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Veröffentlicht am 29.08.2024

Digitaler Nachlass | Deine Spurensicherung für später

Wie du digitale Konten und Daten für deine Nachkommen sicherst.

Egal ob WhatsApp, Facebook oder Instragram - in der heutigen digitalen Welt hinterlassen Menschen neben physischen Erbstücken zunehmend digitale Spuren, die nach ihrem Tod weiterbestehen. Neben Social Media Profilen sind auch E-Mails, Online-Banking und Streaming-Abos nur einige Beispiele für den digitalen Nachlass, der eine sorgfältige Regelung erfordert. Laut einer Umfrage von Bitkom haben 40 % der Deutschen bereits Vorkehrungen getroffen, um ihre digitalen Hinterlassenschaften zu regeln. Diese Vorsorge ist entscheidend, um Angehörige vor emotionalen und praktischen Belastungen zu schützen und sicherzustellen, dass digitale Vermögenswerte und Profile verantwortungsvoll verwaltet werden​.

Das Bewusstsein für die Notwendigkeit, den digitalen Nachlass zu regeln, wächst, doch viele Menschen sind noch unsicher, wie sie dies konkret umsetzen können. Dies zeigt sich darin, dass 64 % der Internetnutzer:innen in Deutschland angeben, nicht genügend Informationen über die Regelung ihres digitalen Erbes zu haben. Diese Informationslücke zu schließen und praktische Handlungsschritte zu kennen, ist heute also wichtiger denn je.

Was fällt unter digitalen Nachlass?

Der digitale Nachlass umfasst alle digitalen Güter und Daten, die eine Person im Laufe ihres Lebens online oder digital erstellt, erworben oder hinterlassen hat. Dazu gehören neben den oben erwähnten Zugängen auch digitale Abonnements (z.B. für Streamingdienste), Cloud-Speicher, Kryptowährungen, Online-Shopping-Accounts und persönliche Daten auf Geräten wie Computern und Smartphones. Wenig überraschend verfügen die meisten Deutschen heute über eine Vielzahl solcher digitalen Accounts, deren Verwaltung im Todesfall geregelt werden muss​.
 

Unterschied zum traditionellen Erbe

Während traditionelles Erbe aus physischen Vermögenswerten wie Immobilien, Bankkonten und persönlichen Gegenständen besteht, zeichnet sich das digitale Erbe durch seine immaterielle Natur aus. Der wohl wichtigste Unterschied liegt in der Zugänglichkeit: Erben müssen oft spezielle Vorkehrungen treffen, um Zugriff auf digitale Konten und Daten zu erhalten, da viele dieser Informationen durch Passwörter oder Verschlüsselung geschützt sind. Ein weiterer Unterschied ist die rechtliche Komplexität, die dadurch entsteht, dass Verträge mit digitalen Dienstleistern nach deutschem Recht auf die Erben übergehen können, wie der BGH 2018 entschieden hat (s.u.). Dies betrifft insbesondere Kommunikationsdienstleister und Social-Media-Plattformen, bei denen Erben unter bestimmten Bedingungen Zugang zu den Accounts des Verstorbenen erhalten​.

Zusätzlich kann es vorkommen, dass digitale Güter, wie z.B. Inhalte in sozialen Medien, zwar einen emotionalen Wert, jedoch keinen direkten finanziellen Wert haben, was den Umgang damit für die Erben weiter erschwert. Da das digitale Erbe in der Regel nicht physisch greifbar ist, sondern aus Daten und digitalen Identitäten besteht, erfordert es besondere Maßnahmen, um sicherzustellen, dass diese Werte nicht verloren gehen oder in falsche Hände geraten.

Rechtliche Aspekte zur Regelung des digitalen Nachlasses

Kurz gesagt: Digitaler Nachlass geht nach deutschem Recht auf die Erben über. Seit einem wegweisenden Urteil des BGH vom 12. Juli 2018 (Az. III ZR 183/17) ist klargestellt, dass Erben unter anderem auch auf digitale Inhalte und Accounts eines Verstorbenen zugreifen dürfen, ähnlich wie sie physische Gegenstände erben. Das Urteil stellt klar, dass Verträge mit digitalen Dienstleistern auf die Erben übergehen, sofern keine gegenteilige Regelung besteht. Dies betrifft insbesondere Konten in sozialen Netzwerken und andere digitale Vermögenswerte.

Folgen fehlender Regelungen

Wenn der digitale Nachlass nicht geregelt ist, können also erhebliche Probleme für die Hinterbliebenen entstehen. Ohne klare Anweisungen oder Zugangsdaten können Erben möglicherweise nicht auf wichtige digitale Konten zugreifen. Dies kann dazu führen, dass laufende Abonnements oder kostenpflichtige Dienste weiterlaufen, ohne dass die dabei entstehenden Kosten verhindert bzw. gestoppt werden können. Darüber hinaus könnte es schwierig sein, auf wertvolle oder sensible Informationen zuzugreifen, die für die Abwicklung des Erbes notwendig sind.

