Die US-Großkanzlei Sidley Austin hat im letzten Jahr massiv in den Standort Deutschland investiert und mit zehn Partnern ein Büro in München eröffnet. Die Schwerpunkte liegen im Bereich Private Equity, Restructuring, Finance und Tax.
Die US-Großkanzlei Sidley Austin hat im letzten Jahr massiv in den Standort Deutschland investiert und mit zehn Partnern ein Büro in München eröffnet. Die Schwerpunkte liegen im Bereich Private Equity, Restructuring, Finance und Tax.
Dr. Christian Zuleger
Hallo Herr Dr. Zuleger, Sie haben in München studiert und sind mittlerweile zum zweiten Mal in München Partner in einer Großkanzlei. Zieht es Sie nicht einmal woanders hin?
Ich war als junger Anwalt längere Zeit in New York und London und habe es dort sehr genossen. Mit Familie und Kindern ist die Lebensqualität in München aber kaum zu übertreffen.
Sidley Austin hat erst im Jahre 2014 seinen einzigen deutschen Standort in Frankfurt aufgegeben. Warum sollte es jetzt in München funktionieren?
Der damalige Standort in Frankfurt war insbesondere auf Verbriefungstransaktionen spezialisiert und hat eng mit dem Londoner Finanzierungsteam zusammengearbeitet. Mit der Finanzkrise ist ein Großteil dieses Geschäfts weggebrochen.
Die jetzige Neueröffnung in München hat damit nichts zu tun, sondern setzt vor allem auf Private Equity, Restrukturierung, Finanzierungen und Steuern. Wir haben eine breite Mandantenbasis, die uns bereits im ersten Jahr mehr Geschäft gebracht hat, als wir es erhofft hatten.
Ist so eine Neugründung vergleichbar mit einer Art Start-Up oder eher einer Filialeröffnung?
Das hat schon Start-up Flair. Bis zur Fertigstellung unserer neuen Räumlichkeiten hatten wir temporäre Büros und arbeiteten dort teilweise zu viert in einem Zimmer inmitten von Kisten. Am Anfang gibt es natürlich immer ein paar "Kinderkrankheiten", aber die haben wir schnell in den Griff bekommen.
Wie ist die Stimmung – kann man es mit einem “Silicon-Valley-Feeling“ vergleichen und können sich die Rechtsanwälte einbringen?
Die Stimmung ist sicherlich vergleichbar mit einem neugegründeten, dynamischen Unternehmen im Silicon Valley. Es gibt keine festgefahrenen Strukturen und jeder kann sich unabhängig von seiner Seniorität einbringen. Die beste Idee zählt.
Was reizt Sie immer wieder daran, neue Standorte zu etablieren und heißt das nicht im Umkehrschluss, dass auch Sidley in ein paar Jahren um Sie bangen muss?
Als ich das deutsche Büro meiner vorherigen Kanzlei mitgründen durfte, dachte ich so eine Chance gibt es nur einmal im Leben. Dass ich jetzt nochmal ein Büro für eine internationale US-Kanzlei zusammen mit meinen Kollegen aufbauen darf, freut mich deshalb umso mehr.
Sidley setzt auf Private Equity, Restrukturierung und den Standort Deutschland als Motor für künftiges Wachstum und ist daher genau die richtige Plattform für unser Team. Insofern braucht Sidley sicher nicht um mich zu bangen.
Auch wenn Sie definitiv eine Art Kanzleigründer sind, eigentlich beschäftigen Sie sich ja hauptsächlich mit Private Equity. Was macht man da den lieben langen Tag?
Das Private Equity Geschäft ist sehr abwechslungsreich, allerdings auch wenig planbar. Mit dem Anruf eines Mandanten kann der ganze Tagesablauf auf den Kopf gestellt werden und sofort eine große Transaktion beginnen.
Dann gilt es schnell das passende Team aufzustellen, die Aufgaben zu verteilen und sich in Due Diligence, SPA Verhandlungen und Managementbeteiligungsprogramme zu stürzen. Das kann dann schon mal bis tief in die Nacht gehen.
Daher legen wir großen Wert darauf, dass die Atmosphäre stimmt und alle auf einer Wellenlänge liegen, damit auch bei Spitzenbelastungen die positive Stimmung nicht verloren geht.
Das sog. Beteiligungskapital wächst momentan sehr stark. Was heißt das und was bedeutet es für Ihre Mandate?
Für uns ist das erfreulich, denn wir wachsen mit unseren Mandanten, sowohl geographisch als auch was Art und Umfang der Transaktionen betrifft. Finanzinvestoren stellen sich heute häufig breiter auf, um in genügend Beteiligungsmöglichkeiten investieren zu können. Deshalb erwarten sie von ihren Beratern eine ähnlich umfassende Expertise. Ich fand das schon immer spannender, als sich nur auf einen Spezialbereich zu fokussieren.
Als Ihre weiteren Expertisen gibt die Kanzlei-Homepage M&A und Insolvenzrecht sowie Restrukturierung an. Die Bereiche sind eng mit Private Equity verknüpft, oder?
Das ist richtig. Ein Private Equity Deal ist letztlich nichts anderes als eine normale M&A Transaktion, bei der zusätzlich eine Akquisitionsfinanzierung und ein Managementbeteiligungsprogramm ins Spiel kommen. Wenn das erworbene Unternehmen dann nicht so läuft wie erhofft, ist oft Restrukturierungsrat gefragt. Mit dem Team um Kolja von Bismarck haben wir dafür höchst angesehene Experten an Bord.
