Welches Einstiegsgehalt kann ein:e Volljurist:in fordern?
Im Frühjahr 2022 haben allen voran die großen Wirtschaftskanzleien ihre Gehälter erneut erhöht, um die top Juristinnen und Juristen für sich zu gewinnen. Spitzenreiter mit 175.00 € ist die US Großkanzlei Wilkie Farr Gallagher und auch viele weitere Kanzleien haben nachgezogen, sodass Einstiegsgehälter über 100.000 € keine Seltenheit mehr sind.
Dass allerdings nicht jede Absolventin und jeder Absolvent nach dem Zweiten Staatsexamen ein derart hohes Einstiegsgehalt bekommt, sollte klar sein. Diese Faktoren beeinflussen dein Einstiegsgehalt als Anwältin und Anwalt:
- Examensnoten: Nach wie vor sind die Abschlussnoten des Ersten und Zweiten Staatsexamens ein wichtiger Türöffner für Jobs in begehrten Bereichen oder bei sehr renommierten Arbeitgebern. Wer zu den Glücklichen zählt, die mindestens ein Prädikatsexamen mitbringt, hat bereits eine gute Argumentationsgrundlage in der ersten Gehaltsverhandlung.
- Zusatzqualifikationen: Ob LL.M. oder Promotion – Zusatzqualifikationen runden auch das Bewerberprofil von Juristinnen und Juristen ab und versprechen wichtige Kompetenzen, die im Anwaltsberuf gefordert werden können und sind mitunter ein willkommenes Aushängeschild für die Kanzlei.
- Erfahrung: Nicht in erster Linie entscheidend, aber gleichzeitig nicht zu vernachlässigen, sind erste Erfahrungen in einer juristischen Tätigkeit. Zwar bringt ein:e Berufseinsteiger:in nach dem Zweiten Examen nicht 10 Jahre einschlägige Berufserfahrung mit sich, wer allerdings über die Pflichtpraktika hinaus als studentischer oder wissenschaftlicher Mitarbeiter und Mitarbeiterin in einer Kanzlei Praxiserfahrung sammeln konnte, verfügt über ein entsprechendes Knowhow.
Laut einer azur-Recherche von 2022, in der knapp 180 Kanzleien ihre Gehälter offenlegten, liegt der aktuelle Marktduschnschnitt bei 99.000 € pro Jahr. Die Spanne ist hier allerdings besonders groß und reicht von 175.000 € bis 48.000 € für Anwältinnen und Anwälte im ersten Jahr.
Die "2 aus 4"-Regel
"Hab ich auch ohne Doppel-VB eine Chance auf Großkanzlei?" Hört man sich unter Personalern und Repetitoren um, so wird diese Frage hinter vorgehaltener Hand mit Einschränkungen bejaht. Zugeben werden es die Großkanzleien nicht, schließlich müssen sie ihre hohen Stundensätze rechtfertigen. Doch der Markt gibt einfach nicht genug Prädikats-Bewerber und Bewerberinnen her, die auch noch in die Großkanzleien gehen möchten. Zudem ist die Zahl der neuen Volljuristinnen und Volljuristen, die jährlich neu auf den Markt kommen seit Jahren rückläufig.
Daher hat sich, auch wenn die Jobausschreibungen sich nicht geändert haben, die sogenannte „2 aus 4" – Regel etabliert. Diese besagt, dass aus vier Kriterien, nämlich dem 1. und dem 2. Staatsexamen mit Prädikat, einem LL.M. und einem Doktortitel stets zwei von vier Voraussetzungen bei Bewerberinnen und Bewerbern gegeben sein müssen. Es muss jedoch nach wie vor zumindest ein Prädikat in der Regel nachweisbar sein.
Für die höchsten Gehaltsstufen reicht das jedoch nicht aus. Wer das Maximum bei seinem Arbeitgeber erhalten möchte und möglichst weit über die 150.000 Euro Einstiegsgehalt als Juristin und Jurist kommen möchte, der kommt an der „vollen Kriegsbemalung“, mit zwei Prädikaten zuzüglich eines der beiden Titel, nicht vorbei.