Ein weiteres Problem ist, dass ungesicherte digitale Daten, wie z.B. persönliche Dokumente, Fotos oder E-Mails, für immer verloren gehen können. Laut Bitkom haben nur 22 % der Deutschen ihr digitales Erbe testamentarisch geregelt, was bedeutet, dass ein Großteil der Bevölkerung möglicherweise unvorbereitet ist – dies kann zu erheblichen Herausforderungen für die Erben führen.

Ohne Vorsorge besteht auch das Risiko, dass Social Media Profile oder andere digitale Identitäten nach dem Tod des Inhabers weiterhin online bestehen und möglicherweise missbraucht werden. Etwa 28 % der Deutschen möchten, dass ihre Profile nach dem Tod bestehen bleiben, was die Wichtigkeit unterstreicht, auch solche Wünsche klar festzuhalten und zu kommunizieren​.

Zahlen und Fakten aus einer Bitcom Umfrage zum Thema "Digitaler Nachlass" in Deutschland.
 

  1. Regelung des digitalen Nachlasses: 40 % der Deutschen haben ihren digitalen Nachlass bereits teilweise oder vollständig geregelt. Dabei haben 68 % derjenigen, die Vorsorge getroffen haben, ihre Zugangsdaten zu PINs und Geräten dokumentiert.

  2. Nachlassplanung: Nur 22 % der Befragten haben ihr digitales Erbe testamentarisch geregelt. 4 % nutzen kommerzielle Plattformen oder Apps für die Nachlassplanung.

  3. Bewusstsein und Unklarheiten: 64 % der Internetnutzer gaben an, dass ihnen Informationen darüber fehlen, wie sie ihr digitales Erbe regeln können.

Diese Daten verdeutlichen, dass das Bewusstsein für den digitalen Nachlass wächst, es jedoch weiterhin Informationsdefizite und Handlungsbedarf gibt​.

Checkliste für den digitalen Nachlass - Wichtige Schritte und Überlegungen

Wie so oft bei Nachlassfragen mag vieles für die meisten noch in weiter Ferne liegen. Es ist dennoch ratsam, lieber früher als später sicherzustellen, dass digitale Vermögenswerte und Konten nach dem Tod gemäß den eigenen Wünschen verwaltet werden. Eine gut strukturierte Checkliste hilft dir, alle relevanten Aspekte zu berücksichtigen und klare Anweisungen für deine Erben zu hinterlassen. Beginne mit einer Bestandsaufnahme aller deiner digitalen Konten, Dienste und Assets. Überlege dir, wer Zugang zu diesen haben sollte und welche Informationen dafür notwendig sind.
 

Digitales Erbe Checkliste: Detaillierte Auflistung der zu regelnden Aspekte
 

  1. Bestandsaufnahme der digitalen Konten und Dienste

    • E-Mail-Konten (z.B. Gmail, Outlook)
    • Social Media Profile (z.B. Facebook, Instagram, Twitter)
    • Online-Banking und Finanzkonten (z.B. PayPal, Kryptowährungen)
    • Cloud-Speicher (z.B. Google Drive, Dropbox)
    • Streaming-Abos (z.B. Netflix, Spotify)
    • Online-Shopping-Accounts (z.B. Amazon, eBay)
    • Online-Dokumentenspeicher und Datenbanken
    • Mobile Apps mit sensiblen Informationen
       
  2. Zugangsdaten dokumentieren

    • Sammle alle Benutzernamen, Passwörter und Sicherheitsfragen.
    • Lege fest, wo diese Informationen sicher gespeichert werden, z.B. in einem Passwort-Manager oder einem verschlossenen physischen Speicherort.
    • Überlege, ob du einen speziellen Nachlasskontakt bei den Diensten hinterlegst (z.B. bei Facebook oder Apple).
       
  3. Verwalter für den digitalen Nachlass bestimmen

    • Bestimme eine oder mehrere vertrauenswürdige Personen, die nach deinem Tod den Zugang zu deinen digitalen Konten erhalten sollen.
    • Informiere diese Person(en) über die Existenz der Checkliste und den Speicherort der Zugangsdaten.
       
  4. Rechtliche Regelungen treffen

    • Ziehe in Betracht, deine digitalen Vermögenswerte im Testament oder einer separaten Vorsorgevollmacht zu regeln.
    • Nutze notarielle Beglaubigung, wenn erforderlich, um sicherzustellen, dass deine Wünsche rechtlich durchgesetzt werden können.
       
