Nicht immer klar abgrenzbar
In manchen Fällen gestaltet sich die Abgrenzung zwischen „Hard“ und „Soft Law“ schwierig, vor allem, wenn die Einordnung sich nicht eindeutig aus dem Wortlaut des jeweiligen Textes ergibt. Es ist beispielsweise umstritten, ob und inwieweit das Übereinkommen von Paris, das am 12. Dezember 2015 auf der Klimakonferenz der Vereinten Nationen verabschiedet wurde, für die mitwirkenden Staaten rechtlich bindend ist.
US-Präsident Trump kündigte 2017 den Rückzug der USA aus dem Abkommen an. Ein Beweggrund für diesen Schritt war die Befürchtung, dass den USA rechtliche Konsequenzen drohen könnten, wenn sie ihre Klimaziele verfehlen würden. Dies würde bedeuten, dass das Abkommen rechtsverbindlich wäre. Die Rechtsverbindlichkeit ist in der Literatur jedoch durchaus umstritten. Es besteht kein Konsens darüber, ob es sich bei dem Abkommen um einen Vertrag im völkerrechtlichen Sinne handelt. Dagegen spricht die ausdrückliche Bezeichnung als „Übereinkommen“ beziehungsweise „Agreement“ und eben nicht als Vertrag.
Andererseits werden multilaterale Verträge häufig als Übereinkommen tituliert. In der deutschen Übersetzung ist in den Bestimmungen häufig die Rede von Vertragsparteien. Es spricht also viel für die Annahme eines Vertrages. Somit handelt es sich formal um „Hard Law“. Damit ist aber nicht gesagt, dass sich aus dem Übereinkommen konkrete Verpflichtungen der beteiligten Staaten ergeben. Dies ist ebenfalls umstritten.
Falls keine einklagbaren Pflichten begründet wurden, wäre das Übereinkommen möglicherweise inhaltlich als „Soft Law“ zu bewerten.
Dieses Beispiel zeigt, dass die Abgrenzung zwischen beiden Typen nicht immer unzweifelhaft möglich ist. Übereinkommen oder Verträge können auch teilweise rechtsverbindlich sein, indem sie bis zu einem gewissen Grad durchsetzbar sind und darüber hinaus unverbindliche Normen enthalten.
Ist „Soft Law“ eigentlich „Law“?
Bei unverbindlichen Übereinkünften oder Absichtserklärungen stellt sich die Frage, ob diese tatsächlich als Gesetze bezeichnet werden können. Wer die Verbindlichkeit und damit die juristische Einklagbarkeit einer Norm als zwingende Voraussetzung für ihre Charakterisierung als „Recht“ annimmt, muss diese Bezeichnung wohl ablehnen. Deshalb wird vielfach die Meinung vertreten, es handele sich nur bei „Hard Law“ tatsächlich um Recht.
Geltung durch Selbstbindung
„Soft Law“ ist zwar grundsätzlich nicht rechtsverbindlich, kann aber dennoch eine gewisse Geltung beanspruchen. Die mitwirkenden Staaten binden sich durch ihre Zustimmung selbst an die Vereinbarungen. Auch wenn sie rechtlich nicht zu einer Umsetzung gezwungen werden können, ist anzunehmen, dass ein gewisses Interesse besteht, das Zugesagte auch einzuhalten – ansonsten wäre die gesamte Mitwirkung wenig sinnvoll. Die internationale Gemeinschaft würde einem Staat die Verletzung eines unverbindlichen Übereinkommens ebenfalls vorwerfen.
Auch wenn die Einhaltung nicht eingeklagt werden kann, drohen dem Staat im Falle eines Verstoßes diplomatische Sanktionen. Dadurch besteht eine große Motivation und auch ein gewisser Druck, „Soft Law“ in der Praxis einzuhalten und umzusetzen.