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Die Arbeit in Großkanzleien

Was spricht dafür, was dagegen?

Nach dem Studium ist vor der Arbeit. Junge Absolventen müssen sich nach dem 2. Staatsexamen daher mit der Frage beschäftigen, in welchem Bereich sie arbeiten möchten und für wen. Wenn sich ein Absolvent gegen eine Laufbahn beim Staat entscheidet und für eine Zukunft als Anwalt, stellt sich ihm früher oder später die Frage, in welcher Art Kanzlei er arbeiten möchte. Wenn auch du vor dieser Frage stehst, helfen wir dir jetzt mit einer Pro und Contraliste zu einer Anstellung in einer Großkanzlei!
 

1. Gehalt vs. Arbeitsbelastung

Für die Arbeit in einer Großkanzlei spricht ganz eindeutig das Gehalt. Das Durchschnittsgehalt eines Berufseinsteigers als Anwalt lag 2014 bei ungefähr 55.000 € Brutto in Deutschland. Die Einstiegsgehälter von Großkanzleien und mittelständischen Kanzleien bzw. Kanzleiboutiquen liegen dabei weit auseinander.

Während Berufseinsteiger je nach Qualifikation, Bonuszahlungen und Kanzleiphilosphie in Großkanzleien zwischen 80.000 € und 100.000 € verdienen, bekommen Junganwälte bei mittelständischen und kleinen Kanzleien, bestehend aus 5-20 Anwälten, nur ca. 35.000 € bis 40.000 € im Jahr ausgezahlt. Das Gehalt bei Großkanzleien ist also teilweise mehr als doppelt so hoch.

Doch nicht nur das Gehalt ist bei Großkanzleien enorm, sondern auch die Arbeitsbelastung ist auf einem anderen Niveau. Während in kleineren Kanzleien eine „normale“ 35- bis 45-Stundenwoche die Regel ist, arbeiten Anwälte in Großkanzleien regelmäßig über 60 Wochenstunden und auch Wochenendarbeit ist durchaus üblich. Für alle Nicht-Workaholics unter euch ist dies sicher ein Argument, was gegen eine Anstellung in einer Großkanzlei spricht.

Ein weiterer Pluspunkt für ein Engagement bei einer Großkanzlei ist deren Internationalität.

2. Spezialisierung vs. Rundum-Betreuung

Wer jetzt möglicherweise den Eindruck hat, der Unterschied zwischen kleinen und großen Kanzleien läge nur darin, ob man bereit ist mehr zu arbeiten, um dafür dann mehr Geld zu bekommen, ist jedoch auf dem Holzweg. Das Aufgabengebiet unterscheidet sich nämlich ebenfalls grundlegend.

Während ein Anwalt einer Großkanzlei an sehr großen und umfangreichen Mandaten im Team mitarbeitet und oft auch nur Teilaspekte des Falls zu sehen bekommt, arbeitet ein Anwalt in einer kleineren Kanzlei häufig alleine oder mit wenigen Kollegen an einem Mandat und betreut dieses auch von Anfang bis Ende. Der Anwalt einer mittelständischen Kanzlei muss dabei jedoch nicht so spezialisiert sein, wie ein Anwalt einer Großkanzlei, da mittelständische Kanzleien mehrere Fachbereiche abdecken.

Ob einem der engere Kontakt zum Mandanten und dessen persönliche Betreuung sowie das Verfolgen eines Gesamtmandats mehr liegt oder man lieber der Spezialist ist, der genau an seinem persönlichen Rechtsaspekt an großen und umfangreichen Mandaten mitwirkt, muss jeder für sich selbst entscheiden.
 

3. Weiterbildung vs. Aufstiegschancen

Ein weiterer Punkt, der besonders für viele junge Berufseinsteiger für eine Großkanzlei spricht, sind die vielen internen Weiterbildungsmöglichkeiten der großen Sozietäten. Ob Business- oder Rechtsenglisch, Persönlichkeitsfortbildungen oder Rhetorikworkshops, all dies wird in Großkanzleien regelmäßig angeboten. Zwar bieten auch kleinere Kanzleien ihren Angestellten oft externe Weiterbildungen an, doch ist dies weder in Qualität noch in Quantität mit den Möglichkeiten der Großkanzleien vergleichbar.

Doch wer sich viel fortbildet, der will auch Fortschritt sehen, und dies ist ein Punkt, der für viele gegen die Großkanzlei spricht. Zwar gibt es natürlich auch in Großkanzleien Aufstiegschancen und das große Ziel der Partnerschaft steht immer im Vordergrund, dennoch bleibt festzuhalten, dass es äußerst schwierig ist bei Großkanzleien Partner zu werden.

Wenn nach ca. sechs bis acht Jahren die geplante Zeit um Partner zu werden vorbei ist, gibt es nur wenige, die es tatsächlich geschafft haben. Anders ist das in kleineren Kanzleien, die häufig flachere Hierarchien aufweisen. Gerade durch die frühe eigenständige Mandatsbearbeitung haben junge Anwälte hier früh die Möglichkeit, sich zu profilieren. So ist ein rascher Aufstieg in einer kleineren Kanzlei oft verhältnismäßig leichter für Berufseinsteiger.

4. Internationalität vs. Regionalität

Ein weiterer Pluspunkt für ein Engagement bei einer Großkanzlei ist deren Internationalität. Zum Einen sind die Mandate und Mandanten häufig aus dem Ausland oder haben zumindest einen internationalen Bezug. Zum Anderen haben einige auch internationale Standorte und bieten fast immer die Möglichkeit, zeitweise im Ausland tätig zu sein oder zumindest in länderübergreifender Zusammenarbeit mitzuwirken. All dies ist in einer kleineren Kanzlei leider nur sehr selten bis gar nicht möglich.

Wer also lieber im Team an großen, internationalen Mandaten mitwirken möchte, Wert darauf legt stetig auf höchstem Niveau fortgebildet zu werden, dafür aber auch bereit ist enorme Arbeitsbelastung auf sich zu nehmen und seine Freizeit in den Hintergrund stellen kann, für den kommt sicherlich eine Anstellung in einer Großkanzlei in Betracht.

Wer jedoch mehr Wert darauf legt, früh eigene Mandate zu betreuen, persönlichen Kontakt zu Mandanten zu haben, sich selber möglicherweise eher als Allrounder sieht und bereit ist auf riesige Gehälter zu verzichten, wenn er dafür mehr Freizeit bekommt, der sollte sich lieber nach einer Alternative zur Großkanzlei umsehen.

Hengeler Mueller
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Hengeler Mueller

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