Die Technologisierung schreitet voran – und das mit einer nie dagewesenen Geschwindigkeit. Kaum ein Thema beschäftigt Jurist:innen heute so sehr wie die Digitalisierung, die zahlreiche Regulierungen nach sich zieht. Dazu kommt die Künstliche Intelligenz, welche nicht nur alle Bereiche des Lebens, sondern auch die juristische Arbeitsweise nachhaltig beeinflussen wird.
Wer sich in diese Richtung orientieren möchte, hat mehrere Möglichkeiten. Naheliegend sind unter anderem das IT-Recht, das Datenschutzrecht, aber auch größere Nischen wie das E-Commerce- und Online-Marktregulierungsrecht oder eine rechtliche Spezialisierung auf künstliche Intelligenz. Eine entsprechende Expertise eröffnet zahlreiche berufliche Optionen und gute Verdienstmöglichkeiten. Das IT-Recht allein hat in den letzten zehn Jahren ein Wachstum von 200 % auf rund 1.500 Fachanwält:innen erlebt und gilt nicht nur deshalb als besonders vielversprechend.
Eine spannende Alternative sind Karrieren im Bereich Legal Tech oder Legal Operations. Die digitale Transformation von Recht sowie die Optimierung von Abläufen in Rechtsabteilungen und Kanzleien werden in den nächsten Jahren und Jahrzehnten immer wichtiger werden – und damit auch die Schnittstellen zwischen Recht und Technologie. Gefragt sind deshalb Fachkräfte, die sowohl über juristische als auch technische Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen. Ein abgeschlossenes Jurastudium mit beiden Staatsexamen ist dafür nicht unbedingt eine Voraussetzung – entsprechend sind auch die Verdienstmöglichkeiten etwas niedriger als etwa in Großkanzleien. Zwischen 40.000 und 100.000 € liegen die Gehälter von Legal Operations Manager:innen und Legal Engineers im Schnitt.
Nachhaltigkeit und ESG
Nachhaltigkeit im Bereich Umwelt, Sozialem und Unternehmensführung ist nicht nur im Privaten und in der Politik ein riesiges Thema, sondern betrifft genauso die Rechtswelt. Unternehmen müssen immer mehr Anforderungen erfüllen und über ihre Aktivitäten und Auswirkungen im Bereich der Nachhaltigkeit berichten. Auch Klimaschutzgesetze führen dazu, dass Anwält:innen in dieser Hinsicht stark nachgefragt sind. Mit Blick auf die Dringlichkeit von Klimafragen und die größere Aufmerksamkeit für globale Zusammenhänge ist wohl kaum zu erwarten, dass dieser Rechtsbereich so bald wieder seine Berechtigung verliert. Stattdessen ist die Beratung im ESG- und Nachhaltigkeitsbereich eine zukunftsträchtige Spezialisierung.
Das spiegelt auch die Future Ready Lawyer Studie aus 2022 von Wolter Kluwer wider. 56 % der Unternehmensjurist:innen und 45 % der Anwält:innen in Kanzleien geben dort an, dass die Nachfrage nach ESG-Beratung im letzten Jahr gestiegen ist – und die meisten sind der Meinung, dass ihre Organisation auf diese Entwicklung nicht ausreichend vorbereitet ist. Jurist:innen mit entsprechenden Kenntnissen können diese Lücken schließen und werden sich voraussichtlich in Zukunft tollen Karriereoptionen gegenübersehen.
Medizin- und Biotechnologierecht
Das Medizinrecht gehört zu den am schnellsten wachsenden Rechtsgebieten. Von 2014 bis 2024 hat sich die Zahl der Fachanwaltschaften auf 2.000 verdoppelt. Ein Grund für die steigende Nachfrage in diesem Bereich ist selbstverständlich die zunehmende Digitalisierung im Gesundheitswesen.
Aber auch die komplexen Haftungsfragen im Medizinrecht machen für medizinische Einrichtungen und Patient:innen, aber zum Beispiel auch Pharmaunternehmen, Krankenversicherungen oder Hersteller von medizinischen Geräten eine umfassende rechtliche Beratung unverzichtbar. So heterogen wie die Mandantenstruktur sind auch die Rechtsbereiche, die das Medizinrecht umfasst. Die Teilbereiche erstrecken sich über das Zivil- und Strafrecht genauso wie in das Öffentliche Recht. Interessierte sollten also eine große Bandbreite mitbringen.
Internationales Wirtschaftsrecht
Die Welt wird auch heute noch immer internationaler. 61 % aller deutscher Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeiter:innen waren im Jahr 2020 laut statistischem Bundesamt in globale Wertschöpfungsketten eingebunden. 49 % haben international Waren bezogen oder geliefert, immerhin 37 % grenzüberschreitend Dienstleistungen angeboten oder erbracht.
International oder gar global agierende Unternehmen müssen nicht nur die Gesetze des eigenen Landes, sondern auch die der Länder beachten, in welchen sie tätig sind – dies erfordert eine spezialisierte Beratung. Hier spielt das internationale Wirtschaftsrecht eine wichtige Rolle. Der relativ neue Rechtsbereich erfreut sich großer Beliebtheit: 2015 gab es gerade einmal 20 Fachanwält:innen in diesem Bereich, 2024 sind es bereits 246. Anwält:innen sollten ein tiefes Verständnis nicht nur für internationales Recht, sondern natürlich auch für wirtschaftliche Zusammenhänge mitbringen – erlangen lassen sich diese Kenntnisse entweder durch praktische Erfahrungen oder aber in entsprechenden LL.M. Studiengängen.