Patentrecht bei Finnegan

Rechtsbereich entstaubt: Patentrecht neu entdecken

Julia Obradovic-Walz von FINNEGAN im Interview

Nach drei Monaten als wissenschaftliche Mitarbeiterin hat Julia Obradovic-Walz im November als Associate bei Finnegan in München begonnen. Hier unterstützt sie zum einen den Bio/Pharma-Bereich der patentrechtlichen Praxis als auch in der Soft IP-Praxis. Finnegan ist in München seit 2022 vertreten und damit das jüngste Office der weltweit tätigen Kanzlei für gewerblichen Rechtsschutz.
 

Frau Obradovic-Walz, wie sind Sie auf die Kanzlei FINNEGAN und das Rechtsgebiet Patentrecht aufmerksam geworden?

Mein Weg zum Patentrecht, besser gesagt zum Bereich Patent Litigation und Soft-IP, war in der Tat ein längerer Umweg mit Happy End. Nach ersten Kanzlei-Erfahrungen im IT-Recht wollte ich auch einen ersten tieferen Einblick in das Soft IP-Recht erhalten und bin darüber schließlich beim Patentrecht angekommen.

Da ich mich bis dato mit dem Patentrecht noch nicht tiefer auseinandergesetzt hatte, war mir der Name Finnegan nicht bekannt, als ich die Anzeige für eine offene Position als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Patent Litigation bei Talent Rocket gesehen habe. Etwas daran hat mich aber direkt angesprochen – vielleicht gerade auch der Umstand, dass ich diese Kanzlei noch nicht kannte und das Münchner Büro erst vor zwei Jahren eröffnet wurde. Das Tolle daran war, dass ich bei einem Erstgespräch erfahren habe, dass ich mich bei dieser Position auch gar nicht für das Patentrecht und gegen das Soft IP-Recht entscheiden muss, sondern auch die Chance bekommen könnte, mich in beidem weiterzubilden und zu entwickeln. Das wollte ich mir nicht entgehen lassen. 

Julia Obradovic-Walz
Julia Obradovic-Walz

Was hat Sie dazu bewegt, diesen Bereich zu wählen, obwohl Sie zuvor keine Berührungspunkte damit hatten?

Da kam eine ganze Reihe an Gründen zusammen. Zum einen hatte ich in meinem bisherigen Werdegang noch kein Rechtsgebiet gefunden, mit dem ich meinen beruflichen Werdegang dauerhaft verknüpft wissen wollte. Zum anderen spielten auch rein strategische Überlegungen eine große Rolle: Wie viele Kanzleien bieten eine Praxis in dem entsprechenden Rechtsgebiet an? Würde meine Wahl es mir leichter oder schwerer machen, meinen Wohnort frei wählen zu können? Wie gut ließe sich das Rechtsgebiet auch in einem Unternehmen bearbeiten? 

Sehr wichtig war außerdem folgende Überlegung: Meine berufliche Tätigkeit sollte mich nicht von den Vorgängen außerhalb meines Büros isolieren, sondern mir Einblicke in Vorgänge erlauben, die ich ansonsten nicht so nah miterleben könnte. Das ist im Patentrecht definitiv der Fall.
 

Wie hat sich Ihr Verständnis des Patentrechts seit Ihrem Einstieg verändert? Gibt es etwas, das Sie besonders überrascht oder begeistert hat?

Zugegebenermaßen, dass es mir so Spaß macht! Insgeheim war ich mir zumindest zu Beginn sehr sicher gewesen, dass ich mich vor allem in der Soft-IP-Welt zuhause fühlen würde. Jetzt muss ich aber sagen: Sollte ich mich irgendwann zwischen Soft-IP oder Patentrecht entscheiden müssen, wäre es echt schwer.    
 

Was hat Sie dazu motiviert, nach Ihrer Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin zu Finnegan zurückzukehren und dort als Rechtsanwältin zu arbeiten?

