegenheit für pro bono Projekte zu nutzen, die sich meist anders als die Transaktionen mit ganz alltäglichen Themen beschäftigen.
 

Ganz unter uns: Schlagen sich Berufseinsteiger:innen bei Dechert LLP die Nächte um die Ohren? Und müssen Verhandlungen direkt alleine bewältigt werden? 

Ich denke nicht einmal Mike Ross aus der Serie Suits musste Verhandlungen direkt alleine bewältigen – deshalb, schlechte Nachrichten: Nein! Auch seniorige Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen mit längerer Berufserfahrung verhandeln nur selten alleine. In unserem Team gilt das Vier-Augen-Prinzip, das bedeutet, dass Verhandlungen gerne in Zweierteams durchgeführt werden.

Und zu den schlaflosen Nächten: Ich habe bisher die Erfahrung gemacht, dass die Partner:innen in unserem Team viel Wert auf eine ausgeglichene Arbeitslastverteilung legen. Allen ist bewusst, dass bei unserer Arbeit der Teufel im Detail steckt und sich diesem Teufel mehr Gelegenheiten bei müden und nicht ausgeruhten Anwält:innen bieten. Das bedeutet nicht, dass es gerade im schnelllebigen Transaktionsgeschäft nie zu einer Nachtschicht kommen kann, aber diese sind absolut selten und werden so gut wie möglich vermieden.
 

Haben Sie das Gefühl, durch das Referendariat gut auf die juristische Arbeit vorbereitet zu sein? Hatten Sie Vorurteile zum Berufseinstieg?

Da ich im Rahmen meiner Rechtsanwaltsstation und auch meiner Wahlstation bereits eine Großkanzlei kennenlernen durfte, fühlte ich mich auf die Abläufe einigermaßen vorbereitet. Auf die juristische Arbeit als solche war ich aber mit meinem Referendariat nicht gut vorbereitet: Natürlich erfasst der Ausbildungsstoff der Richterausbildung nicht den Stoff für die Arbeit in einer Großkanzlei. Das schadet aber nichts – Fragen sind gerne gesehen und werden im Team schnell beantwortet. Gerade bei komplizierteren Fragestellungen wird man an die Hand genommen. Außerdem haben wir als Jurist:innen in unserer Ausbildung gelernt, uns schnell in unbekannte Themenkomplexe einarbeiten zu können. 

Vorurteile zum Berufseinstieg hatte ich keine – natürlich ist man nicht mehr so frei in der Zeiteinteilung wie noch im Studium oder im Referendariat, als man nur für sich selbst und seine eigene Vorbereitung verantwortlich war. Das wird aber durch die neuen Erfahrungen und freien Wochenenden kompensiert.

Zusammen im Team arbeiten!

Sie sind zertifizierte Wirtschaftsmediatorin. Welche neuen Ansätze können Sie dadurch mit in die Beratung einfließen lassen?

Mediation hat zum Ziel, zwischen zwei auf den ersten Blick diametralen Positionen zu vermitteln und einen gemeinsamen Nenner zu finden. Verhandlung mit reiner Interessenvertretung unterscheidet sich davon grundsätzlich. Das ist aber nur auf den ersten Blick so. Auf den zweiten Blick braucht es auch bei der Verhandlung in Parteivertretung einen konstruktiven Ansatz, bei dem Lösungen generiert und nicht nur einseitige Positionen durchgedrückt werden.

Ansonsten können Verträge entweder gar nicht erst zum Abschluss kommen oder sich nach Abschluss des Vertrages unschöne Streitigkeiten entwickeln. Diese ganzheitliche Perspektive halte ich zwar nicht für einen neuen Ansatz, hilft mir persönlich aber dabei, die Gegenseite besser verstehen zu können.
 

Gehört wirtschaftliches – vielleicht sogar mathematisches – Verständnis zum Erfolgsrezept als Corporate Anwältin dazu? Sind Zusatzqualifikationen zwingend notwendig?

Mit Matrizenrechnung hatte ich zwar bisher noch nichts zu tun, aber bei der Beratung von Corporate-Mandanten – hochprofessionellen Akteuren des Wirtschaftslebens – ist wirtschaftliches Grundverständnis essenziell. Es sind wirtschaftliche Überlegungen, die die Dealstruktur, die wirtschaftliche Bewertung und letztlich auch die Vertragsgestaltung lenken. Um eine optimale Beratung gewährleisten zu können, sollte der Markt als solches, die Position des Mandanten und seine Ziele verstanden werden. Von Bilanzierung bis Zinsentwicklung spielt dabei alles eine Rolle und birgt zum Teil auch mathematische Fragestellungen - etwa bei der Wertentwicklung von Anteilen. Gerade beim Berufseinstieg hat man im Regelfall noch nicht viel Erfahrung in diesen Bereichen, da die Ausbildung darauf keinen Wert legt. Angst sollte man aber nicht haben: Auch hier gilt: Fragen kostet nichts und zu bestimmten Themenkomplexen gibt es auch innerhalb der Kanzlei gezielte Ausbildungsprogramme.
 

Dechert LLP schreibt sich flache Hierarchien auf die Fahne. Findet die Zusammenarbeit in Ihrem Team und mit den Vorgesetzten tatsächlich immer auf Augenhöhe statt, Frau Ziegler?

