Wie lange dauert ein Jurastudium?

Verfasst von Laura Hörner|Veröffentlicht am 09.02.2022

Wie lange dauert ein Jurastudium und welche Berufe gibt es?

Die Dauer der Staatsexamen sowie LL.B und LL.M & die beliebtesten juristischen Berufe

Der Weg zur Anwält:in ist eine anspruchsvolle, aber äußerst lohnende Erfahrung. Sie erfordert nicht nur Engagement und Durchhaltevermögen, sondern auch eine Menge harter Arbeit. Vom ersten Tag an der Universität bis zum Abschluss des Ersten und Zweiten Staatsexamens oder sogar des Jura Bachelors und Masters nach der Bologna-Reform, legen Jurastudierende einen bemerkenswerten Weg zurück. Obwohl es eine Herausforderung ist und nicht alle sie bis zum Ende durchhalten, ist es ermutigend zu wissen, dass 76 Prozent der Studierenden erfolgreich sind und ihren Weg fortsetzen. Es ist ein Zeichen für Entschlossenheit und Leidenschaft für das Fach. Wie lange du studieren musst, um das Staatsexamen beziehungsweise den Master in der Tasche zu haben, liest du hier!

Die durchschnittliche Studiendauer bis zum Ersten Staatsexamen beträgt 10,6 Semester. Jedoch schwanken diese Zahlen je nach Bundesland zwischen 9,4 und 14,2 Semestern.
Ausbildungsstatistik Juristenausbildung 2022

Das klassische Jurastudium – so lange dauert es bis zum Zweiten Staatsexamen

Trotz eines wachsenden Angebots an Bachelor- und Masterstudiengängen wird das typische Jurastudium noch immer mit dem Staatsexamen abgeschlossen. Bis es aber einmal so weit ist und du dich als Volljuristin oder Volljurist bezeichnen kannst, musst du erst einmal durch ein umfangreiches Studium kommen. Dieses lässt sich grob in drei Teile aufteilen:

1. Grundstudium – vier Semester

Zu Beginn des Jurastudiums steht das sogenannte Grundstudium. Dieses ist auf vier Semester ausgelegt und soll den Studierenden die Grundlagen des Rechts nahebringen. Dazu gehören die Pflichtfächer Zivilrecht (welches das Recht zwischen Bürgern regelt), Strafrecht (welches bei Gesetzesverstößen durch Bürger angewandt wird) und das öffentliche Recht (welches das Verhältnis zwischen Bürgern und Staat regelt). Im Grundstudium müssen mehrere Zwischenprüfungen abgelegt werden, auch Klausuren und Hausarbeiten fallen regelmäßig an. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen: Wenn du die Prüfungsleistungen nicht erbringst, ist nach dem Grundstudium Endstation.

2. Das Hauptstudium – sechs Semester

Ist das Grundstudium erfolgreich abgeschlossen, steht – logischerweise – das Hauptstudium an. Für dieses wurde die Semesterzahl in den letzten Jahren von fünf auf sechs erhöht. In diesem Zeitraum kannst du dein Wissen vertiefen und Schwerpunkte wählen. Außerdem sammelst du erste juristische Erfahrungen, indem du Praktika absolvierst. Im Hauptstudium hast du vermutlich nur eines im Kopf: Das Erste Staatsexamen erfolgreich abzuschließen. Wenn du das geschafft hast, darfst du dich offiziell als Diplom-Jurist:in bezeichnen. Um dieses Ziel zu erreichen, belegen die meisten Studierenden sogenannte Repetitorien, also Vorbereitungskurse für die Prüfungen. Diese nehmen viel Zeit in Anspruch: sechs bis zwölf Monate verbringen die meisten Studierenden mit der Vorbereitung.

