Verhaltensregeln für Juristen - TalentRocket Jura - Karrieremagazin

Verfasst von Finn Holzky

Knigge für Juristen: Wichtige Verhaltensregeln im Überblick

So lassen sich peinliche Situationen im Juristenalltag ganz einfach vermeiden

Umgangsformen spielen eine wichtige Rolle in unserer Gesellschaft und besonders zu Tage tritt dies in der Geschäftswelt, in der sich Juristen bewegen. Die richtigen Manieren zu haben, sich gekonnt in Szene zu setzen und im richtigen Moment das Richtige zu sagen, kann ausschlaggebend für eine erfolgreiche Karriere sein. Genauso können Fehler aber auch eine vielversprechende Karriere ruinieren. Damit euch das nicht passiert und ihr die richtigen Umgangsformen im Juristenalltag beherrscht, haben wir die wichtigsten Regeln zusammengefasst!

Die Ansprache: Du oder Sie?

In der Regel beginnt ein Gespräch mit irgendeiner Form des Ansprechens, meistens mit einer Begrüßung. Schon hier wittern viele das erste Mienenfeld. Siezen - ja oder nein? Grundsätzlich gilt hier die Regel: Im Zweifel lieber auf Nummer sicher gehen.

Insbesondere gegenüber Vorgesetzten, Dienstälteren oder Unbekannten sollte immer die Etikette bewahrt werden. Wenn man sich zu Beginn eines Gesprächs nicht sicher ist, ist Siezen immer der bessere, weil sicherere Weg. Das gilt nur dann nicht, wenn einem das Gegenüber bereits mehrere Male das „Du“ angeboten hat.

Ausnahmen von dieser Grundregel gibt es dann, wenn zum Beispiel die Firmenkultur eine andere Form des Umgangs vorsieht. Wurde beim Einstellungsgespräch deutlich darauf aufmerksam gemacht, dass ein besonders kollegiales Verhältnis gerade durch die Verwendung von einfacheren Umgangsformen garantiert werden soll, wäre ein „Sie“ unter Kollegen natürlich fehl am Platz.

Richtige Kleidung: Die Basis der Jura-Knigge

Bei der Wahl der Kleidung droht gleich ein weiterer Faux-Pas. Die falsche Garderobe kann schnell von Kollegen und Vorgesetzten als unprofessionelles Verhalten bewertet werden. Auch hier gilt es daher keine unnötigen Risiken einzugehen.

In der Kanzlei trägt der Herr in der Regel Anzug mit Hemd und Krawatte, die Frau ein Kostüm oder einen Hosenanzug mit Bluse. Abweichungen hiervon werden in der Regel früh genug mitgeteilt oder man bekommt sie von selbst mit. Fälschlicherweise mit einem Anzug am Casual Friday im Büro aufzutauchen, ist bedeutend weniger unangenehm, als der einzige in Jeans zu sein. 

In Unternehmen oder bei Behörden ist diese Regel nicht ganz so strikt. Hier kommt es wiederum in erster Linie auf die Unternehmenskultur oder auf die Praxis der Kollegen in der Behörde an. Im Zweifel ist aber auch hier ein Anzug zunächst immer die richtige Wahl. Ist man etwas zu schick gekleidet, ist das selten ein Problem und kann unproblematisch korrigiert werden. Zum Beispiel, indem man die Krawatte abnimmt oder das Jacket ablegt.

E–Knigge für Juristen

In E-Mails gibt es ebenfalls richtige und falsche Umgangsformen. So sind andere Rechtsanwälte grundsätzlich mit „Sehr geehrter Herr Kollege“ bzw. „Sehr geehrte Frau Kollegin“ anzusprechen und auch hier ist das „Sie“ die richtige Form. Darüber hinaus ist auf Abkürzungen weitestgehend zu verzichten. Abgerundet wird die E-Mail dann mit einem freundlichen Gruß, wie zum Beispiel mit einem „Hochachtungsvoll“ oder „Mit besten/ freundlichen/ kollegialen Grüßen“.

Dies gilt natürlich dann nicht mehr, wenn der E-Mailverkehr mit einem Kollegen stattfindet, zu dem man ein engeres Verhältnis hat. Hier können Abkürzungen wie „asap“  oder "FYI" benutzt und auch die Förmlichkeiten je nach Beziehung zueinander reduziert werden.