Unter anderem die Großzügigkeit und die Flexibilität, die mir entgegengebracht wurde. Nur als Beispiel, vor meinem Start als Associate wollte ich unbedingt noch meine Dissertation finalisieren. Finnegan hat mir erlaubt, hierfür ein Büro zu nutzen, und das nicht nur während meiner Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin, sondern auch in den Wochen, in denen ich Vollzeit an der Dissertation gearbeitet habe. Als klar war, dass ich zwei Wochen mehr Zeit brauchen würde, wurde auch das auf kürzestem Dienstweg ermöglicht. Kanzleien sprechen oft von Wertschätzung, hier erfahre ich sie wirklich.  

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Ein häufiges Vorurteil ist, dass man Maschinenbau- oder ähnliche technische Kenntnisse braucht, um im Patentrecht tätig zu sein. Was würden Sie darauf entgegnen?

Es ist wahrscheinlich wie mit so Vielem: Vorkenntnisse sind nie schlecht, aber aus meiner persönlichen Erfahrung bei Finnegan kann ich sagen, dass sie nicht zwingend erforderlich sind. Wichtig sind vielmehr die Bereitschaft und das Interesse, sich in fremde Materien einzuarbeiten und sich in Sachverhalte hineinzudenken, mit denen man vielleicht bisher noch keine oder nur wenige Berührungspunkte hatte.

Für alles, was man sich selbst nicht erschließen kann, stehen einem viele helfende Hände zur Seite: Die juristischen Kolleginnen und Kollegen mit ihrer Erfahrung, auch die Mandanten selbst sowie die Patentanwältinnen und Patentanwälte mit ihrer spezifischen Expertise. Gerade im letztgenannten Punkt unterscheidet sich Finnegan von einigen anderen Kanzleien, da wir hier als Juristinnen* und Patentanwältinnen* vor Ort gemeinsam und auf Augenhöhe in den Patenrechtsstreitigkeiten zusammenarbeiten.   
 

Wie erklären Sie Nachwuchstalenten, dass das Patentrecht alles andere als „eingestaubt“ ist? Gibt es ein Beispiel aus Ihrer Praxis, das dies verdeutlicht?

Woher kommt eigentlich diese Vorstellung? Ich hatte sie bei meiner Bewerbung jedenfalls nicht. Es ist wahr, dass das Patentrecht eine traditionsreiche Rechtsmaterie ist. Patentrechtlich geschützt werden aber gerade Erfindungen, also stets das, was sich in der Welt Neues entwickelt. Einstauben kann da also kaum etwas. Durch die patentrechtliche Sicht bekommt man stattdessen hautnah mit, woran geforscht und was entwickelt wird, welche Neuerungen es in den verschiedensten Bereichen gibt und wie sich unsere Zukunft gestalten könnte. Natürlich hat man nicht nur mit bahnbrechenden Entwicklungen zu tun, wenn man sich aber prinzipiell für das technische und naturwissenschaftliche Entwicklungsgeschehen interessiert, dann bewegt man sich in einem sehr spannenden juristischen Themengebiet und Umfeld. 
 

Was schätzen Sie besonders an der Arbeit in einer spezialisierten Kanzlei wie Finnegan im Vergleich zu größeren Kanzleien, Frau Obradovic-Walz?

Mein Eindruck ist, dass man mehr mit seinen Kolleginnen und Kollegen zu tun hat, weil man nicht vollkommen getrennte bzw. unterschiedliche Rechtsbereiche bearbeitet, wie zum Beispiel in einer Großkanzlei. Aus demselben Grund kann man auf viel mehr Ressourcen zurückgreifen: Kolleginnen und Kollegen weltweit bearbeiten Fragen im gleichen, übergreifenden Rechtsgebiet. Dabei kann man davon ausgehen, dass es immer Kolleginnen und Kollegen gibt, die sich bereits mit bestimmten Fragestellungen beschäftigt haben und ihre eigene Expertise gerne teilen und vermitteln. Sei es hier in unserem Münchner Büro oder international.

Finnegan ist in dieser Hinsicht wahrscheinlich eine Besonderheit, weil die Kanzlei zwar thematisch spezialisiert, aber dennoch mit ihren über 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weltweit keine typische Boutique-Kanzlei ist.

