Diplomjuristin & Gründerin Carla Reuter im New Lawyers Podcast

Verfasst von Laura Hörner|Veröffentlicht am 23.11.2022

Was ist Verantwortungseigentum?

Diplomjuristin & Gründerin Carla Reuter im New Lawyers Podcast

Wann hast du zum letzten Mal über den Tellerrand geschaut? Carla Reuter zeigt, dass Juristinnen und Juristen nicht nur in Kanzleien Karriere machen können – und dass auch das Recht selbst mit der Zeit gehen kann. In dieser Folge spricht sie mit Alisha Andert über das Prinzip des Verantwortungseigentums und wie sie dieses durch ihre Mitarbeit in einer Stiftung bekannter machen möchte, über ihr zweites Studium sowie über ihr Unternehmen Oktopulli.

 

Diplomjuristin mit (fast abgeschlossenem) Master in Ökonomie und Gesellschaftsgestaltung gründet ein Start-up für mitwachsende Kindermode: so die Kurzfassung des bisherigen Karrierewegs von Carla Reuter. Diese Beschreibung reicht wahrscheinlich schon aus, um festzustellen, dass ausgetretene Pfade nichts für Reuter sind. Weit im Voraus plant sie nicht, sondern probiert lieber Neues aus. Als sie während der Wartezeit auf das Referendariat in Kanzleien jobbte, merkte sie schnell, dass das klassische juristische Berufsbild sie nicht reizt. Dennoch hatte sie Spaß am juristischen Denken – und begann kurzerhand ihr Masterstudium in Ökonomie und Gesellschaftsgestaltung. Dort lernte sie, dass das Recht genauso wie die Wirtschaft eine gestaltbare Praxis ist und nicht etwa so starr, wie im Jurastudium der Eindruck entsteht.

Im Rahmen ihres Masterstudiums kam sie dann auch zum ersten Mal mit dem Thema Verantwortungseigentum im Berührung. Zunächst beschäftigte sie sich damit nur theoretisch, dann gründete sie ihr eigenes Unternehmen und setzte dort – mithilfe eines Legal Hacks – das Prinzip in die Tat um.

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Gewinne sollen im Unternehmen bleiben

Bisher ist das Wissen um das Prinzip des Verantwortungseigentums noch nicht besonders verbreitet. Das ändert sich aber schnell: Sogar in den Koalitionsvertrag hat es das Thema geschafft. Worum genau handelt es sich dabei aber eigentlich?

Reuter beschreibt das Prinzip als Überbegriff für eine spezielle Eigentumsverfassung von Unternehmen. Ein wichtiges Element ist dabei die Vermögensbildung. Wird das Prinzip des Verantwortungseigentums umgesetzt, bleiben Gewinne im Unternehmen oder dürfen gespendet werden – allerdings können sie nicht ohne Gegenleistung von Eigentümerinnen und Eigentümern entnommen werden. „Eigentum ist ein Verantwortungseigentum und damit ein Eigentum an Entscheidungsrechten, aber nicht an Vermögensrechten“, erklärt Reuter.

Eigentum ist ein Verantwortungseigentum und damit ein Eigentum an Entscheidungsrechten, aber nicht an Vermögensrechten.
- Carla Reuter

Ebenfalls ein zentraler Punkt ist die Weitergabe der Eigentumsposition. Diese soll nur an fähige Menschen übergeben werden können, nicht etwa vererbbar oder verkäuflich sein. Die Idee ist keineswegs neu – schon seit über 100 Jahren wird sie in Form von Stiftungsunternehmen wie Bosch, Mahle oder Zeiss umgesetzt.

Das Problem: Die Stiftungslösung ist für Unternehmen mit weniger als 300 Mitarbeiter:innen aus praktischen Gründen nicht umsetzbar. Die Lösung: Mit einem Workaround können Unternehmen dennoch das Verantwortungseigentum integrieren. Dazu geben sie 1 % der Stimmrechte an eine Stiftung ab, welche mithilfe eines Vetorechts die Umsetzung der Prinzipien sicherstellt.

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Oktopulli setzt ebenfalls auf Verantwortungseigentum

Für ihr eigenes Unternehmen Oktopulli hat Reuter diesen Legal Hack ebenfalls genutzt. Rechtssicher ist die ganze Sache allerdings noch nicht – dafür bräuchte es eine eigene Rechtsform. Dafür, dass diese auf den Weg gebracht wird, setzt sich Reuter mit der Stiftung Verantwortungseigentum ein. Dort ist sie als Projektleitung Recht unter anderem mit federführenden Ministerien im Austausch und arbeitet an dem entsprechenden Gesetzentwurf mit.

Obwohl sie das Prinzip des Verantwortungseigentums für ihr eigenes Unternehmen gewählt hat, sieht sie prinzipiell Unternehmen mit Gewinnbezugsrechten nicht als problematisch. Für manche Unternehmen sei es aber dennoch die passende Lösung: Zum Beispiel nicht-exitorientierte Start-ups, welche nicht Gefahr laufen möchten, von Investor:innen aufgekauft zu werden.

Zudem habe die Umsetzung auch auf die Mitarbeiter:innen und die Kund:innen eine Signalwirkung. Letztere könnten sich so sicher sein, dass deren Geld wirklich für die Herstellung der Produkte genutzt wird – und nicht etwa in die Taschen der Eigentümer:innen wandert. Darauf legt Reuter auch bei ihrer eigenen Firma wert, die als langfristiges Projekt mit höherpreisigem Produkt angesetzt ist.

 

Wenn du mehr über Carla Reuters Rolle bei der Stiftung Verantwortungseigentum erfahren möchtest oder du dich für ihr nachhaltiges Unternehmen interessierst, dann hör doch mal rein in diese Folge des New Lawyers Podcasts!

Die Themen dieser Folge im Überblick:

 

  • Ab 01:58: Icebreaker-Frage: Worauf freust du dich am meisten, wenn du an dein Leben in 30 Jahren denkst?
  • Ab 03:07: Warum hast du noch kein Referendariat gemacht?
  • Ab 04:57: Was hast du aus deinem Master in Ökonomie und Gesellschaftsgestaltung mitgenommen?
  • Ab 08:02: Was ist Verantwortungseigentum?
  • Ab 12:06: Warum ist eine Stiftungslösung nicht für alle Unternehmen möglich?
  • Ab 13:23: Warum ist es schlecht, aus Unternehmen Gewinne zu ziehen?
  • Ab 15:43: Wie können Unternehmen das Prinzip des Verantwortungseigentums umsetzen?
  • Ab 19:18: Was macht die Stiftung Verantwortungseigentum und was ist deine Rolle?
  • Ab 22:32: VE22: Die Konferenz zum Verantwortungseigentum
  • Ab 25:23: Was ist dein Unternehmen Oktopulli und wie ist es aufgestellt?
  • Ab 29:45: Hattest du dir deinen Karriereweg so vorgestellt?
  • Ab 31:21: Was sind deine nächsten Schritte?
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Laura Hörner
Kulturwirtschaft Uni Passau

Als freie Autorin schreibt Laura Hörner bei TalentRocket über Themen rund um die juristische Karriere. Besonders interessiert sie sich dabei für die vielfältigen Karrierewege, die Jurist:innen offenstehen.