Sie Herr Dr. Becker und Sie Herr Dr. Paudtke haben hingegen eher öffentlich-rechtlich promoviert. Ein Nachteil?
Dr. Christian Becker: Zu Beginn meiner anwaltlichen Karriere war für mich nicht klar, ob ich den Schwerpunkt auf das Steuerrecht oder das Gesellschaftsrecht lege. Von daher hat mir meine Dissertation im Steuerrecht am Anfang sicherlich den Einstieg bei bestimmten steuerlichen Fragestellungen erleichtert.
Allerdings habe ich dann schnell festgestellt, dass mir das Gesellschaftsrecht und insbesondere das Transaktionsrecht mehr Spaß macht. Als Nachteil habe ich eine Dissertation im Steuerrecht nie empfunden. Ich habe bei meinem Thema immerhin einen ganz guten Überblick über die wesentlichen und ganz unterschiedliche Steuergesetze gewonnen.
Dr. Bernt Paudtke: Nein, ich empfinde es nicht als Nachteil. Das Thema hat mir Spass gemacht und das ist das Wichtigste, wenn man sich doch monate- oder gar jahrelang mit einem Thema beschäftigt. Danach interessiert das Thema ohnhin kaum mehr jemanden, da sollte man seinen Einfluss auf die Juristerei nicht überschätzen.
Das Zwischenfazit muss danach bisher lauten, dass das Thema einer Promotion im Großkanzleialltag nicht von Bedeutung sein muss. Empfehlen Sie trotzdem eine solche?
Dr. Christian Becker: Eine Dissertation ist lediglich der Nachweis, dass man das Sitzfleisch hat, ein Buch zu schreiben. Fachlich bringt das relativ wenig. Ich würde den jungen Anwälten eher empfehlen, einen MBA an einer sehr guten Schule zu absolvieren.
Ich denke, das schärft noch einmal den Blick für wesentliche wirtschaftliche Fragestellungen, legt den Grundstein für ein Netzwerk außerhalb der Juristen- Community und ist wahrscheinlich auch für die persönliche Entwicklung eine interessante Zeit.
Dr. Stefan Heyder: Auch, wenn die Promotion tatsächlich an Bedeutung verloren hat, sehe ich sie weiterhin als sinnvolle zusätzliche Qualifikation an. Denn sie zeigt nicht nur, dass man einen entsprechenden Durchhaltewillen hat, sondern dass man in der Lage ist, auch wissenschaftlich zu arbeiten.
Wir Anwälte werden zwar meist dafür bezahlt, sinnvolle und pragmatische Lösungen zu finden, doch müssen diese auf einem festen juristischen Fundament stehen. Dies gelingt in der Regel nur, wenn zuvor das juristische Problem intellektuell durchdrungen wurde. Eine Promotion zeigt, dass jemand dazu intellektuell in der Lage ist.
Dr. Bernt Paudtke: Ich sehe das Thema Promotion mittlerweile kritisch. Eine Promotion sagt weniger darüber aus, ob jemand ein besonders guter Jurist ist.
Vielmehr zeigt die Promotion, dass diese Person über ein gewisses Durchhaltevermögen verfügt. Davon abgesehen hat die Promotion meiner Meinung nach heutzutage nicht mehr die Bedeutung, die sie früher einmal hatte.