Venture Capital & Private Equity Finanzrecht

Verfasst von Finn Holzky|Veröffentlicht am 07.09.2020

Venture Capital & Private Equity

Das solltest du als (angehende*r) Finanzrechtler*in wissen

Venture Capital oder Private Equity sind Begriffe, die man entweder aus Interesse an der Materie oder aus Serien wie Suits oder Bad Banks kennt. Falls nicht, stößt man wahrscheinlich im Praktikum, Referendariat oder Job zumindest in einschlägigen Kanzleien und Unternehmen früher oder später auf sie. Doch im Studium ist die Wissensvermittlung gerade mit Blick auf Finanzrecht und umso mehr hinsichtlich Investmentbanking mehr als eingeschränkt. Höchste Zeit also, einen Blick auf dieses spannende Rechtsgebiet, seine Anwendungsfälle und vor allem die Basics für dein Wissen zu werfen!

First things first: Was bedeuten „Venture Capital“ und „Private Equity“?

Bei „Venture Capital“ handelt es sich um sogenanntes „Wagnis Kapital“. Also um Finanzmittel, die üblicherweise von einer Beteiligungsgesellschaft oder von Privatpersonen für besonders riskante bzw. gewagte Unternehmungen bereitgestellt werden. Zudem wird Venture Capital als solches Kapital verstanden und verwendet, das bereits vor einer Börsennotierung investiert wird. Das erhöht auf der einen Seite das Risiko, weil keine aktienrechtlichen Standards erfüllt werden müssen, auf der anderen Seite erhöht dies aber auch die Chancen auf eine maximal große Rendite, denn insbesondere in der frühen Entwicklung erfahren Unternehmen eine besonders hohe Wertsteigerung und ein Börsengang ist häufig für Venture Capital Investoren erst die Kirsche auf der Torte.

Venture Capital wird üblicherweise als Eigenkapital oder mittels auf Eigenkapital gestützter Finanzinstrumente in Unternehmen eingebracht und gegen Unternehmensanteile getauscht. Weltweit haben sich für diese Vorgänge sogenannte VCG – also Venture-Capital-Gesellschaften – etablieren können.

Während zwar auch in Deutschland und Europa das Geschäft mit Venture Capital boomt, sind die USA nach wie vor führend in diesem Bereich und haben neben den größten Venture Capital Investoren und Fonds auch die meisten aufstrebenden Tech-Unternehmen, insbesondere im bekannten Silicon Valley, vorzuweisen. Es sind nämlich insbesondere Tech-Unternehmen und Startups, die im Visier von Venture-Capital-Fonds und Investoren stehen. 

Der Begriff „Private Equity“ unterscheidet sich grundsätzlich nur in Feinheiten vom Venture Capital, diese sind jedoch durchaus entscheidend. Auch bei Private Equity Anlagen handelt es sich um außerbörsliches Kapital, das in vergleichsweise junge Unternehmen mit hohem Risiko, aber auch großen Wachstumschancen investiert wird. Anders als beim Venture Capital, bei dem üblicherweise Geld in das Unternehmen fließt und von dem im weiteren Verlauf bei Bestand des Personals und vor allem des Gründerteams profitiert werden soll, ist Private Equity auf den Kauf und somit in der Regel auch auf den Exit der bisherigen Besitzer ausgerichtet. Es werden Mehrheitsbeteiligungen angestrebt und mitunter können auch größere mittelständische Unternehmen oder sogar Großkonzerne das Ziel von Private Equity Investitionen sein.

Aufgrund der hierdurch steigenden Kosten, greifen Private Equity Investoren auch deutlich häufiger und stärker auf Fremdkapital zurück und es besteht in der Regel eine kurzfristigere Gewinnorientierung, was den Private Equity Gesellschaften auch die unrühmliche Bezeichnung der „Heuschrecken“ einbrachte.

Das klingt nach klassischem Investmentbanking – Wo kommen dabei Jurist*innen zum Einsatz?

Sowohl im Umfeld von Private Equity Gesellschaften, Fonds und Unternehmungen, als auch im Bereich von Venture Capital gibt es mehrere Bereiche, in denen Jurist*innen tätig werden müssen. Insbesondere Großkanzleien und auf Transaktionen bzw. Kapitalmarktrecht spezialisierte Boutiquen haben hier eine Expertise aufgebaut und beraten große internationale Mandate. 

Die Gesellschaften, die hinter Private Equity oder Venture Capital Transaktionen stehen, sind häufig Investmentfonds. Diese Fonds werden einerseits von Spezialist*innen für das Kapitalmarktrecht aufgesetzt und strukturiert, sie werden aber ihrerseits auch bei Transaktionen rechtlich beraten. Zudem lassen sich Investoren, die Interesse an einem Investment in solche Fonds haben, ebenfalls von Jurist*innen bezüglich der Ausgestaltung von infrage kommenden Fonds beraten. 