Es ist wahr, dass das Patentrecht eine traditionsreiche Rechtsmaterie ist. Patentrechtlich geschützt werden aber gerade Erfindungen, also stets das, was sich in der Welt Neues entwickelt. Einstauben kann da also kaum etwas.
Julia Obradovic-Walz

Wie spiegelt sich der Menschlichkeits-Faktor bei Finnegan im Arbeitsalltag wider?

An allen Ecken und Enden. Wir haben in München eine (im besten Sinne) sehr hierarchieflache Teamstruktur, Kolleginnen und Kollegen, die sich für einen interessieren, ein brandneues Office-Design, das spezifisch den Arbeitsalltag erleichtert und ansprechend gestaltet ist. Soweit möglich, wird auf die individuellen Bedürfnisse eingegangen und versucht, diesen zu entsprechen. Sicherlich läuft auch hier nicht immer alles exakt so, wie sich das jeder* wünschen würde. Aber ich habe den Eindruck, dass stets nach guten Lösungen gesucht wird und dass die Sachen, die gut laufen, nicht das Ergebnis zufälliger Gepflogenheiten sind, sondern gerade dieses gewollten und gezielten Commitments der Verantwortlichen sind und die Kanzlei sehr flexibel agiert und reagiert. Das ist mir persönlich sehr viel wert.      
 

Wie werden Nachwuchstalente in Projekte eingebunden und welche Aufgaben können sie bei Finnegan übernehmen?

Als wissenschaftliche Mitarbeiterin habe ich unterschiedlichste Aufgaben bekommen. Es bestand von vorneherein das Anliegen und das Ziel, mir meine mögliche zukünftige Tätigkeit zu zeigen und mir so viel wie möglich beizubringen. Für mich war dies die ideale Situation. Jetzt als Associate bin ich noch keinen ganzen Monat hier und wurde schon ersten nationalen und internationalen Mandanten vorgestellt, bin namentlich auf einem ausführlichen und komplexen Memo aufgeführt und konnte mich auch schon mit noch weitestgehend ungeklärten rechtlichen Fragestellungen auseinandersetzen. Dabei werde ich nie allein gelassen. Beide Partnerinnen, mit denen ich zusammenarbeite und die mir als Ansprechpartnerin bzw. als Mentorin zur Seite stehen, haben mir stets gezeigt, dass ich nicht nur bei Fragen jederzeit auf sie zukommen kann, sondern dass meine Arbeit aktuell insbesondere dem Erlernen dient. Angst vor Fehlern oder Ähnlichem brauche ich trotz dieser engen Einbindung nicht zu haben. Ich bekomme das Feedback, das ich brauche, und die Ermutigung, die ich mir wünsche.    
 

Warum lohnt es sich Ihrer Meinung nach, als Nachwuchsjuristin einen Blick ins Patentrecht zu werfen? Was macht diesen Bereich besonders zukunftsweisend?

Einige Gründe habe ich bereits genannt. Darüber hinaus ist das Patentrecht aktuell von großen Umbrüchen geprägt: Letztes Jahr hat das Einheitliche Patentgericht seine Arbeit aufgenommen und entwickelt seitdem - als seiner Art nach im Übrigen einzigartiges Gericht – seine eigene Rechtsprechung. Wie oft kann man schon die Geburtsstunden eines neuen Spruchkörpers begleiten?

Die nächsten Jahre werden folglich von Leitentscheidungen geprägt sein, weshalb ich mit vielen anregenden und auch wissenschaftlichen Diskussionen rechne. Die Aussicht, die eine oder andere Frage durch eigene Beiträge oder eigene Fälle mitzuprägen, ist auch nicht schlecht.     
 

Ihr Fazit?

Insgesamt bin ich nun seit über einem halben Jahr bei Finnegan. Mein persönliches Highlight ist hingegen erst wenige Wochen alt: Bei einem gemeinsamen Abendessen mit Mandanten habe ich dank deren Empfehlungen nicht nur schon alle Details für einen zukünftigen Urlaub geplant, sondern auch eine Watch-List für die Weihnachtstage zusammengestellt. Ganz oben: Love Next Door.  
 

Vielen Dank, Frau Obradovic-Walz!