Vergessen werden sollte bei hierarchischen Strukturen jedenfalls nicht der Dr.- oder Prof.- Titel. Juristen können darauf sehr anfällig reagieren, zumal das Studium und die entsprechenden Titel hart erkämpft wurden.

Generell gilt: Lange Umschweifungen in der E-Mail verlängern nur den Arbeitstag - und der ist in Kanzleien sowieso schon ziemlich durchgetaktet. Deshalb empfielt sich immer, klar, präzise und möglichst kurz zu kommunizieren.

Wie komme ich gut bei juristischen Events an?

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Mandanten-Knigge: Das gilt es zu beachten

Ein Anwalt ist zwar auf der einen Seite ein Dienstleister und somit derjenige, der dem Mandanten etwas schuldig ist. Gleichzeitig ist er jedoch auch ein Organ der Rechtspflege und des gesamten Rechtssystems. Hieraus ergeben sich Pflichten, die mit den Interessen des Mandanten in Konflikt geraten können.

Beispielsweise dann, wenn ein Mandant ein bestimmtes Vorgehen für sinnvoll erachtet, der beratende Anwalt darin allerdings einen offensichtlichen Verstoß gegen das Gesetz sieht. Wie aber sollte in solch einer Situation mit einem Mandanten umgegangen werden?

Ehrlichkeit und Seriosität sind hier die entscheidenden Attribute: Der unbedingte Wille, dem Mandanten zur Seite zu stehen, ist ein absolutes Muss. Doch darüber hinaus kann von keinem Anwalt der Welt verlangt werden gegen das Gesetz zu handeln. Das wissen auch die Mandanten und werden daher stets einen integren und aufrichtigen Anwalt schätzen, der ihnen bereits im Vorfeld solcher Aktionen den Wind aus den Segeln nimmt und somit sich und vor allem seinen Mandanten vor negativen Folgen schützt.
 

Kommunikation ist bei der Mandanten-Knigge alles

Zwischen einem Rechtsanwalt und einem Mandanten gibt es naturgemäß vieles zu besprechen und einiges davon ist leider häufig unerfreulich. Da sich der Mandant teilweise seinem Anwalt Geheimnisse preisgeben muss, ist es von essentieller Bedeutung, dass er ein dementsprechendes Verhalten im Umgang mit ihm an den Tag legt.

Wichtige und vor allem negative Entscheidungen oder Nachrichten sind daher stets persönlich zu überbringen. Je nach Art und Inhalt der Nachricht, aber auch nach der Art der typischen Kommunikation kann hierfür ein Anruf oder sogar eine E-Mail genügen. Auf keinen Fall dürfen solche Nachrichten jedoch von der Sekretärin oder irgendeinem - dem Mandanten unbekannten - Kollegen überbracht werden. Ein Anwalt steht schließlich auch für Diskretion. Im persönlichen Gespräch gilt es ebenfalls, auf den Mandanten einzugehen. So interessieren diesen häufig juristische Spitzfindigkeiten nicht, stattdessen möchte er konkret wissen, was auf ihn zukommt oder was rechtlich möglich ist. Das „Warum“ spielt dabei oft nur eine untergeordnete Rolle. 
 

Pünktlichkeit und Verlässlichkeit als Grundpfeiler

Nichts ist Mandanten wichtiger als diese beiden Eigenschaften. Alleine und verlassen vor Gericht sollte kein Mandant jemals stehen. Für Mandanten stehen immer, wenigstens subjektiv, wichtige Dinge auf dem Spiel. Nur weil ein Anwalt in seiner Karriere sehr viel miterlebt und vielleicht von einigen Vorgängen gelangweilt ist, ändert das nichts daran, dass seinen Mandanten stets seine volle Aufmerksamkeit zusteht.

Doch nicht nur vor Gericht hat er sich daran zu halten. Auch im Schriftverkehr gilt es, Fristen und Versprechen von selbst und automatisch einzuhalten. Schließlich haben Mandanten in der Regel noch viel mehr als einen bestimmten Rechtsstreit zu tun und die Aufgabe der rechtlichen Vertretung wurde nicht zuletzt deswegen an den Anwalt delegiert.

