Anne Sanders steht auf gleich vier „juristischen Beinen“: dem Familien- und Erbrecht, dem Gesellschaftsrecht, der Justizforschung und der Lehre. In dieser Folge des New Lawyers Podcasts spricht sie mit Alisha Andert über die Arbeit in ihren Fachbereichen, über politische Einflussnahme von Jurist:innen und über ihre Tätigkeit als Professorin.
Als Inhaberin des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Unternehmensrecht, Recht der Familienunternehmen und Justizforschung an der Universität Bielefeld verwundert es nicht, dass Anne Sanders ein Interesse für die unterschiedlichsten juristischen Themen entwickelt hat. All ihre Tätigkeiten hatten jedoch eines gemeinsam: Sie drehten sich um die Frage, welchen Beitrag Recht zu der Welt leisten kann, in der wir leben möchten. Dass sie sich als Professorin mit den Themen auseinandersetzen kann, die sie interessieren, empfindet Sanders als ein großes Geschenk. Im Gegenzug möchte sie etwas zurückgeben, indem sie sich für gesellschaftlich relevante Themen engagiert.
Während ihre Eltern beide einem künstlerischen Beruf nachgingen, versuchte sie, etwas zu finden, was in ihr dieselbe Begeisterung auslöst – und fand dies in Jura. Vom ersten Semester an ist sie fasziniert von dem menschengemachten Konstrukt aus Regeln. „Ich finde, die Juristerei bringt wunderbar verschiedene Dinge der Menschheit, des Menschseins, zusammen“, erklärt sie. Einerseits den Wunsch nach Gerechtigkeit und Ordnung, andererseits aber auch die Unfähigkeit, diese Ordnung einzuhalten.
„Ich finde, die Juristerei bringt wunderbar verschiedene Dinge der Menschheit, des Menschseins, zusammen.“
Schau doch mal rein:
Die Hoffnung ihrer in der Filmbranche tätigen Eltern, dass sie sich auf Urheberrecht spezialisieren könnte, erfüllte Sanders leider nicht. Stattdessen liegt ihr Fokus unter anderem auf dem Familien- und Erbrecht. Momentan beschäftigt sie sich mit dem Thema Mehrelternschaft – also etwa, wenn bei der Zeugung eines Kindes ein Samenspender involviert war. Sie erklärt, dass in diesem Fall immer der Ehemann als Vater gilt. Anders sehe das aber bei queeren Familien aus, in welchen zum Beispiel die zweite Frau das Kind erst einmal adoptieren muss.
Sanders hat zur Mehrelternschaft ein Buch veröffentlicht. Sie belässt es aber nicht bei der Forschung, sondern engagiert sich auch anderweitig. Zum Beispiel saß sie in der Vergangenheit als Expertin im Rechtsausschuss des Bundestages, schreibt Aufsätze zu dem Thema und ist öfters in der Presse vertreten. Als Juristin kann sie, wie sie betont, nicht nur den wissenschaftlichen Weg gehen, sondern auch über gerichtliche Verfahren Einfluss nehmen. So hat sie etwa zusammen mit RAin Lucy Chebout und Prof. Dr. Dana Valentiner eine Verfassungsbeschwerde für zwei Frauen erhoben, deren Kind nicht von Geburt an zwei rechtliche Eltern hatte.
Aktuelle Stellen im Erb- und Familienrecht
Auch wenn das Gesellschaftsrecht auf den ersten Blick nur wenig mit dem Familienrecht zu tun hat, gebe es doch einige Gemeinsamkeiten. So geht es laut Sanders auch im Gesellschaftsrecht darum, wie sich Menschen als Einheit organisieren. In den letzten Jahren sei es klar geworden, dass wir zu einer Wirtschaftswelt kommen müssen, die nachhaltig funktionieren kann. Auch gesellschaftsrechtlich gebe es dabei einiges, was dazu beitragen kann – zum Beispiel Say-on-Climate-Beschlüsse, über welche Aktionär:innen an Klimafragen in Unternehmen teilhaben können. Oder das Prinzip des Verantwortungseigentums.
Letzteres ist die Idee, dass Unternehmenseigentümer:innen zwar über das Unternehmen bestimmen und dieses formen können, aber nicht über das Finanzielle entscheiden. So können sie das Unternehmen beispielsweise nicht zum eigenen Gewinn verkaufen. Umsetzen lässt sich dies momentan nur über komplizierte und rechtsunsichere Lösungen. Dafür, dass es bald eine eigene Rechtsform geben soll – wie es schon im Koalitionsvertrag festgehalten ist –, setzt sich Sanders ebenfalls ein.
Du möchtest mehr darüber erfahren, wie Sanders ihre Forschungserkenntnisse in die Lehre einbringt? Oder du interessierst dich für Familien- und Gesellschaftsrecht? Dann hör doch mal rein in diese Folge des New Lawyers Podcasts!
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