Kurz und bündig: Ja. Auch wenn die Inbox der Partner:innen gerade überquillt und ich das Gefühl habe, eine ausgesucht dumme Frage gestellt zu haben (das Gefühl vergeht übrigens – manchmal sind gefühlte dumme Fragen auch wichtige Punkte, bei denen noch einmal nachgehakt werden muss), hatte ich bisher nie das Gefühl, die „Associate“ zu sein, sondern immer eine Kollegin. Dieses Gefühl wird auch dadurch unterstützt, dass wir im Büro Wert auf Austausch im Rahmen von gemeinsamen Mittagspausen und dem wöchentlichen Kanzleifrühstück legen.

Wie realistisch schätzen Sie die Aufstiegschancen bei Dechert LLP ein? Sollten Jurist:innen bereits zum Berufseinstieg den Werdegang planen?

Die Aufstiegschancen schätze ich für sehr realistisch ein. Mit dem kanzleiinternen Feedbacksystem und der halbjährlichen Evaluation werden Chancen und Potenzial auch kontinuierlich mit den entsprechenden Mentor:innen und zuständigen Partner:innen aus dem Fachbereich besprochen.

Feedback beschränkt sich aber nicht nur auf die halbjährliche Evaluation, sondern kann ständig eingefordert werden, bzw. wird von den Partner:innen selbst in konstruktiver, respektvoller Weise geleistet.

Ich halte es für zielführend, eine klare Vision für die eigene Entwicklung vor Augen zu haben. Dadurch kann man bereits frühzeitig, etwa durch den Aufbau eines eigenen Netzwerkes, Weichen für die berufliche Entwicklung setzen. Das sollte aber auch nicht davon abhalten, immer wieder innezuhalten und sich zu fragen, wie realistisch der eigene Plan ist und wie gut er zu der Marktsituation, sowie zu den persönlichen Interessen und Vorlieben passt.
 

Kurzer Recap: Wie haben Sie das Onboarding und die Aufnahme in Ihr Team erlebt? Haben Sie ein persönliches Highlight aus den ersten Wochen?

Mein Onboarding war super, jede:r nahm sich Zeit, mir alles zu erklären, auch Punkte, von denen ich noch gar nicht wusste, dass ich danach fragen sollte. Vor meinem ersten Arbeitstag war ich auch bei der kanzleiinternen Weihnachtsfeier eingeladen und konnte so in einem etwas informelleren Rahmen alle Teammitglieder, bestehend aus Anwält:innen und Backoffice kennenlernen. Das war definitiv ein Highlight!

Außerdem gibt es für Dechert Associates im ersten Jahr ein Treffen in unserem Headquarter in Philadelphia. Das heißt, wir sind nach Philly geflogen, haben (veganes) Cheese Steak gegessen und die First Years aus anderen Büros in tollen Restaurants, Bars und mit Skyline im Hintergrund kennengelernt. Ansonsten zählen für mich als Highlight die Kaffeepausen mit meinen Kolleg:innen an der Siebträgerkaffeemaschine. Ohne irgendjemandem zu nahe treten zu wollen – aber unser Büro hat den besten Espresso nördlich des Brenners. Und für mich auch ganz wichtig: Es gibt sowohl Soja- als auch Hafermilch.
 

Was sind Ihre heißesten Tipps für die Bewerbungsphase und den Berufseinstieg?

Mir wurde in meiner Bewerbungsphase gesagt – und diesen Tipp kann ich nur uneingeschränkt weitergeben - weniger darüber nachzudenken, wie man möglichst attraktiv für einen potenziellen Arbeitgeber ist und sich öfter zu fragen, wie attraktiv man den potenziellen Arbeitgeber selber findet. Auch wenn die Überlastung nicht so schlimm ist, wie das Klischee nahelegt, verbringt man viel Zeit im Büro und im Team.

Dein Team sind die Menschen, mit denen du am meisten Zeit verbringst, oft noch vor Freunden und Familie. Deshalb halte ich es für wahnsinnig wichtig, genau diese Menschen im Vorfeld kennenzulernen. Das geht im Bewerbungsverfahren selbst und vor dem Bewerbungsverfahren etwa über Karrieremessen.

Für den Berufseinstieg finde ich es wichtig, dass man ein gutes Maß zwischen Privatleben und Beruf findet: Klar, in den ersten Wochen ist man geschlaucht von den vielen Eindrücken, Menschen und der neuen Routine. Aber irgendwann, wenn man sich besser eingelebt hat, sollte man einen Ausgleich finden und keine Angst vor Hobbies oder Urlaub haben.  
 

Ihr Fazit?

Wie auch die Ausbildung, ist der neue Job ein Marathon und kein Sprint. Die richtige Geschwindigkeit und ein gutes Team führen zum Erfolg, auch wenn es mal anstrengend wird. 
 

Vielen Dank, Frau Ziegler!

Noch mehr Einblicke in die Kanzlei

* Begriffe, die sich auf ein bestimmtes Geschlecht beziehen, sollen so verstanden werden, dass sie auch das jeweilige andere Geschlecht miteinbeziehen.