3. Das Referendariat & das Zweite Staatsexamen – vier Semester

Raus aus der Uni, rein in die Berufswelt: Nach dem Abschluss des Ersten Staatsexamens freuen sich die meisten Jurist:innen, endlich mal in die „freie Wildbahn“ entlassen zu werden, denn jetzt geht es erst einmal raus aus der Uni und rein in die juristische Arbeitswelt. Während des Referendariats absolvieren Jurastudierende 5 bis 6 Stationen: die Zivilstation, die Strafstation, die Verwaltungsstation, die Anwaltsstation sowie die Wahlstationen. Hier kannst du wertvolle Erfahrungen sammeln und deine ersten Kontakte knüpfen – und dich auf das Zweite Staatsexamen vorbereiten, das im Anschluss ansteht und deine Juristenausbildung vollständig macht.

Die Dauer des Jurastudiums

Grundstudium

4 Semester

Zwischenprüfung

Hauptstudium

6 Semester

1. Staatsexamen

Referendariat

2 Jahre

2. Staatsexamen

Jurastudium in 7 Jahren? Nur in Ausnahmefällen!

Wenn du richtig mitgezählt hast, dauert dein Jurastudium mindestens 14 Semester, also 7 Jahre. Bis das Erste Staatsexamen bestanden ist, solltest du mindestens zehn Semester, also 5 Jahre einplanen. Allzu genau nehmen solltest du es mit diesen Zahlen jedoch nicht, da Jurastudierende in der Regel etwas mehr Zeit einplanen, um sich auf die Examen vorzubereiten und hier und da noch ein Semester einzubauen. 

Dass die Dauer des Jura-Studiums ebenfalls stark von dem jeweiligen Bundesland abhängig ist, wird in den Statistiken des Bundesamts für Justiz deutlich. Sieht man sich die Zahlen aus 2022 einmal an, stellt man fest, dass die durchschnittliche Studiendauer bis zum Ersten Staatsexamen 10,6 Semester beträgt – also schon zu diesem Zeitpunkt ein Semester länger als eigentlich vorgesehen. Blickt man nun auf alle Bundesländer in ganz Deutschland wird deutlich, dass lediglich 6,25 Prozent der Student:innen das Erste Staatsexamen in unter zehn Semestern absolvieren und 18,25 Prozent innerhalb der vorgesehenen zehn Semestern. Der größten Anteil mit 75 Prozent benötigte über zehn Semester bis zum Ersten Staatsexamen. Interessant ist, außerdem dass hierbei Nordrhein-Westfalen mit durchschnittlich 9,4 Semestern vorne und das Saarland mit 14,2 Semestern weit hinter der Regelstudienzeit liegt. Daran wird deutlich, dass die Dauer auch innerhalb der verschiedenen Bundesländer extrem schwankt.


Bachelor und Master: So lange dauern LL.B und LL.M

Immer mehr Studierende entscheiden sich gegen das Staatsexamen und schließen stattdessen einen Bachelor of Laws (LL.B) oder einen Master of Laws (LL.M) ab. Der Vorteil: Im Gegensatz zum klassischen Jurastudium hast du hier nach drei Jahren einen Abschluss in der Hand und stehst (im schlimmsten Fall) nicht nach fünf Jahren mit leeren Händen da, weil du durch das Erste Staatsexamen gefallen bist. Der Bachelor und Master of Laws sind außerdem international anerkannt und gelten als praxisorientierter als das klassische Jurastudium. Als Richter:in oder Staatsanwält:in kannst du als LL.B oder LL.M jedoch nicht arbeiten – du musst dich als Absolvent:in zum Beispiel mit Jobs in Unternehmen oder Kanzleien begnügen.

Viele Jurastudierende und Volljurist:innen entscheiden sich auch für einen LL.M, um ihr Profil zu stärken oder sich internationaler auszurichten – sozusagen als Zusatzqualifikation. So viel Zeit musst du dafür einplanen:

Die Dauer des LL.B – sechs bis acht Semester

Der LL.B ist ein Bachelorstudiengang und dauert dementsprechend sechs Semester in Regelstudienzeit, also drei Jahre. Einzelne Studiengänge können aber auch etwas länger dauern und etwa sieben oder acht Semester in Anspruch nehmen. Bei einem LL.B-Studium paukst du nicht nur reines Jura, sondern hast auch andere Schwerpunkte, in der Regel mit starkem wirtschaftlichem Bezug. Auch ausländisches Recht steht auf den meisten Lehrplänen.

