Ihr pitcht gegen eine Großkanzlei. Gewinnt ihr das Mandat, wie einst David mit einer symbolischen Steinschleuder gegen Goliath?
Philipp: Wir überzeugen durch unsere Erfahrung, unsere Persönlichkeiten sowie unsere Branchenähe und unser Insiderwissen. Man darf auch nicht vergessen, dass die Anwaltstätigkeit vielfach auf engen persönlichen Beziehungen und Vertrauen beruht. In Großkanzleien ist ein solches enges Verhältnis nicht immer möglich. Wenn ich individuelle persönliche Beratung als Mandant wünsche, bin ich bei kleineren Kanzleieinheiten besser aufgehoben.
Jens: Alle Anwälte kochen nur mit Wasser. Ich denke, Großkanzleien gehören zu Großunternehmen, denn man findet ähnliche Mentalitäten wieder. Es ist eine Frage des Beratungsansatzes, der Kompatibilität mit dem jeweiligen Mandanten und der Schnelligkeit aufgrund Erfahrungen. Wir nehmen für uns in Anspruch, unternehmerischer zu denken als eine Großkanzlei. Wir sind daher per se deutlich kompatibler und flexibler. Wir wissen, dass von uns keine langen Memos erwartet werden, die im Zweifel weit über das Ziel hinausschießen und überwiegend ausführen, was NICHT umsetzbar ist. Und das ist es eben, was uns als hochspezialisierte Boutique ausmacht.
Boutique Kanzleien oder Spin Offs werden oft von Associates ohne Partnerchance oder sogar Partnern gegründet. Wie war das bei dir, Jens?
Jens: Ich habe mich bereits 1995, im Jahre meiner Anwaltszulassung, selbständig gemacht. Die Großkanzlei, bei der ich das erste Jahr verbracht habe, war aber eine sehr wertvolle Erfahrung. Was ich gesehen habe war, dass die Investoren von den großen Kanzleien vertreten waren. Dem standen auf Gründerseite oft keine oder nicht spezialisierte Anwälte gegenüber. Meistens weil es keine passenden Kanzleien für Gründer gab und die großen Kanzleien schlicht zu teuer waren.
Mit meiner eigenen Kanzlei habe ich viele Jahre den Namen einer US-Großkanzlei geführt. Die Kanzlei gehörte aber meinem damaligen Partner und mir. Diese haben wir dann 2010 an eine andere US-Großkanzlei verkauft. Nach einem Jahr Partner einer Kanzlei mit über 1100 Anwälten wusste ich, was ich nicht mehr machen möchte und habe mich wieder selbstständig gemacht.
Philipp: Hört sich ja an, als ob ihr unterstellt, dass die Gründung einer Boutique Kanzlei eher eine Verzweiflungstat ist. Der Weg zur Partnerschaft bei einer großen internationalen Kanzlei ist lang und hart. Ich habe zuletzt als Justitiar einer Tochtergesellschaft einer großen Bank gearbeitet. Die Zeit war interessant und lehrreich. Ich weiß aber die Vorteile als Partner einer kleinen spezialisierten Kanzlei zu schätzen – Entscheidungsfreiheiten, eigene Verantwortung und Einfluss, mehr Gestaltungsmöglichkeiten und kurze Wege. So sind Jens und ich zusammengekommen.
Aber warum sollte man dann bei einer Boutique einsteigen, wenn man doch eigentlich Großkanzlei-Stallgeruch braucht?
Philipp: Ich sehe es nicht als zwingende Voraussetzung, dass jemand, der bei uns einsteigen will, unbedingt Großkanzlei-Stallgeruch haben muss. Ich habe nicht bei einer Großkanzlei gearbeitet. Das habe ich für mich auch nie ernsthaft erwogen. Als Berufsanfänger hatte ich mich ganz gezielt bei spezialisierten Boutique Kanzleien beworben.
Jens: Wie Philipp hat nicht jeder unserer Partner bei einer Großkanzlei gearbeitet. Die Lebensläufe sind ganz unterschiedlich. Die Teilnahme an Verhandlungen und Strukturierungen von Transaktionen ab dem ersten Tag ist sehr wichtig. Wir bilden unsere Anwälte sehr gut aus. Der Einsatzbereich von Berufsanfängern ist bei uns breiter, spannender und abwechslungsreicher. Das Gesellschaftsrecht nebst angeschlossenen Rechtsbereichen, insbesondere Steuerrecht, bildet die Grundlage. Dieses kombiniert mit vielfacher Transaktionserfahrung, ist das, was unsere Mandanten von uns erwarten. Bei uns gibt es schnellere, individueller zugeschnittene Entwicklungsmöglichkeiten, als bei einer Großkanzlei. Ich denke, es ist am Ende eine Typenfrage, ob man sich für eine große Kanzlei oder eine kleinere Einheit entscheidet.