Jura Examen am Laptop

Verfasst von Laura Hörner|Veröffentlicht am 29.12.2021

Jura-Examen am Laptop: Das E-Examen kommt!

Die Digitalisierung erreicht das Jurastudium

Veränderungen sind Juristen ein Dorn im Auge – diesen Eindruck könnte man zumindest gewinnen, wenn man einen Blick auf die Neuerungen im Jurastudium der letzten Jahre und Jahrzehnte wirft. Aufgrund der Corona-Pandemie ist dann in Sachen Digitalisierung doch einmal etwas passiert: Statt Präsenzunterricht gab es jetzt auch Online-Vorlesungen und digitale Lernmethoden fanden den Weg in den Studienalltag. Nicht alle Studentinnen und Studenten gefiel diese Veränderung: Berechtigterweise, denn die plötzliche Umstellung war für viele eine Belastung. Nichtsdestotrotz soll das Jurastudium digitaler und moderner werden. Das zeigt eine der neusten Änderungen im DRiG. Diese ebnet nun den Weg für die Durchführung von E-Examen.

Endlich in der Gegenwart angekommen?

Tippen statt kritzeln: Die Anpassung des DRiG ermöglicht es den Ländern nun, elektronische Examen anzubieten. Für jeden Jurastudenten, der sich vor Krämpfen in der Hand fürchtet oder dessen Schrift so unleserlich ist, dass der Korrektor diese nur mit Mühe entziffern kann, bedeutet diese Änderung eine große Erleichterung. Ob sie diese Option nutzen möchten oder nicht, ist den Ländern überlassen. Einige von ihnen – zum Beispiel Bayern und Nordrhein-Westfalen – arbeiten bereits an der Einführung, kämpfen aber teilweise mit Problemen bei der Umsetzung. So müssen zum Beispiel einheitliche Laptops sowie eine Prüfungssoftware zur Verfügung gestellt werden. Andere Länder wie Sachsen sind da schon weiter: 2020 absolvierten 140 Studentinnen und Studenten das Examen im Rahmen eines Pilotprojekts am Laptop – das waren 90 % aller Teilnehmer.

Die Digitalisierung des Examens soll nicht nur eine zeitgemäßere und praxisnähere Lösung darstellen – welcher Jurist verfasst heutzutage noch seitenlange Texte per Hand? - sondern soll es auch einfacher machen, bereits geschriebene Passagen anzupassen oder zu löschen, ohne dass der Korrektor dies bemerkt. Auch die faire Bewertung kann die digitale Form verbessern: Unleserliche Passagen sowie die (unterbewusste) Benachteiligung von Studentinnen oder Studenten aufgrund der Handschrift gehören so der Vergangenheit an.

Bedenken gibt es jedoch auch in die andere Richtung. So weisen Kritiker darauf hin, dass mit einem elektronischen Examen ein unfairer Vorteil für Studentinnen und Studenten entstehen könnte, welche das Zehn-Finger-System beherrschen. Diese Fähigkeit müsste demnach an der Universität in entsprechenden Kursen erlernt werden können.

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Studenten sind kritisch gegenüber dem E-Examen

Das E-Examen wünschen sich Referendare schon seit einiger Zeit. Wie positiv die Änderung zumindest im Vorfeld aufgenommen wird, zeigt zum Beispiel eine Befragung, die vom Legal-Tech-Unternehmen Lex superior, der Studentenvereinigung Elsa, dem Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften und dem Digitalisierungskongress Legal Evolution durchgeführt wurde. Diese fand 2020 statt und hatte unter anderem zum Ziel, herauszufinden, wie Jurastudentinnen und -studenten die Digitalisierung im Studium wahrnehmen. 76 % der Referendare stimmten im Rahmen der Umfrage einem Examen am Laptop zu. Verhaltener waren hingegen die Studenten: Von ihnen wünschten sich nur 55 % ein E-Examen, rund 25 % sprachen sich gar klar dagegen aus – im Gegensatz zu 13 % der Referendare.

76 % der Referendare stimmten im Rahmen der Umfrage einem Examen am Laptop zu.

