Die in den §§ 102 ff. StPO geregelte Hausdurchsuchung spielt in der Strafprozessvorlesung in aller Regel eine untergeordnete Rolle. Mit Blick auf die Gewichtung im Examen setzen viele Studenten bei der StPO ohnehin auf Lücke. Im juristischen Vorbereitungsdienst, also im Referendariat, kann die Anordnung einer Hausdurchsuchung durchaus in der Strafrechtsstation bei der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht vorkommen. Dies bleibt jedoch auch dort regelmäßig eher eine Seltenheit. Anders sieht es allenfalls in der Anwaltsstation aus, wenn als Ausbilder ein Strafverteidiger gewählt wird.
Naturgemäß ist es aber auch da eher Glücksache, ob der junge Rechtsreferendar tatsächlich auch an der Hausdurchsuchung beteiligt wird. Dies gilt umso mehr, wenn die Wahl des Ausbilders mit Blick auf das zweite Staatsexamen klausurtaktisch erfolgt, der Anwalt also nicht nur im Strafrecht sondern auch im Zivilrecht tätig ist. Wer sodann mit dem erfolgreichen Abschluss des zweiten Staatsexamens selbst Strafverteidiger wird, hat eventuell gar keine praktischen Erfahrungen in dieser Hinsicht. Dies ist natürlich nicht nur für den Rechtsanwalt nicht besonders vorteilhaft, sondern auch für seinen Mandanten. Deshalb soll hier ein kleiner Überblick geschaffen werden, worauf ein junger Anwalt bei einer Hausdurchsuchung achten sollte:
Die Hausdurchsuchung beim Verdächtigen und nicht verdächtigen Dritten
Eine Hausdurchsuchung beim Verdächtigen sowie bei nicht verdächtigen Personen darf gemäß §§ 102, 103 StPO nur zur Ergreifung des Verdächtigen sowie zum Auffinden von Beweismitteln, mit Ausnahme von Zeugen, angeordnet werden. Dies ist allerdings auch nur dann möglich, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine verfolgbare Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit gem. § 46 OWiG begangen wurde (sogenannte Anlasstat). Zur bloßen Suche nach Verdachtsgründen darf die Durchsuchung daher nicht angeordnet werden.
Verdächtiger im Sinne des § 102 StPO ist, wer nach kriminalistischer Erfahrung als Täter oder Teilnehmern (§§ 25 ff. StGB) einer verfolgbaren Straftat beziehungsweise einer damit im Zusammenhang stehenden Begünstigung (§ 257 StGB), Strafvereitelung (§ 258 StGB) oder Hehlerei (§ 259 StGB) in Betracht kommt. Demnach muss es sich bei dem Verdächtigten nicht um einen Beschuldigten handeln, eine Beschuldigtenstellung wird in der Regel jedoch gegeben sein. Im Übrigen meint kriminalistische Erfahrung nicht „reine Spekulation“. Sie muss vielmehr auf praktisch anerkannten Grundsätzen beruhen, wobei bestimmte Tatsachen als Anhaltspunkte für ein hinreichenden Tatverdacht (§ 152 II StPO) gegen eine bestimmte Person nicht erforderlich sind. Demgegenüber meint „nicht verdächtig“ solche Personen, bei denen keine Verdächtigtenstellung vorliegt. Hierzu gehören aber auch Personen, die wegen eines Schuld- oder Strafausschließungsgrundes nicht verfolgt werden können.
Legitime Durchsuchungsobjekte sind die Wohnung und andere Räume des Verdächtigen, seine Person und seine Sachen. Zu Sachen zählen auch Datenbestände auf PCs und Mobiltelefonen, sogar auch für Telekommunikationsverbindungsdaten, die nach Abschluss des Übertragungsvorgangs im Herrschaftsbereich des Kommunikationsteilnehmers gespeichert sind. Die Suche im freien Gelände kann hingegen schon aufgrund §§ 161, 163 StPO angeordnet werden.