Mit deutschem Examen zum englischen Anwalt - TalentRocket

Verfasst von Theresa Preis

Mit deutschem Examen zum englischen Anwalt

Auslands-Option nach dem Ersten Staatsexamen...

Viele Jurastudenten träumen von einer internationalen Anwaltstätigkeit. Besonders die Europäische Union hat hierfür Möglichkeiten geschaffen, ohne großen Zeitverlust die Anerkennung von Abschlüssen zu erwirken. Doch mit dem möglicherweise bevorstehenden Austritt Großbritanniens aus der EU, steht nun die Frage im Raum,  wie es für deutsche Absolventen mit dem Traum der Zulassung in England weitergeht.

Wer heutzutage sein Examen an einer deutschen Universität ablegt, ist noch lange nicht ausschließlich an Deutschland gebunden. Nachdem das Erste Staatsexamen bestanden ist, stehen viele Türen offen. Die bekannten Wege führen zur Promotion, dem Master of Laws oder gleich ins Referendariat. Doch die Möglichkeiten reichen noch viel weiter und umfassen zum Beispiel auch die Ausbildung als englischer Solicitor.

Hierzu gilt es zunächst zwei Kurse mit anschließender Trainingsphase zu absolvieren. Der erste soll die Grundlagen des englischen Rechts vermitteln, wozu der zweite als eine Art Referendariat die Praxisbezüge herstellt. Mit der Trainingsphase endet nach vier Jahren in Vollzeit die Ausbildung und man darf die Bezeichnung des Solicitors führen.

Alles beginnt mit dem Besuch des Common Professional Examination Course, um den Wissensrückstand zu den englischen Jurastudenten aufzuholen. Dieser kann in Vollzeit in einem Jahr beziehungsweise in Teilzeit in zwei Jahren absolviert werden.

Hierbei werden grob die Inhalte vermittelt, die auch in einem Bachelor of Laws gelehrt werden. Damit soll sowohl ausländischen Jurastudenten, wie auch Hochschulabsolventen anderer Gebiete die Gelegenheit gegeben werden, den Einstieg in die englische und walisische Rechtswissenschaft zu erleichtern und so einen größeren Bildungshorizont der zukünftigen Juristen zu gewährleisten.

Der Common Professional Examination Course wird sowohl an privaten Universitäten wie der University of Law oder auch bekannteren wie der Cardiff University, der University of Sussex, der University of Westminster oder an einigen anderen angeboten.

Danach geht es genauso weiter wie für Absolventen des Bachelor of Laws – es folgt der Legal Practice Course,  welcher wiederum in Vollzeit in einem beziehungsweise in Teilzeit in zwei Jahren absolviert wird. Er soll ähnlich wie das deutsche Referendariat die Brücke zwischen theoretischem universitärem Studium und echter Anwaltspraxis bilden.

Die daran anschließende Trainingsphase als trainee solicitor findet meist in einer Anwaltskanzlei statt, kann aber auch in jeder anderen juristischen Organisation verbracht werden. Sie dauert mindestens zwei Jahre, allerdings besteht auch hier die dementsprechend längere Option der Teilzeit. Was sich auf den ersten Blick mit etwas Zeit relativ machbar anhört, hat aber auch seine Tücken.

Kosten

Die Kosten für den Legal Practice Course variieren unter den verschiedenen Universitäten, grob muss man jedoch mit etwa 10.000 Pfund rechnen, was etwa 13.500 Euro entspricht.

Viele Studenten können dieses Geld nicht ohne weiteres aufbringen und müssen entweder auf ihre Eltern zurückgreifen oder gar einen Kredit aufnehmen, um ihre Ausbildung finanzieren zu können.

Für das dem LPC vorgelagerte Jurastudium muss in Großbritannien meist auch schon eine hohe Summe bezahlt werden, womit viele Studenten nach nur wenigen Jahren einen Schuldenberg von mehreren Zehntausend Euro angesammelt haben.
 

Platzmangel

Hat man es geschafft genügend Geld aufzubringen, um den Legal Practice Course zu bestehen, wartet die zweijährige Trainingsperiode auf die Absolventen. Hierbei trifft man allerdings auf die wohl größte Hürde.  

Der Umstand, dass viele Studenten zwar ein Juradiplom bekamen, danach jedoch die Kapazitäten fehlten, um allen Absolventen den nächsten Schritt in ihrer Ausbildung  zu ermöglichen, wurde in der Vergangenheit heftig kritisiert.

Als Reaktion darauf wurden in den 90er Jahren der Legal Practice Course und damit mehr Plätze für künftige Anwälte geschaffen. Dies verlagerte das Problem jedoch nur auf einen späteren Zeitpunkt innerhalb der Ausbildung, da nun mehr Studenten der Weg in den LPC offen stand, jedoch nicht auch gleichzeitig die Anzahl der Plätze für die zweijährige Trainingsperiode stieg.

Somit steht heute immer noch für zahlreiche Studenten das Ende ihrer Ausbildung und somit der Traum Anwalt zu werden kurz vor dem Ziel nach etlichen tausend Euro und vielen Jahren Schufterei bevor.

Alles beginnt mit dem Besuch des Common Professional Examination Course, um den Wissensrückstand zu den englischen Jurastudenten aufzuholen.

Alternativen

Um sich den einjährigen Common Professional Examination Course zu ersparen, bieten unter anderem die Humboldt Universität in Berlin, die Universität zu Köln, sowie die Universität Passau einen Doppelabschluss im englischen und deutschen Recht an.

Damit erhält man am Ende seines universitären Studiums sowohl ein deutsches Staatsexamen, als auch einen englischen Bachelor of Laws mit dem man direkt den Legal Professional Course beginnen kann.

Eine weitere Möglichkeit besteht vorerst noch aufgrund einer europäischen Richtlinie, wonach in der EU zugelassene Rechtsanwälte durch Ablegen des Qualified Lawyers Transfer Test die Zulassung auch als englischer Anwalt direkt erwerben können.

Hierfür müssen insgesamt vier Klausuren aus den Bereichen des Common Law, Zivilprozessrechts, Sachenrechts und des anwaltlichen Standesrechts bestanden werden. Nach der Befürwortung des BREXIT und dem nun tatsächlichen Austritt Großbritanniens aus der EU, wird diese deutlich schnellere Variante der Zulassung als englischer Solicitor vermutlich wegfallen.  

 

Es gibt zwar zahlreiche Hürden auf dem Weg zum Solicitor, mit etwas Geduld, Geld und einem Quäntchen Glück lässt sich der Traum aber durchaus ermöglichen. Die Chance dadurch in zwei Ländern als vollwertiger Anwalt auftreten zu dürfen und die damit einhergehenden Berufsaussichten sind es allemal wert, auch über diesen Werdegang nachzudenken.

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