Abbruch Jura Studium. Was dann?

Verfasst von Sascha Matowitsch

Jurastudium abbrechen – ja oder nein?

Wann sich der Abbruch eines Jurastudiums lohnt und welche Möglichkeiten sich ergeben.

Viele Jurastudierende spielen mit dem Gedanken, das Studium abzubrechen. Doch in welcher Phase des Studiums ist ein Abbruch sinnvoll? Gibt es weitere Möglichkeiten, juristisch tätig zu werden, ohne zwei Staatsexamina in der Tasche zu haben? 

Soll ich mein Jurastudium abbrechen?

Du spielst mit dem Gedanken, Dein Jurastudium abzubrechen und kennst Gedanken wie:

  • Ich werde das 1. Staatsexamen nicht schaffen oder nur schlecht bestehen
  • Jura interessiert mich (doch) nicht und macht mir einfach keinen Spaß
  • Ich verstehe die Zusammenhänge trotz intensiven Lernens nicht
  • Mich interessieren andere Fächer oder Berufsbilder mehr

Andererseits sagst du dir selbst, dass du bereits viel Zeit in dein Jurastudium investiert hast und ein Abbruch des Jurastudiums im höheren Semester keine gute Idee wäre, schließlich stündest du nach mehreren Jahren Jurastudium ohne Abschluss da. Es ist ein Dilemma und leider gibt es auch keine richtige oder einfach Antwort auf die Frage, wann es sich lohnt, das Jurastudium abzubrechen und wann man es doch besser beendet.

Die Abbrecherquote im Jurastudium liegt übrigens bei 24 % – und damit unter der durchschnittlichen Abbruchquote aller Studiengänge (32 %). Durchschnittlich erfolgt der Abbruch des Jurastudiums nach dem 7. Semester, etwa 25 % der Jurastudierenden brechen das Studium sogar erst nach dem 10. Semester ab.

Jura abbrechen oder durchziehen?

„Bitte seien sie selbstkritisch! Reflektieren Sie für sich selbst spätestens nach dem zweiten Semester, ob sie bis zum Schluss durchhalten“. Diesen sinngemäßen Satz hat mein ehemaliger Professor für Strafrecht in der ersten Vorlesung als Erstes im Hörsaal fallen lassen – für uns als damalige Erstis sehr amüsant. Schließlich haben sich die meisten von uns bewusst für diesen Studiengang entschieden. 

Einige Semester später, als ich im 4. Semester meinen Schein für die Schlüsselqualifikation erwerben wollte, kam es zu folgender Situation: Ein Kommilitone saß neben mir, der bereits im 13. Fachsemester war. Auf die Frage, wieso nach 6,5 Jahren kein Examensversuch gestartet wurde, er also nicht vorher den Schein für die Schlüsselqualifikation erworben hat, reagierte er mit den üblichen Floskeln, wie: 

  • „Meine Klausuren werden immer unfair gestellt, deswegen bin ich noch nicht scheinfrei.“
  • „Bald melde ich mich an.“, oder 
  • „Ich möchte perfekt auf mein Examen vorbereitet sein, schließlich will ich ein Prädikat!“ 

Solche Aussagen sind leider keine Seltenheit von denjenigen, die bereits 12 oder mehr Semester Jura studieren. Natürlich spricht nichts dagegen, wenn du dir 1-2 Semester Bedenkzeit nimmst, um zu entscheiden, ob du das Jurastudium fortsetzen willst oder nicht. Je länger du die Entscheidung allerdings hinauszögerst und je weiter fortgeschritten du im rechtswissenschaftlichen Studium ist, desto schwieriger wird die Entscheidung – und besser geht es dir davon vermutlich auch nicht.

Dir sollte klar sein: Die spätere Tätigkeit in den klassischen Juristenberufen wird sich vom Studium kaum unterscheiden, auch was den Druck anbelangt. Um das Haftungsrisiko zu minimieren, wirst du z.B. auch als Rechtsanwalt an jede Anspruchsgrundlage, Einwendung oder Einrede denken müssen. Auch an solche der Gegenseite. Als Richter wird von dir erwartet, dass du die relevanten Rechtsnormen kennst, ohne dass der Kläger sie in der Klageschrift benennt. Deine Entscheidungsgründe müssen in sich verständlich sein. Als Richter ist man schließlich nur dem Gesetz unterworfen. Als Organ der Rechtspflege hängst du also nicht, wie z.B. in Suits, ständig in coolen Bars ab und schmeißt eine Akte deinem Gegenüber hin, womit sich die Sache dann erledigt. 

Wichtig ist vor allem folgender Punkt: Hast du gerade einen kleinen Durchhänger, aber grundsätzlich Spaß am Studium oder ist das Jurastudium schon seit längerem eine einzige Qual für dich? Meistens lassen sich kleine Durchhänger nach einem Semester überwinden – und ehrlich gesagt, kenne ich niemanden, der durchgehend top motiviert Jura studiert hat. Merkst du allerdings, dass es mehr als ein kleiner Durchhänger ist, solltest du dich zumindest mit deinen verschiedenen Optionen nach Abbruch des Jurastudiums auseinandersetzen.