Insbesondere im sogenannten Mid-Cap-Segment spielt darüber hinaus die gesellschaftsrechtliche und steuerrechtliche Beratung sowohl auf Seite der Fonds, als auch auf Seite der Unternehmungen, in die investiert wird, eine tragende Rolle. Vor allem aber sind es die konkreten Transaktionen, als die Käufe bzw. Verkäufe von Unternehmen oder Unternehmensanteilen und die Beteiligung durch Einlagen bezeichnet werden, die eine juristische Expertise und verschiedene Dienstleistungen voraussetzen. Zu allererst ist diesbezüglich die sogenannte Due Diligence Prüfung zu nennen. Diese findet sowohl auf Käufer- (buy-side) als auch auf Verkäuferseite (sell-side) statt.

Gemeint ist damit eine umfassende Prüfung des Unternehmens mit Schwerpunkt auf die Finanzen und Bücher, die rechtlichen Risiken und die Wachstumschancen.

Im Grunde ist eine Due-Diligence Prüfung eine Wertermittlung und eine solche findet von beiden Seiten im Vorfeld einer Transaktion statt. Besonderheit hierbei ist, dass das zum Kauf stehende Unternehmen den Juristen der anderen Partei vollen Einblick gewährt und dafür üblicherweise ganze Heerscharen von Anwälten in die eigenen Räume gelassen werden. 

Die Krönung: Das IPO oder der Exit 

Ziel aller Private Equity und Venture Capital Investoren ist der Profit und dieser lässt sich am einfachsten durch einen Weiterverkauf oder einen Börsengang, als ein IPO, erzielen. Der letzte Schritt einer solchen Transaktion ist also der Exit durch den Verkauf oder aber der Börsengang mittels eines IPOs. 

Selbstverständlich wird auch dieser von Finanzrechtler*innen begleitet und strukturiert. Insbesondere Compliance- und Dokumentationsvorschriften sind in den letzten Jahren massiv erhöht und verstärkt worden, sodass die rechtliche Absicherung solcher Transaktionen einen Großteil der Arbeit von Jurist*innen im Bereich Compliance, Banking und Kapitalmarktrecht einnimmt. 

Karriereaussichten für Jurist*innen im Bereich Private Equity und Venture Capital

Insbesondere durch den Boom der Internet- und Technologieunternehmen in den letzten Jahren gibt es nach wie vor ein großes Interesse an Investitionen in diesen Bereichen. Neue Technologien wie zum Beispiel die Blockchain und die damit verbundenen Kryptowährungen, aber auch Innovationen im Bereich neuer Energien oder Ernährungsformen sind ein beliebtes Ziel bei Investoren. Zudem haben insbesondere die wirtschaftlichen Erfolge im Silicon Valley dazu geführt, dass es extrem viel Geld in den Händen risikobereiter und technologieaffiner Investoren gibt.

Das Geschäft mit Private Equity und Venture Capital Transaktionen hat zwar gute Zeiten hinter sich, doch eine Abschwächung lässt sich noch lange nicht erkennen. Jurist*innen, die in diesem Bereich eine Expertise aufbauen konnten, sind dementsprechend gefragt.

Dringende Voraussetzungen sind in diesem internationalen Umfeld natürlich gute Fremdsprachenkenntnisse und zumindest ein Grundgerüst an technischem Verständnis bzw. die Bereitschaft, sich in grundsätzlich fremde und komplexe Sachverhalte einzuarbeiten. 

Vor allem international tätige Großkanzleien suchen stetig nach qualifizierten und talentierten Nachwuchsjurist*innen in diesen Bereichen und aufgrund der angespannten Lage am Arbeitsmarkt sowie dem vergleichsweise anspruchsvollen und fordernden Arbeitsumfeld, sind Jobs in diesem Bereich auch keine Mangelware. Wer sich in diese Thematik stürzen möchte, ist gut damit beraten, bereits früh im Studium eine entsprechende Richtung einzuschlagen und beispielsweise ein Praktikum in diesem Bereich zu absolvieren. Anders als in vielen anderen Rechtsgebieten gelten nämlich Erfahrungen, Beziehungen und vor allem zusätzliche Skills wie Verständnis für Technologie als deutlich wertvoller für Bewerber*innen.

 

Private Equity und Venture Capital sind zunächst sperrige Begriffe. Wenn man sich intensiver damit beschäftigt, wird deutlich, dass sich dahinter die große Welt der Transaktionen am Kapitalmarkt und die interessantesten Technologieunternehmen unserer Zeit verstecken. Unternehmen wie zum Beispiel Facebook oder PayPal wären ohne Venture Capital niemals geworden, was sie heute sind. Es handelt sich um ein mehr als spannendes Rechtsgebiet mit herausragenden Zukunftsaussichten und sollte daher vor allem bei Jurist*innen mit Interesse an Innovationen und Technologie unbedingt auf dem Zettel stehen!