Fachanwalt vs. Spezialist – Ein entscheidender Unterschied
Ein häufiges und verbreitetes Missverständnis ist, dass eine Spezialisierung automatisch mit dem Erwerb eines Fachanwaltstitels gleichzusetzen ist. Während “Fachanwält:in” ein geschützter Titel ist, der den erfolgreichen Abschluss einer Fachanwaltsausbildung und den Nachweis praktischer Erfahrung im jeweiligen Rechtsgebiet voraussetzt, ist der Begriff “Spezialist:in” keine geschützte Bezeichnung. Jurist:innen können sich für ein bestimmtes Rechtsgebiet als Spezialist:innen bezeichnen, wenn sie sich durch gezielte Fortbildungen, praktische Erfahrung oder wissenschaftliche Tätigkeiten in einem Fachgebiet etablieren.
Gerade für Jurist:innen, die bereits seit Jahren als Generalist:innen tätig sind, stellt sich die Frage, ob sich der Aufwand einer offiziellen Fachanwaltsausbildung lohnt oder ob es ausreicht, sich durch andere Maßnahmen als Spezialist:in zu positionieren.
Generalist vs. Spezialist vs. Fachanwalt
Eine der zentralen Fragen bei der Entscheidung für oder gegen eine Spezialisierung ist die Gehaltsentwicklung. Wie wirkt sich eine Spezialisierung auf das Einkommen aus? Gibt es einen finanziellen Vorteil gegenüber einer generalistischen Tätigkeit? Und lohnt sich ein Fachanwaltstitel?
Generalist:in – Flexibel, aber oft mit begrenztem Gehaltspotential
Jurist:innen, die als Generalist:innen tätig sind, decken ein breites Spektrum an Rechtsgebieten ab. Besonders in kleineren Kanzleien oder als Inhouse-Jurist:innen in Unternehmen ist diese Vielseitigkeit oft gefragt. Sie beraten zu unterschiedlichsten Themen und müssen sich flexibel auf neue Rechtsfragen einstellen. Nachteilig ist jedoch, dass langfristige Gehaltssteigerungen als Generalist:in oft begrenzter sind als in spezialisierten Tätigkeiten. Gerade in größeren Kanzleien oder auf Partnerebene steigt das Einkommen oft nur durch eine klare Spezialisierung.
Spezialist:in – Höheres Gehalt, aber nicht automatisch mit Titel verbunden
Spezialist:innen haben sich auf ein bestimmtes Rechtsgebiet fokussiert. Diese Spezialisierung kann auf unterschiedliche Weise erfolgen – durch langjährige praktische Erfahrung, gezielte Fortbildungen oder wissenschaftliche Tätigkeiten. Der STAR-Bericht der Bundesrechtsanwaltskammer aus dem Jahr 2020 zeigt am Beispiel Selbstständiger Rechtsanwält:innen, dass der persönliche Honorarumsatz mit steigender Spezialisierung anwächst. Spezialist:innen können also oft ein höheres Gehalt erzielen als Generalist:innen. In diesem Zusammenhang lohnt sich auch ein Blick auf den Zusammenhang zwischen Stundensätzen und Gehältern verschiedener Fachbereiche. Allerdings haben sie, wie oben bereits erwähnt, im Gegensatz zu Fachanwält:innen keinen geschützten Titel, was in manchen Kanzleien oder für Mandant:innen als weniger prestigeträchtig wahrgenommen werden kann.
Fachanwält:in – Der geschützte Titel mit Gehaltsvorteilen
Der Fachanwaltstitel ist die formellste und häufig anerkannteste Art der Spezialisierung. Wer Fachanwalt werden möchte, muss eine Fachanwaltsausbildung absolvieren und eine Mindestanzahl an bearbeiteten Fällen in dem jeweiligen Rechtsgebiet nachweisen. Gemäß des STAR-Berichts der Bundesrechtsanwaltskammer von 2020 steigt der Honorarsatz aus selbstständiger Tätigkeit für Rechtsanwält:innen mit Fachanwaltstitel nochmals gegenüber dem von spezialisierten Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen an.
In besonders gefragten Rechtsgebieten wie Steuerrecht, Arbeitsrecht oder Medizinrecht kann ein Fachanwaltstitel ein deutlich höheres Gehalt mit sich bringen als in weniger spezialisierten Bereichen. Doch lohnt sich die Fachanwaltsausbildung für mehr Gehalt? Denn auch die Fachanwaltsausbildung kostet Zeit und Geld. Die Kosten für eine Fachanwaltsausbildung variieren stark, mit rund 2.000 Euro muss jedoch gerechnet werden. Zusätzlich müssen Fallzahlen-Nachweise und regelmäßige Fortbildungen erbracht werden. Ob sich diese Investition lohnt, gilt es abzuwägen. Strebst du eine langfristige Karriere in einer Kanzlei mit Aufstiegschancen an, profitierst du vom Fachanwaltstitel. Ob sich ein Fachanwaltstitel auch für Inhouse-Anwält:innen lohnt oder du auch ohne Fachanwaltstitel mit einer Spezialisierung dein Gehalt steigern kannst, variiert je nach Unternehmensgröße, der Branche, etc.