Abschichten
Ein weiterer Effekt könnte durch die bundesweite Einführung des Abschichtens erreicht werden. Diese Möglichkeit besteht aktuell nur in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Dabei können Examenskandidat*innen die Entscheidung treffen, ihre Prüfungen nicht in einem Block innerhalb von zwei Wochen zu schreiben, sondern die sechs Klausuren in zwei beziehungsweise drei kleinere Blöcke nach Rechtsgebieten zu unterteilen.
Zwischen den Blöcken können mehrere Monate liegen, sodass sich Prüflinge gezielter auf die einzelnen Gebiete vorbereiten können. Das hat den Nachteil, dass die belastende Examensphase länger dauert. Dafür begünstigt diese Variante ein fokussiertes Lernen, da nicht der gesamte Stoff durchgehend beherrscht werden muss.
Die Diskussion um den Schwerpunkt
Ebenfalls nicht unumstritten ist die Bedeutung des universitären Schwerpunktstudiums. Die dort erreichten Noten machen momentan 30 % der finalen Examensnote aus. Der Staat erkennt die Endnote inklusive des Schwerpunktbereichs als relevante Größe bei Bewerbungen für das Referendariat oder auch in späteren Einstellungsprozessen an.
In der freien Wirtschaft sieht dies zum Teil anders aus. Unternehmen und Großkanzleien achten in der Praxis primär auf den staatlichen Teil des Examens, da dieser aus der Sicht vieler Personaler aussagekräftiger ist. Die Noten der Absolventen sind im Schwerpunktbereich durchschnittlich erheblich besser als im staatlichen Teil, weshalb viele durch den Schwerpunkt ihre Gesamtpunktzahl deutlich erhöhen können.
Wegen des weiten Spielraums der Universitäten und der einzelnen Dozenten bei der Ausgestaltung der Prüfungsleistungen im Schwerpunktbereich sind die dort erzielten Noten jedoch kaum miteinander zu vergleichen. Sie werden deshalb bei Einstellungsverfahren häufig außer Acht gelassen. Die schlechte Vergleichbarkeit der Noten könnte nun Konsequenzen haben.
Im November 2019 haben die Justizminister*innen der Bundesländer beschlossen, darauf hinzuwirken, dass zukünftig auf die Bildung einer Gesamtnote aus staatlichem Teil und Schwerpunktbereichsstudium verzichtet wird. Stattdessen sollen beide Noten im Zeugnis getrennt ausgewiesen werden.
Sollte dies tatsächlich umgesetzt werden, würde die Bedeutung des Schwerpunktes deutlich sinken, da dieser dann keinen Einfluss mehr auf eine Gesamtnote hätte. Eine komplette Abschaffung des Schwerpunktes ist aktuell nicht absehbar. Seine Relevanz könnte dennoch nun auch auf sichtbare Art und Weise sinken.