Herr Dr. Lappe, Sie sind im Bereich der Restrukturierungen, Insolvenzen sowie (Ver-)Käufen notleidender Unternehmen tätig. Hatten Sie bereits in Ihrem Jurastudium Kontakt mit diesem Tätigkeitsschwerpunkt?
Nicht unmittelbar. Ich habe zwar im Schwerpunkt Unternehmensrecht gewählt und Insolvenzrecht gehört, aber die Verknüpfung dieser Rechtsgebiete zu der „Querschnittsrechtsmaterie“ finanzielle Restrukturierung, die mich nun täglich beschäftigt, konnte an der Uni noch nicht stattfinden.
Nichtsdestoweniger brauche ich alltägliches Wissen aus dem Studium, was sich nicht nur auf das Wissen aus dem Schwerpunktbereich beschränkt: IPR, Kreditsicherungsrecht, ZPO. Dabei werden alle diese Rechtsbereiche hier vor allem „wirtschaftlich“ gedacht, sprich: "Was ist der beste Weg zum kommerziellen Ziel des Mandanten?". Das war mir im Studium so schlicht noch fremd.
Sie waren bereits von 2018 bis 2021 bei Kirkland & Ellis tätig. Wie hat sich Ihr Berufseinstieg als Anwalt – insbesondere der Übergang vom Referendar zum Berufsträger – gestaltet?
Der spürbare Unterschied für mich war die selbst geführte Kommunikation direkt mit dem Mandanten. Bei Kirkland treten auch Berufsanfänger:innen bereits nach den ersten Monaten nach außen auf und verschicken beispielsweise ihre eigenständig entworfenen E-Mails und Dokumente (nach Durchsicht der erfahreneren Kolleg:innen) selbst. Dann passiert es gelegentlich, dass der/die Empfänger:in der E-Mail direkt anruft, um weitere Fragen zu klären.
Und schon muss man als junge:r Anwalt:in die Fragen richtig aufnehmen, kommunizieren und die Beantwortung mit dem Team koordinieren (und ggf. dann auch wieder ein:e Referendar:in einbinden). Das musste ich erstmal lernen und dabei vor allem auch die Souveränität entwickeln, zu sagen, „Das schauen wir uns an, wir melden uns.“
Welche Herausforderungen sind Ihnen in den ersten Wochen in Ihrem Fachbereich und dem Büroalltag begegnet?
In meinen ersten Wochen musste ich mich an die Schnelligkeit des Arbeitsalltags gewöhnen. Restrukturierung ist ein hochdynamisches Umfeld, in dem oft die Liquidität im Unternehmen und die Fälligkeiten der Finanzierungen die Timeline diktieren. Das erfordert mitunter sehr schnelles Handeln. Auf einem meiner ersten Mandate wurde binnen einer Woche eine Notfallfinanzierung im zweistelligen Millionenbereich verhandelt und dokumentiert. Das erfordert natürlich, dass das gesamte Team schnell analysiert und agiert – viel schneller als ich es mir vor dem Berufseinstieg vorstellen konnte.