Jura abbrechen: Was dann?

Ein anderes Studienfach, eine Ausbildung oder etwas ganz anderes – es gibt verschiedene Möglichkeiten, auch mit rechtswissenschaftlichen Bezug, die dir offenstehen und um die es im Folgenden beispielhaft gehen soll.

Bevor du dich exmatrikulierst, kannst du dich an deiner Universität über alternative Studiengänge mit juristischem Bezug informieren. Vielleicht hat dir ein Teil des Jurastudiums inhaltlich gefallen und Jura hat durchaus Schnittstellen zu anderen Studienfächern, weshalb es möglich ist, sich bisherige Leistungen anrechnen zu lassen.

Von einer Anrechnung wird gesprochen, wenn bereits außerhalb des aktuellen studierten Studiengangs passende Leistungen erbracht wurden und diese in den Studiengang eingebracht werden sollen.

An der Universität Bielefeld gibt es z.B. die Möglichkeit, den Studiengang „Bachelor Recht und Management“ zu belegen. Der Bachelor bietet die Basis für eine weiterführende Master-Ausbildung. 

Unter anderem kannst du dir diese Leistungen für den Bachelor anrechnen lassen: 

  • BGB-AT
  • Schuldrecht, allgemeiner Teil, gesetzliche und vertragliche Schuldverhältnisse
  • Sachenrecht, Zivilprozessrecht 
  • Arbeitsrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht, 
  • Europarecht, Methoden- und Grundlagen, Staatsorganisationsrecht 
  • Strafrecht AT I u. II, Strafrecht BT und Strafverfahrensrecht 

Auch weitere Möglichkeiten mit juristischen Bezügen außerhalb der Uni sind möglich, wie zum Beispiel ein duales Studium bei der Justiz als Dipl.-Rechtspfleger. Rechtspfleger repräsentieren das Gericht und bearbeiten wie Richter sachlich unabhängig und weisungsfrei die ihnen übertragenen Aufgaben. Das Studium dauert drei Jahre und wird nach den Anwärterbezügen bezahlt. Es handelt sich also bereits während der Ausbildung um eine „Beamtenstelle“ und du verdienst bereits Geld. Damit muss nicht Schluss sein: Denn Rechtspfleger haben die Möglichkeit, sich zu Amtsanwälten weiterbilden zu lassen. Sie sind bei den Staatsanwaltschaften tätig und können die Anklage in Strafsachen übernehmen, die zur Zuständigkeit der Strafrichter am Amtsgericht gehören. 

Soll es kein Studium mehr sein, kommen noch die klassischen Ausbildungsberufe in Betracht, wie die der Rechtsanwalts-, Notarfach- und Justizfachangestellten. Bei diesen Berufsbildern ist man jeweils Weisungen unterworfen und kann nur sehr eingeschränkt eigenverantwortlich tätig werden. Jedoch lassen sich in diesen Berufsbildern die zuvor erworbenen Kenntnisse des abgebrochenen Jurastudiums integrieren und bilden damit einen Vorteil. Selbstverständlich ist auch hier nicht mit Erreichen der Ausbildung Schluss. Weiterbildungsmöglichkeiten, wie der Rechtsfach- oder Notarfachwirt, können interessant sein. 

Ein Auszug deiner (juristischen) Möglichkeiten: 

  • Bachelor Recht und Management 
  • dadurch Option für einen Masterstudiengang 
  • duales Studium zum Dipl.-Rechtspfleger 
  • dadurch Option für eine Weiterbildung zum Amtsanwalt 
  • i.d.R. dreijährige Berufsausbildung zum Rechtsanwalts-, Notar- oder Justizfachangestellten 
  • dadurch Option für eine Weiterbildung zum jeweiligen Fachwirt 

Solltest du die juristische Welt verlassen wollen, stehen dir zudem zahlreiche weitere Möglichkeiten und Anlaufstellen für Informationen, wie die Zentrale Studienberatung oder die Bundesagentur für Arbeit, zur Verfügung. 
 

Fazit: 

Wie du siehst, musst du kein Abiturient mit Hochschulinteresse bleiben! Es ist keinesfalls eine Schande, die Endstation: Abbruch Jurastudium zu erreichen. 

Das Jurastudium vorzeitig und ohne Staatsexamen zu beenden, ist zunächst ein Schock und nie eine leichte Entscheidung. Dennoch gibt es danach zahlreiche Möglichkeiten, wie sich das im Studium gelernte doch noch nutzen lässt, wenn du grundsätzliches Interesse am juristischen Arbeiten hast. 
 

Wichtig ist dabei, den Entschluss vom Abbruch von einem Durchhänger unterscheiden zu können. Nicht in jedem juristischen Beruf müssen solche Leistungen, wie im Ersten Staatsexamen erbracht werden. Vielleicht gibt es berufliche Alternativen, die dich (mehr) ansprechen und voranbringen. Von einer qualvollen Studienzeit haben weder du noch dein Lebenslauf etwas. 

Polizei NRW
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