Wie schafft man es in das höchste Amt als Richter?

Verfasst von Finn Holzky

„Entschuldigung, wo geht es hier nach ganz oben?“

Werdegänge der höchsten deutschen Richter...

Das Richteramt hat einen hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft. Nicht umsonst stehen alle auf, wenn ein Richter den Gerichtssaal betritt. Die richterliche Robe verleiht Würde und Autorität und ist zugleich auch ein Nachweis für Verzicht. Denn wer Richter geworden ist, der hätte auch die nötigen Noten für einen wirtschaftlich lukrativeren Job in der freien Wirtschaft gehabt. Der Weg ins Richteramt in Deutschland ist, entsprechende Noten vorausgesetzt, kein besonders komplizierter, schließlich herrscht großer Bedarf an qualifizierten Bewerbern. Doch wie schafft man es dann auch auf der Karriereleiter der Richter nach ganz oben?

Abgesehen von zwei Prädikatsexamina, einem überzeugenden Lebenslauf und entsprechender Kontakte sowie einer unangefochtenen Integrität gibt es keine Mindestvoraussetzungen, die ein ambitionierter Jurist mitbringen muss, um es nach ganz oben zu schaffen.

Genauer gesagt, muss er nicht einmal ein Richter sein, bevor es nach ganz oben gehen kann.

Da es keinen Masterplan bis an die Spitze der Justiz gibt, stellen wir euch den Werdegang einiger der höchsten deutschen Richter exemplarisch dar.

Andreas Voßkuhle:

Präsident des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe und damit höchster deutscher Richter
 

  • 1983 - 1989    
    Jurastudium an den Universitäten München und Bayreuth mit Abschluss 1. Staatsexamen
     
  • 1992        
    ​Promotion an der LMU München
     
  • 1993        
    2. Staatsexamen
     
  • 1992 - 1994    
    Wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für öffentliches Recht an der Universität Augsburg
     
  • 1995 
    Referent im Bayerischen Innenministerium
     
  • 1998
    Habilitation an der Universität Augsburg
     
  • 1999
    Ernennung zum Universitätsprofessor an der Universität Freiburg
     
  • 2000 – 2007
    Aufstieg vom Universitätsprofessor zum Studiendekan, zum Dekan und schließlich zum Rektor der Universität Freiburg
     
  • 2008
    Ernennung zum Bundesverfassungsrichter und Vorsitzenden des 2. Senats, was zugleich die Ernennung zum Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts bedeutet
     
  • März 2010
    Ernennung zum Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts

 

Andreas Voßkuhle ist der Senkrechtstarter schlechthin unter den höchsten Richtern Deutschlands. Mit 46 Jahren zum Zeitpunkt seiner Ernennung als Präsident des Bundesverfassungsgerichts ist Voßkuhle der bisher jüngste Präsident aller Zeiten.

Das Mindestalter um überhaupt Verfassungsrichter sein zu können, beträgt 40 Jahre. Auffällig ist dabei, dass er weder vorher jemals ein Richteramt bekleidet hat, noch Mitglied in einer Partei ist, obwohl SPD und Union abwechselnd die Spitze des Bundesverfassungsgerichts besetzen.

Voßkuhle der sich nach eigenen Angaben „der Sozialdemokratie nahe fühlt“ war jedenfalls von der SPD vorgeschlagen worden.

Das Mindestalter um überhaupt Verfassungsrichter sein zu können, beträgt 40 Jahre.

Wie werden Bundesverfassungsrichter:innen gewählt?