Die Kunst des Umgangs mit Menschen besteht darin, sich geltend zu machen, ohne andere unerlaubt zurückzudrängen.
- Adolph Freiherr von Knigge, (1752 – 1796), deutscher Jurist und Beamter

Mandanten-Akquise: Hier ist Juristen-Knigge besonders wichtig

Insbesondere in der Geschäftswelt, aber auch im Kontakt mit Privatpersonen ist der erste Eindruck entscheidend. Im Rahmen der Mandantenakquise sollte dieser erste Eindruck bereits früh im Gespräch und in Form einer Visitenkarte gefestigt werden. Diese vermittelt, unter der Voraussetzung dass es sich um eine gute Visitenkarte handelt, Professionalität, Seriosität und die Ernsthaftigkeit der Kontaktaufnahme. Darüber hinaus fungiert sie später als Erinnerungsstütze

Eine gute Visitenkarte zeichnet sich dadurch aus, dass sie sowohl aussagekräftig ist, als auch dass sie wichtige Informationen auf den Punkt bringt. Unverzichtbar sind daher der Name samt eventueller Titel, das Unternehmen, in dem der Ausgewiesene tätig ist, die Stellung im Unternehmen sowie die Kontaktdaten. Ein Foto ist zwar nicht dringend notwendig, sorgt jedoch für einen erhöhten Wiedererkennungswert und stellt zudem eine emotionalere Verbindung her als lediglich ein beschriebenes Stück Papier.
 

Wie übergibt man die Visitenkarte richtig?

Die Übergabe der Visitenkarte ist ein klassischer Fall von „es gibt wenig richtig zu machen, aber vieles kann falsch gemacht werden“. Der korrekte Zeitpunkt für den Austausch liegt möglichst früh in einem Gespräch bzw. bei einer Kontaktaufnahme. Dabei sollte jedoch nie mit der Visitenkarte im Anschlag auf Leute zugegangen werden. 

Der richtige Moment ist daher erst nach einer Begrüßung und dem Austausch einiger Floskeln bzw. nach ein wenig Smalltalk gegeben. Dann sollte dies allerdings auch geschehen und zwar aus mehreren Gründen:

  • Der frühe Austausch spiegelt ein tatsächliches Interesse an dem Gesprächspartner wieder und stellt somit eine gute Basis für das anstehende Gespräch her.
  • Zweifel oder Missverständnisse über den Namen, die Stellung im Unternehmen und ähnliches werden bereits im frühen Stadium des Gesprächs aus dem Weg geräumt. Und sind wir einmal ehrlich: Wer hat noch nie den Namen seines Gegenübers vergessen, obwohl dieser sich erst wenige Sekunden zuvor vorgestellt hat?
  • Schließlich wird auf diese Art ein „Übergabestress“ am Ende des Gesprächs vermieden, bei dem oft Verabschiedung, Austausch der Visitenkarten und Förmlichkeiten zu vermischen drohen.

Die Übergabe selbst erfolgt mit der linken Hand, damit der Gegenüber die Karte mit seiner rechten Greifhand annehmen und sogleich lesen kann. Das umgehende Wahrnehmen des Inhalts der Karte stellt dabei übrigens eine ebenfalls dringend notwendige Höflichkeit dar!
 

Extra-Tipp für den asiatischen Raum

In einigen asiatischen Ländern, insbesondere in Japan, ist es üblich, Visitenkarten mit beiden Händen zu übergeben und auch zu empfangen. Dies ist ein Ausdruck von Respekt dem anderen gegenüber und sollte daher dringend beachtet werden. Erscheint es also wahrscheinlich, auf asiatische Gesprächspartner zu treffen, lohnt sich ein Blick in internationale Business-Knigge Ratgeber.

Jura-Knigge zu kennen, ist eine Grundvoraussetzung, um in der Kanzleiwelt Erfolg zu haben. Zwar sehen es heutzutage nicht mehr alle so streng wie noch vor einiger Zeit, dennoch ist die juristische Welt etwas konservativer als viele andere Branchen - unausgesprochene Regeln und bestimmte Verhaltensweisen nehmen hier auch wegen des Vertrauensverhältnisses zwischen Anwälten und Mandanten eine wichtige Rolle ein. Im Zweifel gilt: Lieber zu höflich als zu locker!