Lebensmittelrecht - Infos und Fallbeispiele

Lebensmittelrecht

Was ist eigentlich Novel-Food und was besagt die EU Health-Claims-Verordnung...?

Ein Rechtsgebiet, das in Zeiten von gesunder und bewusster Ernährung verstärkt in den Fokus tritt. Vor allem Lebensmittelskandale, wie bei Fipronil-Eiern, EHEC oder aktuell DM-Rückrufen von Babybrei sorgen für eine erhöhte Präsenz. Unabhängig davon ist das Thema Ernährung im heutigen Zeitgeist und Lifestyle sehr zentral. Lebensmittelherkunft sowie -qualität sind mittlerweile in die Lebensführung und ins Bewusstsein eines jeden gerückt.

Viele möchten darüber aufgeklärt werden, was in den Lebensmitteln steckt und wie (vor allem auch unter welchen Bedingungen) diese genau hergestellt werden. Lebensmittel in ihrer Produktion und im Vertrieb sind schon immer bestimmten rechtlichen Vorgaben und Qualitätsanforderungen unterworfen gewesen.

Inzwischen sind diese Vorgaben durch viele Lebensmittelskandale sowie zahlreiche EU-Verordnungen aber insgesamt strenger geworden. Da durch den Trend der bewussten Ernährung das Lebensmittelrecht für den einen oder anderen interessanter geworden sein könnte, folgt ein kurzer Überblick über ausgewählte Anwendungsbereiche des Lebensmittelrechts.  

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Das Lebensmittelrecht: Beispiele - Anwendungsbereiche

Wie in vielen Spezialrechtsgebieten auch, vereint das Lebensmittelrecht verschiedene rechtliche Bereiche miteinander. Hierbei sind insbesondere nicht nur nationale Rechtsvorschriften relevant.

Einen großen Anwendungsbereich bilden die zahlreichen EU-Verordnungen, die mit einbezogen und umgesetzt werden müssen und für das Lebensmittelrecht zentral sind. Beispielsweise spielen diese bei den umfangreichen Kennzeichnungspflichten von Lebensmitteln eine Rolle. Die Kennzeichnungspflichten haben sich anhand von bestimmten EU-Verordnungen drastisch verschärft und sind in ihrer Ausgestaltung strenger geworden.

Darüber hinaus sind auf nationaler Ebene unter anderem Vorschriften des Lebensmittel- und Futtergesetzbuches sowie der Bedarfs- und Lebensmittelgegenstände (LFGB) wichtig. Bedeutend ist wegen des Massenverkehrs auch das Gefahrenabwehrrecht, das Gewerberecht und vor allem auch Verbraucherschutzvorschriften. Daneben gibt es viele Sanktionsvorschriften, die zum Tragen kommen, wie etwa Bußgelder oder sonstige Sanktionen.

Neben den allgemeineren rechtlichen Vorschriften gibt es auf nationaler Ebene auch viele Spezialvorschriften zu konkreten Lebensmitteln. So gibt es etwa die sogenannte Käseverordnung (KäseV) oder auch die Honigverordnung (HonigV).

Grundsätze des Lebensmittelrechts

Das Lebensmittelrecht wird von vielen rechtlichen Grundsätzen geprägt. Wichtig ist besonders der Grundsatz der Herstellungs- und Vermarktungsfreiheit. Nach diesem Grundsatz bestehen im Bereich Lebensmittelrecht grundsätzlich keine Zulassungs- oder Genehmigungspflichten für die Herstellung oder Import von Lebensmitteln. Wie bei vielen anderen rechtlichen Grundsätzen auch, gibt es jedoch viele Ausnahmen von diesem Grundsatz.

​​Gerade bei Lebensmitteln und dem damit verbundenen Schutz der Gesundheit der Menschen ist wichtig, auf europäischer (und internationaler) Ebene ein möglichst hohes Niveau an Schutzmechanismen zu gewährleisten und einzuhalten. Es können etwa neuartige und unerforschte Lebensmittel potenzielle Gefahren in sich bergen, sodass vorher eine Bewertung und Überprüfung erfolgen muss.

So auch bei dem sog. Novel Food (vgl. auch die Novel-Food-Verordnung EU 2015 / 2283). Unter Novel-Food (oder auch „neuartiges Lebensmittel“) fallen Lebensmittel, die mit neuer oder gezielt veränderter Molekularstruktur oder durch ein neuartiges, nicht übliches Verfahren hergestellt wurden. Beispiele für Novel-Food, die mittlerweile auf dem Markt sind, sind etwa das Steviakraut bzw. Steviaextrate (Zuckerzusatz) oder auch das Algenöl.