Die Dauer des LL.M – zwei bis vier Semester

Der LL.M ist der Masterstudiengang, der auf den LL.B aufbaut, ist aber auch bei Volljuristen beliebt, die sich zusätzliche Kenntnisse aneignen möchten. Zwar bieten auch einige deutsche Unis mittlerweile ein LL.M-Studium an, besonders begehrt sind jedoch Studienplätze im Ausland, da sich so gleichzeitig Auslandserfahrungen sammeln lassen. Dabei handelt es sich oft um keine unerhebliche Investition – besonders in beliebten Studienländern wie den USA oder Großbritannien können die Kosten für ein LL.M-Programm schnell im mittleren bis höheren fünfstelligen Bereich liegen.

In Deutschland solltest du für den Master of Laws in der Regel vier Semester einplanen. Ausländische Hochschulen ziehen das Programm oft noch schneller durch: An vielen Unis bist du hier bereits nach 2 Semestern, also einem Jahr, fertig.


Die beliebtesten Berufe nach dem Jurastudium

Die juristische Ausbildung ist lang und fordernd. Dafür stehen Jurist:innen nach dem Jurastudium und dem Referendariat verschiedene Türen weit offen: Ein starres Berufsbild für Jurist:innen gibt es längst nicht mehr. Jurist:innen sind vielseitig einsetzbar und werden fast in allen Branchen benötigt. Doch wohin zieht es die meisten Jurist:innen? Einen Überblick verschafft dieses Ranking der Juristenberufe.

1. Der Klassiker: Anwält:in

An der Poleposition der Jurist:innen ändert sich einfach nichts. Trotz vieler Möglichkeiten, die den Jurist:innen offenstehen, wird der mit Abstand größte Anteil Anwält:innen. Entweder selbstständig oder angestellt in einer Kanzlei. Die Art der Kanzlei ist dabei natürlich unterschiedlich. Während sich der größte Teil der Anwält:innen derzeit den mittelständischen Kanzleien mit Mitarbeiterzahlen zwischen 5 und 100 Anwält:innen anschließt, steigt auch die Anzahl derer, die sich einer der großen Law Firms anschließen wieder beträchtlich an. Die Gründe für den Start in der Großkanzlei sind vielfältig: Neben spannenden (internationalen) Mandaten, einem riesigen Netzwerk und ausgezeichneten Weiterbildungsmöglichkeiten locken Großkanzleien auch mit einem Einstiegsgehalt, das seinesgleichen sucht. 

Rechtsanwältin Jessica Jacobi im Podcast New Lawyers


2. Unternehmensjurist:in: Ab in die Rechtsabteilung!

Für viele Jurist:innen stellt sich zu Beginn ihres Arbeitslebens die Frage, wo es hingehen soll. Gerade das häufig bemängelte Verhältnis zwischen Arbeits- und Freizeit bei Anwält:innen lässt die Zahlen derer ansteigen, die als Jurist:innen in die Rechtsabteilungen von Unternehmen gehen. Aber nicht nur die Work-Life-Balance ist hier ausgewogener. Häufig sind die Gehälter nahezu mit denen der Großkanzleien vergleichbar und das zu angenehmeren Arbeitsbedingungen. Besondere firmenabhängige Vorsorgemodelle oder flexible Arbeitsmodelle tun dann ihr Übriges. Auch hier gibt natürlich der wirtschaftliche Aufschwung den Ton an und so steigt die Zahl der Unternehmensjuristen / Syndikusanwälte Einstellungen weiter.

