Als Rechtsreferendar war Ich aber nicht nur einer festen Aufgabe zugeteilt, sondern bin darüber hinaus in allen Abteilungen der Botschaft eingesetzt worden. Dabei hat es mich besonders beeindruckt, wie sehr die Botschaft in Teheran ihre Referendare und Referendarinnen als Rechtskundige einsetzt und wir zu den unterschiedlichsten Rechtsfragen recherchiert haben. Da die Botschaft keine eigene Rechtsabteilung besitzt, ist meine Arbeit von einer gewissen juristischen Intensität geprägt gewesen und gewährte mir einige Einblicke in das iranische Familien- und Erbrecht, aber auch in das iranische Strafrecht, dass – Stichwort Menschenrecht – einige teilweise bizarre Regelungen enthält.
Obwohl die Botschaft keine eigene Rechtsabteilung hat, sind dort einige Juristen und Juristinnen im höheren Dienst beschäftigt, wobei sie als Leiter bzw. Leiterin der Wirtschafts-, Politik- oder Kulturabteilungen ausschließlich mit nicht-juristischer Arbeit betraut sind. Auch, wenn es allgemein heißt, dass ein rechtswissenschaftlicher Hintergrund für eine Karriere im höheren Dienst bei dem Auswärtigen Amt keine Vorteile mit sich bringt, ist der Anteil der Juristen und Juristinnen doch auffallend hoch.
Tatsächlich unabdingbar sind hingegen die Sprachkenntnisse: Selbst als Referendar habe ich (teilweise auch als einziger Repräsentant der Botschaft) an verschiedenen externen Veranstaltungen teilgenommen, auf denen ich ohne verhandlungssichere Englischkenntnisse aufgeschmissen gewesen wäre.
Die allgemeine Stimmung während meiner Zeit im Iran empfand ich sowohl auf den Straßen Teherans als auch innerhalb der Botschaft – bedingt durch die politische Situation – merkbar angespannt. Mit den drei Monaten im Sommer 2019 habe ich allerdings auch eine äußerst intensive Phase des USA-Iran Konfliktes erlebt, der seinen Höhepunkt im angeblichen Rückruf Trumps eines amerikanischen Luftangriffes 10 Minuten vor Abschuss erlebte.
Bemerkenswert war jedoch, dass der Teil der iranischen Bevölkerung, mit dem ich jeden Tag im Kontakt stand, so gut wie gar nicht von einem anstehenden Krieg mit den USA sprach, sondern hauptsächlich davon, wie stark er wirtschaftlich unter den Sanktionen leidet. Bemerkbar war dies beispielsweise bei Taxifahrern, die seit den Sanktionen Tag und Nacht gearbeitet haben, um genügend Geld zu verdienen. Hass oder Ablehnung gegenüber den westlichen Staaten habe ich dennoch nicht wahrgenommen. Im Gegenteil: Viele Bewohner und Bewohnerinnen des Irans sind darum bemüht, Fremden ein besseres Bild ihres Landes und der iranischen Gesellschaft mittels ihrer Gastfreundlichkeit zu vermitteln.
Dennoch stand der Elefant – beziehungsweise die Möglichkeit eines bevorstehenden Krieges – im Raum, wobei über dieses Szenario vorwiegend in privaten Gesprächen innerhalb der Botschaft gesprochen wurde. Zudem gab es dort auch einen Zugang zu westlichen Medien, die über die Geschehnisse natürlich anders, mitunter polemisch, als die iranische Seite berichtet haben.
Als Referendar im AA habe ich zudem das Privileg genossen, an der zweimal wöchentlich stattfindenden Referentenrunde der Botschaft teilnehmen zu können, und somit ganz nah am diplomatischen Austausch zwischen dem Iran und Deutschland zu sein. An der Referentenrunde der Botschaft nehmen nur Angehörige des höheren Dienstes, sprich die Abteilungsleiter sowie der Botschafter und sein Vize teil. Da die Teilnehmer der Runde in der Zeit vermehrt als Vermittler zwischen iranischer Regierung und dem deutschen Außenministerium arbeiteten, habe ich den aktuellen Stand der Dinge stets ungefiltert und aus erster Hand erfahren. Höhepunkt aus deutscher Sicht war der Besuch des Außenministers Heiko Maas, der für Verhandlungen über das Weiterbestehen des Atomabkommens nach Teheran gereist ist. Während seines Aufenthalts durfte ich gemeinsam mit anderen Mitarbeitern der Botschaft die mitgereiste Journalistendelegation betreuen.