Fieldfisher ESG

Veröffentlicht am 13.06.2024

ESG: Herausforderungen in Chancen umwandeln

Dîlan Sina Balhan von Fieldfisher im Interview

Fieldfisher ist eine internationale Wirtschaftskanzlei mit mehr als 1.700 Kolleg:innen an 22 Standorten in Europa, China und den USA. In Deutschland zählt die Kanzlei inzwischen rund 250 anwaltliche und nicht-anwaltliche Mitarbeiter:innen, die nationale und internationale Mandate, oft an der Schnittstelle zu neuen Technologien und Innovation, betreuuen. Neben "People first" und "Collaboration" ist das Thema ESG fest in dem Unternehmenswerten verankert. 

Seit Februar 2024 betreut Dîlan Sina Balhan als ESG Executive vor allem die Bereiche Diversity, Equity und Inclusion. Dabei kümmert sie sich nicht nur um Konzepte und Richtlinien, sondern präsentiert das Thema und das Engagement in diesem Bereich auch nach außen innerhalb der Rechtsbranche und Studierenden und potenziellen Berufseinsteiger:innen.
 

Dîlan, du bist seit Februar 2024 ESG Executive bei Fieldfisher. Wie würdest du deine Position in einem Elevator Pitch beschreiben? Was bedeutet ESG für dich?

Der Fokus meiner Position liegt auf den Themen Diversity, Equity und Inclusion. Aus meiner Studien- und Referendariatszeit habe ich mitgenommen, dass Repräsentation alleine nichts verändert, aber eine erhebliche Motivation sein kann. Mir haben konkrete Vorbilder gefehlt.

Ich wünsche mir, dass die juristische Branche sichtbar diverser wird: Menschen mit Migrationsgeschichte, Menschen aus nichtakademischen Familien, Menschen, die mit Behinderungen leben und queere Lebensrealitäten werden gesamtgesellschaftlich glücklicherweise immer mehr gesehen, in der Liga der großen Wirtschaftskanzleien und im Staatsdienst sind diese Realitäten aber noch gering abgebildet.

Fieldfisher hat erkannt, dass diverse Perspektiven von enormer Bedeutung sind und zu besseren Arbeitsergebnissen führen. Durch gezielte Netzwerke und Workshops, dem Optimieren von Prozessen, wie dem Recruiting und der Priorisierung von ESG-Expertise in unserem Mandatsgeschäft, stellen wir uns der Verantwortung, die wir übernehmen müssen.

Wie bist du zu Fieldfisher und zu dieser Position gekommen? Ist die ESG-Beratung noch „Neuland” für dich? 

Nachdem ich im Sommer 2023 bereits als Wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Fieldfisher im Tech & Data-Team tätig war, habe ich mich sehr über die Möglichkeit gefreut, als ESG Executive wieder zurück an Bord zu kommen. Mein damaliges Team hat großes Interesse für meine Tätigkeit als freie Bildungsreferentin gezeigt und mich spüren lassen, dass die Kombination aus diesen Themen zusammen mit Jura erhebliche Bedeutung hat.

Als Volljuristin mit einem Hintergrund in Bildungsarbeit mit den Schwerpunkten Diskriminierungssensibilität und Anti-Rassismus freue ich mich darüber, an zukunftsweisenden Projekten mitzuarbeiten und das Thema ESG weiter in unseren Unternehmensfokus zu rücken. Ich habe hier die Möglichkeit gefunden, mein gesellschaftliches Engagement mit meiner juristischen Profession zu verbinden und bin glücklich, dass Fieldfisher mir diese Rolle geschaffen hat.

Das Engagement von Wirtschaftskanzleien im Bereich von ESG rückt aber mittlerweile immer deutlicher auch in Deutschland in den Vordergrund. Dabei geht es nicht nur um ESG-orientierte Beratung von Mandant:innen, sondern eben auch darum, dass die Kanzleien sich diesen Fragen auch aus der Corporate Social Responsibility-Perspektive stellen. Ich bin schon länger der Meinung, dass Wirtschaftskanzleien durch ihre Tätigkeit in der Rechtsbranche erheblich zu einem verantwortungsvolleren Umgang mit Ressourcen beitragen sollten.
 

Was sind die großen Herausforderungen, mit denen Unternehmen durch den dynamischen ESG-Bereich konfrontiert sind?

