Awet Tesfaiesus im New Lawyers Podcast

Verfasst von Laura Hörner|Veröffentlicht am 19.06.2024

Awet Tesfaiesus – Warum ist Repräsentation gerade jetzt so wichtig?

Die Bundestagsabgeordnete und Rechtsanwältin im New Lawyers Podcast

Awet Tesfaiesus ist Rechtsanwältin und als erste Schwarze Frau im Bundestag vertreten. Warum sie sich entschieden hat, ihre eigene Kanzlei für ihr politisches Engagement zu verlassen, warum Vielfalt in Politik und in der Rechtswelt so wichtig ist sowie über ihre Erfahrungen in der Beratung im Migrationsrecht spricht sie in dieser Folge des New Lawyers Podcasts mit Alisha Andert.

 

Dass sie im Migrationsrecht arbeiten möchte, wusste Awet Tesfaiesus bereits, als sie ihr Jurastudium begann. Mit ihrer eigenen Kanzlei spezialisierte sie sich schließlich auf das Asylrecht – auch wenn es finanziell eine große Herausforderung bedeutete. Tesfaiesus erklärt, dass sie gern in einem Bereich tätig ist, in dem sie eine Lücke ausfüllen kann, wo nicht schon tausend andere sind. Auch ihre eigenen Erfahrungen sowie sprachliche und kulturelle Kenntnisse konnte sie in den Beruf einbringen. Das sei aber nicht unbedingt eine Voraussetzung für die Arbeit im Migrationsrecht – die Kenntnisse könne man sich auch aneignen.

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Das sind die aktuellen Folgen:

In die Politik für eine vielfältigere Zukunft – auch für ihren Sohn

Schon längere Zeit hatte sich Tesfaiesus mit dem Rechtsruck in der Gesellschaft beschäftigt und reduzierte ihre Arbeitszeit, um Kommunalpolitik machen zu können. Mit dem Eintritt der AfD ins Kassler Stadtparlament entschied sie sich dafür, ebenfalls zu kandidieren.

Nach dem Anschlag in Hanau reichte ihr das ehrenamtliche Engagement im Stadtparlament jedoch nicht mehr aus. Sie wollte die Politik zu ihrem Hauptberuf machen – und trat bei der Bundestagswahl an. Eine große Rolle bei dieser Entscheidung spielte Tesfaiesus Sohn. „Ich war verzweifelt, ich hatte Angst und hab gesagt: ‚Ich bin das meinem Kind schuldig, irgendwas zu machen. Zumindest mal sagen zu können, ich hab‘s probiert. Ich hab versucht, was zu verändern.‘“, erzählt sie.

Vorbereitet hatte sie sich auf die Kandidatur kaum, nicht einmal ein Hotelzimmer in Berlin war gebucht. Einen der Gründe, warum sie trotzdem erfolgreich war, sieht Tesfaiesus in den Zeitgeistthemen – Antidiskriminierung, Vielfalt und die Migrationsgesellschaft seien momentan sehr präsent.

Ich war verzweifelt, ich hatte Angst und hab gesagt: ‚Ich bin das meinem Kind schuldig, irgendwas zu machen. Zumindest mal sagen zu können, ich hab‘s probiert. Ich hab versucht, was zu verändern.'
- Awet Tesfaiesus

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Tesfaiesus Erfolg ist auch ein Erfolg für die Community

Tesfaiesus zog als erste Schwarze Frau in den Bundestag ein. Von dieser Tatsache waren in der Mehrheitsgesellschaft – im Gegensatz zur Schwarzen Community – viele überrascht. Ihren Erfolg nimmt sie nicht nur als ihren eigenen, sondern auch als den ihrer Community wahr. Zwar spüre sie keine Verantwortung als „erste Schwarze Frau im Bundestag“, sehr wohl aber als Vertreterin einer Minderheit.

Vor allem jetzt, da der Rechtspopulismus zunimmt, hält sie es für wichtig, möglichst viele Gruppen zu empowern. Deshalb setzt sie sich im Bundestag unter anderem für Vielfalt und Antidiskriminierung ein – ist sich aber bewusst, dass in solch einem großen Apparat nicht eine:r alles umkrempeln kann. Sie würde sich wünschen, dass mehr Schwarze Frauen, auch in anderen Parteien, aktiv wären. Es sei wichtig, dass man plural besetzt sei und dass unterschiedliche Stimmen Gehör finden. Das beginne dabei, wie man sein Büro besetzt, bis dahin, welche Gäste man zu parlamentarischen Gesprächen und Ausschüssen einlädt.

Tesfaiesus ist der Überzeugung, dass alle ihre Perspektiven im Bundestag vertreten wissen sollten. Solange marginalisierte Menschen diese Anspruchshaltung nicht hätten, gäbe es zwar mehr Frieden – aber zulasten eines Großteils der Bevölkerung. Mit ihrer Forderung für mehr Vielfalt eckt sie jedoch auch an. Sie sei oft die Unbequeme, müsse viel diskutieren und überzeugen. Die Reaktionen seien unterschiedlich – von Verständnis bis hin zu Abwehrreaktionen.

 

Dich interessiert, ob Awet Tesfaiesus sich vorstellen kann, noch einmal zu kandidieren? Oder du möchtest mehr über ihre Arbeit im Bundestag erfahren? Dann hör doch mal rein in diese Folge des New Lawyers Podcasts!

Die Themen dieser Folge im Überblick:

 

  • Ab 01:45: Icebreaker-Frage: Zu welchem Zeitpunkt haben Sie sich zum ersten Mal erwachsen gefühlt?
  • Ab 03:44: Beratung im Migrationsrecht
  • Ab 05:31: Gibt es eine Lücke im Angebot für Migrationsrecht?
  • Ab 08:11: Wie kamen Sie aus der Kanzlei in den Bundestag?
  • Ab 11:52: War es eine Überraschung für Sie, in den Bundestag zu kommen?
  • Ab 15:19: Als erste Schwarze Frau im Bundestag
  • Ab 20:15: Wie kann man den erstarkenden Rechtspopulismus erklären?
  • Ab 22:41: Für welche Themen setzen Sie sich ein?
  • Ab 25:16: Wie sieht die Resonanz zu Ihrer Arbeit bisher aus?
  • Ab 28:31: Hat sich durch mehr Vielfalt in den Debatten etwas positiv verändert?
  • Ab 30:47: Möchten Sie wieder als Rechtsanwältin arbeiten?
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Laura Hörner
Kulturwirtschaft Uni Passau

Als freie Autorin schreibt Laura Hörner bei TalentRocket über Themen rund um die juristische Karriere. Besonders interessiert sie sich dabei für die vielfältigen Karrierewege, die Jurist:innen offenstehen.