Thomas von Danwitz:        

Deutscher Richter am Europäischen Gerichtshof in Luxemburg

 

  • 1981 – 1986    
    Studium der Politik- und Rechtswissenschaft und Neuere Geschichte an den Universitäten Bonn und Genf
     
  • 1986         
    1. Staatsexamen
     
  • 1988        
    Promotion an der Universität Bonn                                        
     
  • 1989 – 1990     
    Diplôme International d’Administration Publique an der französischen Eliteverwaltungshochschule ENA in Paris mit Aufenthalt am Gerichtshof der EG in Luxemburg
     
  • 1992        
    2. Staatsexamen        
     
  • 1996        
    Habilitation an der Universität Bonn, Ernennung zum Universitätsprofessor an der Universität Bochum
     
  • 1998 – 2002    
    Direktor verschiedener Institute der Universität Bochum; Gastprofessor in den USA an der Fletcher School of Law and Diplomacy; Dekan der juristischen Fakultät der Universität Bochum
     
  • 2003        
    Thomas von Danwitz folgt einem Ruf an die Universität zu Köln, nachdem er 2002 einen Ruf an die LMU München abgelehnt hatte
     
  • Oktober 2006    
    Ernennung zum Richter am EuGH in Luxemburg

                                                  

Auch Thomas von Danwitz ging seinen Weg an die Spitze der Justiz nicht über den Karriereweg als Richter, sondern ging den akademischen Werdegang über Promotion und Habilitation an der Universität.

Darüber hinaus ist von Danwitz für seinen Einsatz für die deutsch – französischen Beziehungen mit dem Nationalen Verdienstorden Frankreichs ausgezeichnet worden. Er ist zudem seit 2010 Ehrendoktor der Universität François Rabelais de Tours.

In einem Interview mit LTO gab er an, dass neben den juristischen und diplomatischen Fähigkeiten insbesondere das perfekte Beherrschen der französischen Sprache eine Grundvoraussetzung für eine Stelle am Europäischen Gerichtshof sei, da alle Vorgänge hier auf Französisch stattfänden.

Um überhaupt in diese Position zu kommen, muss ein Bewerber zunächst auf nationaler Ebene vorgeschlagen werden, da jedes Land nur einen Richter an den EuGH abstellen darf und dieser muss dann, wenn er auf nationaler Ebene auch bestätigt wurde, noch von einem europäischen Richterausschuss akzeptiert werden.

Bettina Limperg:    

Präsidentin des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe und erste Präsidentin des Bundesgerichtshofs überhaupt

 

  • 1979-1984   
    Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten Freiburg und Tübingen
     
  • 1984
    1. Staatsexamen  
     
  • 1985 - 1988
    Rechtsreferendarin im Bezirk des Oberlandesgerichts Karlsruhe
     
  • 1988
    2. Staatsexamen
     
  • 1992
    Ernennung zur Richterin am Landgericht
     
  • 1994 - 1995
    Wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Bundesverfassungsgericht
     
  • 2001 – 2004    
    Richterin am Oberlandesgericht Stuttgart
     
  • 2004 – 2009    
    Direktorin des Amtsgerichts Waiblingen
     
  • 2009 – 2011    
    Vizepräsidentin des Landgerichts Stuttgart  
       
  • 2011 – 2014     
    Amtschefin des Justizministeriums Baden-Württemberg (Ministerialdirektorin) und ständige Vertreterin des Ministers
     
  • 1. Juli 2014     
    Präsidentin des Bundesgerichtshofs
Anders als die beiden männlichen Protagonisten an der Spitze der Justiz hat Bettina Limperg ihren Weg über die Gerichte selbst gewählt.

Anders als die beiden männlichen Protagonisten an der Spitze der Justiz hat Bettina Limperg ihren Weg über die Gerichte selbst gewählt. Die erste Präsidentin des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe ist in allen Instanzen unserer Gerichtsbarkeit tätig gewesen und hat sogar als wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Bundesverfassungsgericht gearbeitet.

Dieser Karriereweg zeigt wieder einmal, wie wertvoll ein roter Faden im gesamten Lebenslauf sein kann. Lediglich 30 Jahre nach Ablegen des 1. Staatsexamens konnte Limperg bereits vom Olymp der deutschen Justiz auf einen raketenhaften Verlauf ihrer Karriere zurückblicken.
 

Die Wege, wie man es nach ganz oben schafft, könnten also unterschiedlicher nicht sein. Das zeigt wieder einmal, dass es nicht den einen Plan gibt, sondern viele Wege nach oben führen. Grundvoraussetzung sind natürlich gute Noten und vor allem viel Engagement und ein steter Drang nach oben!

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