Langfristige ESG-Strategien umzusetzen erfordert, sich selbst in die Pflicht zu nehmen. Veränderung und Wachstum sind nicht selten mit Spannung verbunden, es gilt dabei das nötige Fingerspitzengefühl zu beweisen, um auch Skeptiker:innen von bestimmten Zielen zu überzeugen. Der ESG-Bereich erfordert Flexibilität und Zukunftsvision, um am Puls der Zeit zu bleiben. Bequem ist das nicht immer unbedingt, wenn wir unsere Routinen zugunsten von Nachhaltigkeit verändern müssen oder beispielsweise anerkennen, dass es durchaus genderspezifische Karriereherausforderungen für Frauen gibt und diese von Unternehmen proaktiv angegangen werden müssen.
 

Dein Fokus liegt auf Diversity, Equity und Inclusion. Alles noch Fremdwörter auf dem juristischen Arbeitsmarkt oder mittlerweile schon gelebte Realität – was meinst du?

Oftmals noch Fremdwörter. Gleichzeitig fällt mir natürlich auf, dass die Studierendenschaft (zum Glück!) seit meinem Studienstart deutlich diverser geworden ist. Themen wie Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion dürfen nicht lediglich als Marketingtool eingesetzt werden, denn junge Berufseinsteiger:innen fragen immer mehr danach, wie authentisch potenzielle Arbeitgeber:innen sich diesen wichtigen Bereichen annehmen. Wenn ich den Eindruck gehabt hätte, dass meine Position lediglich performative und keine ideellen Hintergründe hat, dann hätte ich sie definitiv nicht angetreten.

Durch gezielte Netzwerke und Workshops, dem Optimieren von Prozessen, wie dem Recruiting und der Priorisierung von ESG-Expertise in unserem Mandatsgeschäft, stellen wir uns der Verantwortung, die wir übernehmen müssen.
Dîlan Sina Balhan

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Was möchte Fieldfisher in der Kanzlei selbst in Bezug auf ESG verändern? Gibt es aktuelle Projekte, die du mit besonders viel Herzblut vorantreibst?

Fieldfisher hat ESG als einen von drei zentralen globalen Kernwerten des Unternehmens ganz oben auf die Agenda gesetzt. Wir erkennen durch Analysen des Markts und Feedback von unseren Mandant:innen und Arbeitnehmer:innen, wo wir schon gut unterwegs sind und wo wir noch Potenzial für Verbesserung und Wachstum haben.

Beispielsweise haben wir einen höheren Anteil an Frauen unter den Associates und bemühen uns erheblich darum, unseren CO2-Fußabdruck zu minimalisieren, indem wir beispielsweise CO2 starke Lieferant:innen in unserer internationalen Lieferkette identifizieren und mit ihnen zusammenarbeiten, um Reduktionsstrategien zu entwickeln. 

Ich habe im März 2024 unser erstes "Women@Work"-Event ins Leben gerufen, weil ich finde, dass Unterstützung und Austausch unter Frauen Berge versetzen kann. Das Netzwerk bietet allen juristischen und nicht-juristischen Mitarbeiterinnen die Möglichkeit, sich zu genderspezifischen Themen auszutauschen, Kontakte auszubauen und zu vertiefen sowie vom Erfahrungswert der Kolleginnen und externen Speakerinnen für die persönliche Weiterentwicklung zu profitieren.

Zudem liegen mir die Themen soziale Herkunft und Bildungsaufstieg enorm am Herzen. Hier engagieren wir uns in Kooperation mit unterschiedlichen Partner:innen für mehr Sichtbarkeit von in der juristischen Branche unterrepräsentierten Gruppen und möchten Studierende und Berufseinsteiger:innen empowern.

Gemeinsam mit Chancenwerk e.V. investieren wir zudem in gleiche Bildungschancen für Kinder und Jugendliche, weil wir davon überzeugt sind, dass die Weichen für die Zukunft schon früh gestellt werden.

Menschen mit Migrationsgeschichte in der Familie machen in Deutschland im Rahmen der juristischen Ausbildung häufig spezielle Erfahrungen. Der Austausch mit und die Unterstützung von Netzwerken wie dem Netzwerk multikultureller Jurist:innen e.V. bringen wertvolle Perspektiven zusammen und erweitern unseren Horizont enorm.
 