Tim Proll-Gerwe als Jurist in der Unternehmenskommunikation im New Lawyers Podcast

 

3. Richter:in, Staatsanwält:in, Verwaltung: Öffentlicher Dienst

Die drittgrößte Anlaufstelle ist ebenfalls ein Klassiker unter den Berufen für Jurist:innen. Es sind die Stellen im Staatsdienst. Wer sich vom Staat besolden lassen möchte, hat auch hier mehrere Optionen. Die meisten beim Staat angestellten Jurist:innen sind Richter:innen, Staatsanwält:innen und Verwaltungsbeamt:innen. Doch es gibt noch andere Möglichkeiten. Das Auswärtige Amt, die Polizei, der Diplomatendienst und der Bundesnachrichtendienst stellen ebenfalls Jurist:innen ein. Geregelte Arbeitszeiten, Jobgarantie, sichere Rente/Pension und familienfreundliche Arbeitsmodelle sind hier häufig ausschlaggebende Argumente für eine Berufswahl zugunsten des Staates.

Richterin Dr. Christina-Maria Leeb im New Lawyers Podcast

 

4. Quereinstieg in der Unternehmensberatung/Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Eine weitere, noch nicht so sehr verbreitete Option ist die des Quereinsteigens. Insbesondere Unternehmensberatungen suchen Jurist:innen, die für sie arbeiten. Teilweise ist deren Aufgabengebiet noch juristisch angehaucht und daher noch mit dem Erlernten zu verbinden. Wer also Interesse hat, bereits Erlerntes mit Neuem zu verbinden, der sollte wie schon viele andere vor ihm über einen Quereinstieg in die Welt der Unternehmensberatungen nachdenken!

Während Wirtschaftsprüfungen ursprünglich vor allem Jobs für BWL-Absolventen bereithielten, sind sie heute für weitaus mehr Absolventen verschiedener Fachrichtungen zugängig. So eben auch für uns Jurist:innen. Die Bezahlung in den großen Wirtschaftsprüfungen ist gut und die Aufgaben vielfältig, um nur zwei der Argumente für eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu nennen.

Vom Jurastudium zum oder zur Wirtschaftsprüfer:in?

 

5. Verbände und Vereine

Weitere Arbeitgeber:innen für Jurist:innen sind Verbände und Vereine. Hier werden häufig Jurist:innen in leitenden Positionen gesucht oder zur rechtlichen Betreuung von Vertragsverhandlungen benötigt.

Sarah Leischel und Caroline Schönberg im New Lawyers Podcast

 

6. Notariat

Nicht zu vergessen: Die Notare! Ebenfalls ein Klassiker unter den Berufen für Jurist:innen. Allerdings meistens in Kombination mit einer Tätigkeit als Anwalt. Die schwierige Ausbildung zum oder zur Notar:in und die Überschaubarkeit an freien Notarstellen führen dazu, dass trotz guter Bezahlung und angenehmem Aufgabengebiet nur ein verhältnismäßig geringer Anteil von Jurist:innen tatsächlich Notar:in wird.

Die K&L Gates Partnerin & Notarin Kerstin Hanke im New Lawyers Podcast


Wie lange dauert nun das Jurastudium?

Die Dauer des Jurastudiums hängt von sehr vielen Faktoren ab, sodass es praktisch unmöglich ist, eine genaue Zeitspanne festzulegen. Gehst du den klassischen Weg über die beiden Staatsexamen oder wählst du den Bachelor und den Master? Ziehst du das Studium von vorn bis hinten strikt durch oder lässt du dir mehr Zeit, um den Stoff zu lernen?

Prinzipiell gilt, dass du lieber etwas mehr Zeit einplanen solltest. Die Statistiken zeigen, dass nur ein kleiner Teil der Studierenden das Studium in der Regelstudienzeit schafft – zumindest, was das Staatsexamen angeht. Das hat nicht etwa mangelnde Motivation zur Ursache, sondern die Tatsache, dass die Inhalte anders fast nicht zu bewältigen sind. Am Ende ist es wichtiger, dass du mit einem erfolgreichen Studium abschließt. Ob du dafür ein Semester mehr oder weniger gebraucht hast, interessiert die meisten potenziellen Arbeitgeber:innen nur wenig.

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Laura Hörner
Kulturwirtschaft Uni Passau

Als freie Autorin schreibt Laura Hörner bei TalentRocket über Themen rund um die juristische Karriere. Besonders interessiert sie sich dabei für die vielfältigen Karrierewege, die Jurist:innen offenstehen.