Ein anderer wichtiger Grundsatz im Lebensmittelrecht ist die Registrierungs- und die Kennzeichnungspflicht. Lebensmittelunternehmen müssen sich bei der Lebensmittelüberwachungsbehörde vorher registrieren lassen. Diese Registrierungspflicht gilt für alle Unternehmen ausnahmslos. Wichtig ist auch die Kennzeichnung der einzelnen Lebensmittel.

Sie ist im Gegensatz zu vorherigen Vorschriften detaillierter und ist im Hinblick auf bestimmte Siegel oder sonstige Kennzeichnungen komplexer denn je. Im Falle der Nichtbeachtung der Pflichten gibt es strengere Sanktionen, sodass die Lebensmittelunternehmen jetzt bemüht sein sollten, sich an diese Vorgaben zu halten.

So gibt es etwa die sogenannte Käseverordnung (KäseV) oder auch die Honigverordnung (HonigV).

Lebensmittelhygiene

Bei der Herstellung von Lebensmitteln gelten je nach Lebensmittel unterschiedliche rechtliche Anforderungen. Die Lebensmittelhygiene spielt in Zeiten der Massenherstellung von Lebensmitteln eine wichtige Rolle. Gerade nach vielen Lebensmittelskandalen und der damit verbundenen medialen Aufruhr rücken diese wieder in den Vordergrund.

In diesem Kontext ist etwa die Lebensmittelhygiene-Verordnung zentral, welche die Anforderungen an die Hygiene beim Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von Lebensmitteln regelt. Besonders hohe Anforderungen gelten naturgemäß beim Inverkehrbringen oder Herstellen von leicht verderblichen Lebensmitteln (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 LMHV). Hierbei sind gem. § 4 der Lebensmittelhygieneverordnung bestimmte spezielle Schulungen notwendig.
 

Rechtsprechung 

Die Entscheidungen der Gerichte im Bereich des Lebensmittelrechts auf nationaler und auch europarechtlicher Ebene sind sehr vielfältig und vielen durch die mediale Präsenz sowie Berichterstattung oft bekannt.

Auf nationaler Ebene zum Thema Hähnchendöner musste zum Beispiel das Verwaltungsgericht Berlin in einer lebensmittelrechtlichen Fragestellung entscheiden. Das Verwaltungsgericht Berlin entschied, dass die Bezeichnung eines Fleischerzeugnisses als „Hähnchen-Kebab“ irreführend ist, wenn dieses nicht aus gewachsenen Fleischstückchen, sondern auch aus zerkleinertem (feinem) Fleisch besteht und es daher „schwammig im Biss“ ist.

Damit hat das VG Berlin die Klage eines Herstellers von Fertiggerichten abgewiesen. Dieser hatte sich gegen die lebensmittelrechtliche Beanstandung eines Berliner Bezirksamtes gewehrt.

Eine weitere interessante Entscheidung in diesem Kontext hatte das LG Ravensburg gegen eine Brauerei zu entscheiden, die ihr Bier als „bekömmlich“ bewarb. Es entschied jedoch, dass Bier hier nicht als „bekömmlich“ beworben werden darf - das Wort „bekömmlich“ sei eine gesundheitsbezogene Angabe, die nach der sog. Health-Claims-Verordnung der Europäischen Union (vgl. EG Nr. 1924 / 2006) für Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1, 2 Volumenprozent verboten sei.

Die EU-Verordnung verbietet jede gesundheitsbezogene Angabe in der Etikettierung oder in der Werbung für Getränke mit diesem Alkoholgehalt, sodass das LG Ravensburg auf dieser Grundlage der Health-Claims-Verordnung zu dieser Entscheidung gekommen ist.

Das Lebensmittelrecht ist ein sehr spezielles Rechtsgebiet, das sich stets im Wandel befindet. Es entstehen fortwährend neue Lebensmittel und Arten der Lebensmittelproduktion, die das Lebensmittelrecht beeinflussen. Gerade im Hinblick auf die heutige Präsenz des Themas ist es interessanter geworden. Vor allem lohnt sich ein näherer Blick auf die Materie für Absolventen, die sich außerdem für das Europarecht und Verwaltungsrecht interessieren. Schnittstelle im Lebensmittelrecht sind oft Vorschriften des Verwaltungsrechts und Europarechts.
 

Wie sich Lebensmittelrecht noch entwickelt und ob es auch in der universitären Schwerpunktausbildung präsenter wird, bleibt abzuwarten. Für Interessierte lohnt es sich, diesen Bereich vor allem aufgrund der Aktualität und möglichen Nachfrage im rechtlichen Bereich im Auge zu behalten.

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