Wie ist das Feedback von deinen Kolleg:innen bei Fieldfisher bisher ausgefallen? 

Meine Kolleg:innen haben äußerst positiv auf mich und meine Stelle reagiert. Gerade jüngere Anwält:innen finden meine Rolle zwischen Juristin sein und sich gleichzeitig für soziale und gesellschaftlich relevante Themen zu engagieren spannend. Unser Team zeichnet sich nach meinem Empfinden durch eine enorme Offenheit aus. Da spielt die Bereitschaft, sich ESG-Themen nicht nur mandatsorientiert anzuschauen, eine große Rolle. Aus dieser Perspektive entstand eben auch die Idee, meine Position neu zu schaffen. Ich habe den Eindruck Fieldfisher ist viel daran gelegen, dass Mitarbeitende sich wohl und gesehen fühlen und individuelle Stärken entsprechend gefördert werden.
 

Du selbst bist Volljuristin – eine notwendige Qualifikation, um ESG Executive zu werden? 

Durchaus keine Notwendigkeit, aber sicherlich ein hilfreiches Feature, wenn man diese Bereiche in einer Kanzlei angehen möchte. Ich kenne die Perspektive als Studentin, Referendarin, Wissenschaftliche Mitarbeitern und jetzt auch als Berufseinsteigerin. Ich kann unsere Branche ganz gut einschätzen und vielleicht deshalb auch die richtigen Worte finden, um eine manchmal auch konservativere Berufsgruppe von "moderneren" Themen zu überzeugen.

Welche persönlichen Eigenschaften bzw. Soft Skills sollten zukünftige ESG Executives oder Manager:innen mitbringen?

Ein aufrichtiges Interesse an einer nachhaltigen Veränderung im rechtlichen Sektor, Lust auf vielfältige und bunte Themen, Affinität für Auseinandersetzung mit Rassismus, Sexismus, Inklusion und gesellschaftlicher Teilhabe. Sicherlich schaden Durchsetzungsvermögen, Gestaltungswille, Empathie, Begeisterungsfähigkeit, Motivation und eine Hands-on-Mentalität auch nicht, aber vor allem ist es die Authentizität, von der diese Stelle lebt.
 

Was würdest du dir allgemein für die Kanzleiwelt hinsichtlich ESG wünschen?

Ich wünsche mir für unsere Branche, dass Themen wie ESG nicht als nerviges und gesetzlich vorgegebenes Muss, sondern als notwendiger und wichtiger Teil der Unternehmenskultur angesehen werden, gerade weil es um unser Zusammenleben und unsere Zukunft geht. Und: In der Auswahl von Nachwuchstalenten spielen die Noten noch immer eine wichtige Rolle.

Gleichzeitig denke ich aber, dass es im Sinne unserer Branche ist, den Fokus auf die Menschen hinter den Formalvoraussetzungen zu setzen: Was macht seine Persönlichkeit aus? Wurde auch mal über den juristischen Tellerrand geschaut, z.B. durch ehrenamtliches Engagement, gab es pflegebedürftige Angehörige, um die sich neben dem anspruchsvollen Studium gekümmert wurde? Musste aufgrund der finanziellen Lage in der Examensvorbereitung gejobbt werden, obwohl eigentlich jede Minute ins Lernen hätte gehen müssen? Welche (vielleicht auch noch unterrepräsentierte) neue Perspektive bringen Talente mit?

Die Voraussetzungen sind nicht für alle gleich, das macht was mit Menschen und kann für eine Kanzlei einen erheblichen Unterschied machen.
 

Dein Fazit?

Jura und gesellschaftlich relevante Themen in meinem Beruf zu vereinen, war seit Studienbeginn mein Traum. Jetzt bin ich wirklich in einer Position angekommen, in der ich Veränderungen anstreben und umsetzen kann, weil ich daran geglaubt habe, mich nicht habe von meinem Weg abbringen lassen und Fieldfisher das unterstützt. Gleichzeitig könnten mein Werdegang und meine Rolle junge Menschen, die eine ähnliche Geschichte haben wie ich, inspirieren, ihren Weg in die juristische Karriere zu gehen, auch wenn er vielleicht eher unkonventioneller ist. Das Feedback erreicht mich bereits nach so kurzer Zeit in meiner Position und das macht mich ziemlich glücklich!
 

Vielen Dank, Dîlan!


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