Alle Ihre Themen behandeln sehr wirtschaftliche Fragestellungen. Braucht man dazu nicht mittlerweile fast einen BWL-Abschluss oder reicht trotzdem das juristische Handwerkszeug?
Man muss auf jeden Fall wirtschaftlich und unternehmerisch denken können, um zu verstehen was der Mandant erreichen will. Nur so kann man das in Verträge umsetzen. Wir erwarten keinen BWL-Abschluss, aber ein Kandidat muss interessiert und bereit sein, sich in diese Themen einzuarbeiten. Nach meiner Erfahrung lernt man das nicht aus Lehrbüchern oder in Fortbildungsveranstaltungen, sondern durch die Zusammenarbeit mit erfahrenen Kollegen in komplexen Transaktionen.
„Daher legen wir großen Wert darauf, dass die Atmosphäre stimmt und alle auf einer Wellenlänge liegen, damit auch bei Spitzenbelastungen die positive Stimmung nicht verloren geht. “
Worin liegen die Vorteile eines neuen „Players“ im Kanzleimarkt für dessen Anwälte?
Ein neues, aufstrebendes und wachsendes Büro bietet hervorragende Aufstiegschancen. Es gibt flache Hierarchien, keine eingefahrenen Strukturen und ein internationales Arbeitsumfeld. Jeder kann sich einbringen.
Zugleich hat man alle Vorteile einer überschaubaren Einheit. Wir kennen uns alle persönlich, pflegen einen freundschaftlichen Umgang und fokussieren unsere Energie auf die bestmöglichen Ergebnisse für unsere Mandanten.
Würden Sie also den Berufseinstieg bei einer so neuen Kanzlei wie Ihrer empfehlen oder ist dafür nicht jeder geeignet?
Wer unternehmerisch und wirtschaftlich denkt, ein spannendes Tätigkeitsfeld sucht und dabei Wert auf ein angenehmes Arbeitsklima legt, ist bei einem neuen Büro wie unserem genau richtig. Um das herauszufinden empfehle ich jedem, ein Praktikum oder eine Station während des Referendariats zu absolvieren. So sehen beide Seiten, ob man zueinander passt.
Bevorzugen Sie Bewerber mit einem LL.M., einer Promotion oder einer anderen Zusatzqualifikation?
Uns ist die Persönlichkeit wichtiger als die reine Papierform, daher setzen wir solche Zusatzqualifikationen nicht voraus. Ein LL.M. ist für uns allerdings ein Indikator, dass jemand Interesse an einer internationalen Ausrichtung und entsprechende Fremdsprachenkenntnisse hat.
Und wer passt in Ihr Team, also beispielsweise bezogen auf den Dresscode, Charakter oder Ähnliches?
Einen festen Dresscode gibt es bei uns ähnlich wie bei den meisten unserer Private Equity Mandanten nicht. Natürlich hat jeder von uns einen Anzug im Schrank, falls es kurzfristig angesetzte Besprechungen gibt. Wir duzen uns untereinander, denn wir arbeiten zu rund 90% auf Englisch und da wäre der ständige Wechsel zwischen "you" und "Sie" eher seltsam.
Diese lockere Kultur finden Sie in vielen anglo-amerikanischen Kanzleien, die internationale Mandanten betreuen. Natürlich steht und fällt das immer mit den Menschen, mit denen Sie zusammenarbeiten und von denen die Kultur geprägt wird.
Die spiegelverkehrte Frage dazu ist, welcher Mandant passt zu Ihnen bzw. was ist der Selling Point von Sidley Austin (CE) LLP und wie gewinnen Sie nun neue Mandanten in München?
Wir arbeiten mit unseren Mandanten oft seit Jahren und teilweise Jahrzehnten zusammen und betreuen sie als integriertes Team auch im internationalen Kontext vollumfänglich. Wie bei uns gibt es bei den Private Equity Häusern unterschiedliche Senioritäten und wir versuchen, dass sich unsere jüngeren Kollegen schon frühzeitig mit ihren Gegenübern vernetzen. Dadurch wird der Kontakt intensiviert, und wenn ein Teammitglied bei einem Mandanten wechselt gibt es möglicherweise die Chance, einen neuen Finanzinvestor als Mandant zu gewinnen.
Zum Abschluss vielleicht die Frage, die Sie wahrscheinlich längst erwartet haben: Konnten Sie schon die wohl bekannteste Sidley Alumne Michelle Obama kennenlernen?
Leider hatte ich das Vergnügen bisher nicht, anders als Barack Obama. Er war ebenfalls als Summer Associate bei Sidley in Chicago tätig und hat Michelle dort kennengelernt. Sie war sein Mentor.
Bis zu meinem 2. Staatsexamen wollte ich nie in einer Großkanzlei arbeiten. Allerdings habe ich in meiner Wahlstation bei einer US-Kanzlei in New York gelernt, dass es immer auf die 10-20 Kollegen im unmittelbaren Umfeld ankommt. Wenn hier das Klima und die Kultur stimmt, kann man zusammen im Team ein neues Büro erfolgreich aufbauen und dabei auch noch Spaß haben.
Vielen Dank Herr Dr. Christian Zuleger!
Noch Fragen? Hier findest du die Ansprechpartnerinnen von Sidley Austin.
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