  5. Spezifische Anweisungen für bestimmte Konten

    • Definiere, welche Konten gelöscht, archiviert oder weitergeführt werden sollen.
    • Gib Anweisungen für den Umgang mit Fotos, Dokumenten oder Social Media Inhalten.
    • Erwäge, kommerzielle Dienste oder Apps zu nutzen, die sich auf die Verwaltung des digitalen Nachlasses spezialisiert haben.
       
  6. Regelmäßige Aktualisierung

    • Überprüfe und aktualisiere deine digitale Nachlass-Checkliste regelmäßig, insbesondere wenn du neue Konten eröffnest oder Passwörter änderst.
       

Einige dieser Schritte mögen umständlich oder langwierig klingen, durch die sorgfältige Planung und Dokumentation deines digitalen Nachlasses stellst du aber sicher, dass deine Erben nicht vor unnötigen Herausforderungen stehen und deine digitalen Güter gemäß deinen Wünschen behandelt werden.

Digitaler Nachlass bei Apple & Co.

Für Apple-Nutzer bietet das Unternehmen spezielle Funktionen zur Verwaltung des digitalen Nachlasses. Eine zentrale Rolle spielt die "Nachlasskontakt"-Funktion in der Apple-ID-Verwaltung. Mit dieser Funktion kannst du eine oder mehrere Personen bestimmen, die nach deinem Tod Zugriff auf deine Apple-Konten und -Daten erhalten sollen. Dies umfasst den Zugang zu Fotos, Nachrichten, Notizen und anderen wichtigen Daten, die in der iCloud gespeichert sind.

Um einen Nachlasskontakt einzurichten, musst du in den iCloud-Einstellungen deiner Apple-ID die entsprechende Person hinzufügen. Diese Person erhält nach deinem Tod einen speziellen Zugangscode, mit dem sie auf deine Daten zugreifen kann. Es ist wichtig, diesen Kontakt sorgfältig auszuwählen und sicherzustellen, dass die Person weiß, wie sie den Zugangscode verwenden kann.
 

Spezifische Anweisungen für andere Plattformen
 

  • Facebook: Facebook bietet die Möglichkeit, einen Nachlasskontakt zu bestimmen, der dein Konto nach deinem Tod verwaltet. Dieser Kontakt kann Beiträge verfassen, deine Freunde benachrichtigen und dein Profil in einen Gedenkzustand versetzen. Alternativ kannst du festlegen, dass dein Konto nach deinem Tod gelöscht wird.​​​​​​​
  • Google: Google ermöglicht es dir, über den "Kontoinaktivität-Manager" festzulegen, was mit deinem Konto passiert, wenn es für eine bestimmte Zeit inaktiv ist. Du kannst festlegen, dass bestimmte Personen benachrichtigt werden und Zugang zu deinen Daten erhalten. Außerdem kannst du auswählen, ob dein Konto gelöscht oder inaktiv bleiben soll.

Diese Funktionen sind wichtige Werkzeuge, um sicherzustellen, dass deine digitalen Vermögenswerte und Profile gemäß deinen Wünschen verwaltet werden. Es ist ratsam, diese Einstellungen regelmäßig zu überprüfen und anzupassen, um sicherzustellen, dass sie aktuell sind und deinen Vorstellungen entsprechen.

Auch wenn es vielleicht noch einige Jahre dauern wird - spätestens mit der Pensionierung der Digital Natives wird jede Altersgruppe in Deutschland über eine Vielzahl an Online Accounts und digitalen Zugängen verfügen.

Die Anhäufung digitaler Vermögenswerte hat auf absehbare Zeit kein Ende. Die rechtlichen und organisatorischen Herausforderungen, die damit einhergehen, werden es notwendig machen, dass sowohl Nutzer als auch Plattformen klare Regelungen treffen. Hierbei werden auch Informationsangebote und Beratungsdienste, wie die der Verbraucherzentrale, eine zentrale Rolle spielen, um den Übergang in die digitale Nachlassplanung zu erleichtern.

Weiterführende Literatur
 

  • Verbraucherzentrale: Detaillierte Informationen und Checklisten zum digitalen Nachlass findest du auf der Webseite der Verbraucherzentrale. Hier werden auch Beratungsangebote bereitgestellt. Verbraucherzentrale - Digitaler Nachlass.
     
  • Bitkom: Der Branchenverband Bitkom bietet aktuelle Studien und Veröffentlichungen zum Thema digitaler Nachlass, darunter Umfragen und rechtliche Einschätzungen. Bitkom - Digitaler Nachlass.
     
  • Bundesministerium der Justiz: Hier findest du rechtliche Informationen zu Testamenten und Erbrecht, die auch den digitalen Nachlass betreffen können. BMJ - Erbrecht.