Wie grenzt sich eine Briefkastenfirma zu einem regulären Unternehmen ab?
Reguläre Unternehmen sind in der Regel in dem Land, in dem sie ihre Geschäfte tätigen, steuerlich ansässig und unterliegen den dortigen gesetzlichen Vorschriften. Ihre Geschäftstätigkeit ist auf die Wertschöpfung durch Produkte oder Dienstleistungen ausgerichtet.
Briefkastenfirmen hingegen fungieren häufig als lediglich rechtliche Konstrukte, ohne einen tatsächlichen Beitrag zur Wirtschaft zu leisten. Sie sind formal über eine offizielle Adresse registriert, unterhalten jedoch keine tatsächlichen Geschäftsräume oder operative Tätigkeit an dieser Adresse. Oftmals dient diese Adresse lediglich zur Vortäuschung einer juristischen Präsenz, während das Unternehmen in Wahrheit an einem anderen Ort agiert oder gar keine aktive Geschäftstätigkeit ausübt. Der Hauptzweck von Briefkastenfirmen liegt häufig in der Verschleierung der wahren Eigentumsverhältnisse, der Steuervermeidung oder dem Umgehen von gesetzlichen Vorschriften.
Rechtslage auf nationaler, EU-weiter und internationaler Ebene
Die rechtliche Regulierung von Briefkastenfirmen ist bekanntermaßen vielschichtig und erstreckt sich über nationale, EU-weite und internationale Ebenen. Jede dieser Ebenen trägt unterschiedliche Vorschriften und Maßnahmen bei, um die Nutzung solcher Firmen zu kontrollieren und illegale Aktivitäten zu unterbinden.
Nationale Rechtslage
In Deutschland und Österreich sind Briefkastenfirmen an mehreren Stellen der Gesetzgebung verankert. Nach deutschem Recht können solche Firmen unter Umständen als sittenwidrig gemäß § 138 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) eingestuft werden, wenn sie gezielt dazu verwendet werden, gegen Gesetze zu verstoßen oder Rechte Dritter zu beeinträchtigen. Ebenfalls relevant ist § 826 BGB, der eine Haftung bei vorsätzlich sittenwidriger Schädigung vorsieht. Im strafrechtlichen Kontext spielen die §§ 299a ff. StGB (Strafgesetzbuch) eine Rolle, insbesondere bei der Bekämpfung von Korruption und Bestechung, die häufig im Zusammenhang mit Briefkastenfirmen auftreten.
EU-weite Regelungen
Auf europäischer Ebene hat die EU-Kommission verschiedene Richtlinien und Verordnungen erlassen, um gegen die missbräuchliche Nutzung von Briefkastenfirmen vorzugehen. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Bemühungen ist die 5. EU-Geldwäscherichtlinie, die strengere Anforderungen an die Transparenz von Eigentümerstrukturen von Unternehmen stellt. Darüber hinaus setzt sich die EU durch Initiativen wie das Anti-Tax Avoidance Package (ATAP, mehr Infos s.u.) dafür ein, dass Unternehmen, die in mehreren EU-Mitgliedstaaten tätig sind, ihre Steuerverpflichtungen nicht durch die Nutzung von Briefkastenfirmen umgehen können.
Internationale Vorgaben
Auch auf internationaler Ebene gibt es bedeutende Vorgaben und Initiativen, die die Nutzung von Briefkastenfirmen einschränken sollen. Die Financial Action Task Force (FATF) setzt internationale Standards zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung, die auch die Aktivitäten von Briefkastenfirmen betreffen. Im Rahmen der OECD-BEPS-Initiative (Base Erosion and Profit Shifting, mehr Infos s.u.) werden Maßnahmen entwickelt, um die Steuervermeidung durch internationale Konzerne zu verhindern, die häufig Briefkastenfirmen in Niedrigsteuerländern nutzen, um ihre Steuerlast zu minimieren. Zusätzlich arbeiten viele Länder bilateral an Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), um zu verhindern, dass Unternehmen Briefkastenfirmen nutzen, um durch künstliche Verlagerung von Gewinnen steuerliche Vorteile zu erlangen. Diese Abkommen sowie die CFC-Regelungen (Controlled Foreign Corporation) in verschiedenen Ländern zielen darauf ab, die Besteuerung in Niedrigsteuerländern zu unterbinden und sicherzustellen, dass Einkommen, das durch ausländische Briefkastenfirmen erzielt wird, angemessen besteuert wird.