Inwiefern wird hier KÜMMERLEIN tätig, also vertreten Sie vor allem Sportler oder treten Sie eher innerhalb der Verbände und für diese auf?
Sowohl als auch. Wir beraten Verbände in nahezu allen rechtlichen Fragestellungen. Hier geht es z.B. um die Abfassung von Satzungen und neuen Ordnungen, Verträgen mit Mitarbeitern und Sponsoren/Partnern sowie Nominierungsthemen. Zu den gleichen Themen beraten wir auf der anderen Seite auch Sportler. Hinzu kommt die Tätigkeit für Unternehmen, die sich in diesem Bereich (z.B. durch Sponsoring) engagieren. Daneben bin ich auch als Schiedsrichter bei dem Deutschen Sportschiedsgericht tätig, in dieser Funktion dann eben nicht beratend, sondern entscheidend.
Da stets zunächst die Unschuldsvermutung gilt, liegt eine besondere Bedeutung bei der Sportgerichtsbarkeit. Kann man diese mit den ordentlichen Gerichten vergleichen oder wie würden Sie das System der verschiedenen Verbandsgerichte beschreiben?
Zunächst muss man klar trennen und definieren. Es gibt einerseits die staatliche Gerichtsbarkeit und dort für unsere Belange von besonderem Interesse die gesamte Zivilgerichtsbarkeit, daneben die Strafgerichte sowie den Bereich der Verwaltungs-und Verfassungsgerichtsbarkeit. Diese alle sind per se selbstverständlich auch für „den Sport“ zuständig. Daneben existieren die echten Schiedsgerichte, wie z.B. das Deutsche Sportschiedsgericht. Letztere sind nur dann – dann aber anstelle der staatlichen Gerichte – zuständig, wenn sich die Parteien vertraglich dazu verpflichtet haben.
Die bei den Verbänden selbst angesiedelten Verbandsgerichte sind in der Regel keine echten Schiedsgerichte, d.h. deren Rechtsetzung unterliegt immer noch der Kontrolle durch ein staatliches Gericht oder ein Schiedsgericht. So unterschiedlich die Verfahren im Einzelnen sind, haben sie aber – jedenfalls bei uns in Deutschland – eins gemeinsam: Alle Gerichte müssen unseren Ansprüchen an rechtsstaatliche Verfahren genügen.
Sie sind selbst Schiedsrichter beim Deutschen Sportschiedsgericht. Wie muss man sich dieses Amt vorstellen?
Eigentlich wie ein „richtiges“ Richteramt und damit komplett anders als die Rolle des Rechtsanwalts. Dieser ist – im besten Sinne – parteiisch, er hat allein die Interessen seines Mandanten zu verteidigen bzw. durchzusetzen. Der Schiedsrichter dagegen muss den Fall objektiv bewerten und danach richten. Der damit einhergehende – ständig wiederkehrende – Perspektivwechsel ist enorm spannend und bereitet wirklich Freude an der Arbeit.
Die Gerichtsbarkeit führt uns wieder zu den Rechtsproblemen. Wie beurteilen Sie den Nutzen des 2015 geschaffenen AntiDopG, insbesondere im Hinblick auf Probleme mit dem nemo tenetur - und auch dem ne bis in idem Grundsatz?
Allein die Diskussion über die beiden von Ihnen angesprochenen Grundsätze könnte hier Seiten füllen. Beides sind bekanntlich strafrechtliche Grundsätze, die in den entsprechenden Strafverfahren auch uneingeschränkte Geltung beanspruchen müssen. Die eigentlichen Anti-Doping-Verfahren sind jedoch keine Strafverfahren im engeren Sinne.
Naturgemäß lassen sich die Grundsätze nicht 1:1 übertragen, auch die Besonderheiten der Anti-Doping-Kontroll- und Ergebnismanagementverfahren sowie der zivilrechtlichen Sanktionsverfahren spielen bei dieser Bewertung eine Rolle. Den größten Nutzen des AntiDopG sehe ich dabei eher in der Signalwirkung als in seiner praktisch-faktischen Anwendbarkeit und Umsetzung. Die klare Botschaft des Gesetzes ist, dass nach der gesetzgeberischen Würdigung bestimmte Dopinghandlungen als strafbar angesehen werden.