Der Anwendungsbereich des Urteilsstils
Wie der Name es bereits verrät, verwenden vor allem Richter den Urteilsstil, wenn Sie ein Urteil niederschreiben. Das hat zum einen praktische Gründe, denn in der Praxis geht es allen Beteiligten in erster Linie um das Ergebnis und weniger um die juristische Herleitung, und zum anderen entspricht dies auch der gewünschten Autorität eines Richters, der zunächst einmal das Urteil fällt und dieses nachgeschoben begründet.
Dementsprechend haben Studenten an der Universität vor allem zu Beginn des Studiums sehr wenig bis gar nichts mit dem Urteilsstil zu tun.
Das ändert sich mit dem Referendariat, denn in dieser Zeit wird der Urteilsstil zum Standard. Doch leider müssen sich auch fortgeschrittene Studenten bereits mit dem Urteilsstil beschäftigen und diese Anwendungsfälle sind immer ein wenig kritisch.
Gerade wenn es in Richtung des 1. Staatsexamens geht, wird die Schwerpunktsetzung bei Klausuren ein immer wichtiger Faktor. Es sollen nicht mehr irgendwelche zweifelsfreien Feststellungen aus den ersten Semestern geprüft werden, sondern es geht überwiegend um die komplizierten Knackpunkte im Gutachten. Dennoch müssen natürlich auch die offensichtlichen Dinge angesprochen werden, da ein Gutachten die vollständige Betrachtung einer Rechtsfrage oder eines Rechtsstreits sein soll. Dementsprechend werden triviale Dinge ab einem gewissen Zeitpunkt im Studium ebenfalls im Urteilsstil abgehandelt.
Das birgt jedoch vor allem zwei Risiken, denn einerseits können so tatsächliche Probleme übersehen – und somit auch nicht behandelt – werden und andererseits muss ein Gefühl dafür bestehen, was nun tatsächlich trivial ist oder was besser im Gutachtenstil verfasst werden sollte. Dabei hilft vor allem Übung und Routine, die man nur durch das regelmäßige Schreiben von Klausuren bekommt.
Ein deutlich unproblematischerer Anwendungsfall ist die Abhandlung von bereits geprüften Feststellungen. Hier kann entweder nach oben verwiesen werden, was im Prinzip einer Form des Urteilsstils entspricht oder es können bereits festgestellte Verhältnisse oder Voraussetzungen in Form des Urteilsstils erneut festgestellt werden.
Das Risiko der falschen Perspektive beim Urteilsstil
Schlussendlich ist vor allem noch das Risiko zu nennen, dass im Urteilsstil zu sehr auf die Gründe der Ablehnung bzw. auf die Sichtweise des Unterlegenen eingegangen wird. Dies sieht der § 313 III ZPO aber gerade nicht vor und es handelt sich somit um einen schwerwiegenden und leider auch häufigen Fehler.
Es empfiehlt sich daher vor allem zu Beginn des Referendariats viele Urteile zu lesen, alte Examensklausuren zu studieren und den Urteilsstil immer wieder zu verinnerlichen.
Vor allem im Kontrast zu der Erstellung von Gutachten während des Studiums, ist der Urteilsstil eine echte Hürde für viele Referendare.