Doch auch andere Digitalisierungen im Jurastudium wurden bei der Umfrage berücksichtigt. Mithilfe einer Skala von 1 bis 100, wobei 1 für reinen Präsenzunterricht und 100 für reine Online-Vorlesungen steht, sollten die Studenten bewerten, wie sie sich die Aufteilung zwischen den beiden Formaten idealerweise vorstellen. Bezüglich der Vorlesungen ergab sich ein Durchschnitt von 46 Punkten, es würde also eine ausgewogene Mitte zwischen Präsenz- und Online-Veranstaltungen angestrebt werden. Wirft man jedoch bei den Übungen einen Blick auf die Skala, so zeigt das Ergebnis von 35 Punkten eine klare Tendenz zum Präsenzunterricht.

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Die Gefahren eines Online-Examens

Mit der Einführung des E-Examens bestehen auch in Hinblick auf die erlaubten Hilfsmittel ganz neue Möglichkeiten. So könnten etwa digitale Gesetzestexte genutzt werden. Auch hier können jedoch Probleme auftauchen. Werden diese übers Internet bereitgestellt, würde dies die Gefahr erhöhen, dass Hacker das Examen sabotieren könnten und auch den Prüflingen die Möglichkeit geben, sich über den Internetzugang unerlaubte Vorteile zu verschaffen.

Zudem sind Studentinnen und Studenten nicht gewöhnt daran, digitale Hilfsmittel zu nutzen, weshalb deren Verwendung erst eine Option wäre, wenn sie auch schon während des Studiums genutzt werden. Bis dahin sollen aller Wahrscheinlichkeit nach weiterhin Hilfsmittel in Papierform benutzt werden, in welchen sich die Studentinnen und Studenten besser zurechtfinden.

Das E-Examen löst nicht alle Probleme

Die Einführung des elektronischen Examens soll das Jurastudium moderner machen. Dass das Ablegen der Prüfungen per Computer zeitgemäßer ist, kann wohl kaum abgestritten werden. Dennoch gibt es nicht wenige, denen diese Neuerung nicht weit genug geht. So gibt es immer noch zahlreiche Baustellen im juristischen Staatsexamen, die laut Kritikern (unter denen selbstverständlich auch Studentinnen und Studenten sind) verbesserungswürdig sind.

Kritisiert wird vor allem die hohe Belastung der Studierenden, welche unter anderem daher rührt, dass bei der Vorbereitung eine sehr große Stoffmenge berücksichtigt werden muss. In einer Befragung schätzten ganze 39 % die Vorbereitung auf das Examen als „belastend und nur schwer zu bewältigen“ ein, während lediglich 5 % die Vorbereitungszeit als „gut zu bewältigen“ beschrieben. Dass das Jurastudium eine große Herausforderung ist, ist an sich nicht falsch. Viele Studenten wünschen sich jedoch eine klarere Abgrenzung des Stoffs und kritisieren, dass zu viel Kenntnisse von Meinungsstreitigkeiten vorausgesetzt würden. Abhilfe schaffen würde zudem das sogenannte Abschichten, also eine zeitliche Verteilung der Prüfungen, welche sonst alle aufeinanderfolgend im gleichen Zeitraum stattfinden.

Auch bei der Korrektur der Examen sehen viele Studentinnen und Studenten Verbesserungsbedarf. So fordern sie, dass die Erstkorrektur und die Zweitkorrektur der Examen unabhängig voneinander stattfinden. Momentan kennt der Zweitkorrektor die Bewertung des Erstkorrektors und kann durch diese beeinflusst werden.

 

Das elektronische Examen wird von vielen als Schritt in die richtige Richtung bewertet. Eine Mehrzahl der Referendare befürwortet die Veränderung, während Studenten das Jura-Examen am Computer teilweise kritisch betrachten. Wichtig für den Erfolg des E-Examens ist zum einen, dass die notwendigen technischen Voraussetzungen geschaffen werden, aber auch, dass bereits vor dem tatsächlichen Examen ausreichend geübt werden kann. Auch Probeklausuren sollten deshalb am Computer angeboten werden, um die Studierenden ausreichend auf diese Form der Prüfung vorzubereiten.

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Laura Hörner
Kulturwirtschaft Uni Passau

Als freie Autorin schreibt Laura Hörner bei TalentRocket über Themen rund um die juristische Karriere. Besonders interessiert sie sich dabei für die vielfältigen Karrierewege, die Jurist:innen offenstehen.