Welche Berufe kann ich als Jurist in der Wirtschaft ausüben und wie kombinieren ich?

Verfasst von Sebastian M. Klingenberg

Wie kombiniere ich am besten Jura mit Wirtschaft?

Diese wirtschaftlichen Berufe lassen sich von Jurist:innen ausüben

Das Tätigkeitsfeld Wirtschaft ist auch unter Jurist:innen sehr beliebt, die verschiedenen Möglichkeiten vielseitig, etwa Gesellschaftsrecht, Internationales Privatrecht, Kartellrecht, Konzern- und Umwandlungsrecht sowie Insolvenzrecht im Wirtschaftsprivatrecht oder Öffentliches Wettbewerbsrecht, Subventionsrecht und Vergaberecht im Wirtschaftsverwaltungsrecht. Arbeitsstellen mit der Kombination Jura und Wirtschaft sind deshalb alles andere als rar gesät.

Die eigenen Jobaussichten lassen sich jedoch bereits in der Universität verbessern, indem bereits in der akademischen Ausbildung die entsprechenden Gebiete miteinander kombiniert werden. Welche Möglichkeiten es gibt, erfahrt ihr hier:

Muss es überhaupt ein Studium auf Staatsexamen sein?

Das erfolgreiche Bestehen im Jurastudium auf Staatsexamen ist eine zwingende Voraussetzung für das sich daran anschließende zweijährige Referendariat. Wer auch das Referendariat erfolgreich absolviert, dem stehen die Türen zu den großen juristischen Berufen offen: Anwält:in, Staatsanwält:in und Richter:in. Jurist:innen mit einer Affinität zur Wirtschaft werden jedoch nur in den seltensten Fällen eine Anstellung als Staatsanwält:in oder Richter:in in Betracht ziehen.

In aller Regel wird ein:e reine:r Wirtschaftsjurist:in in einer Wirtschaftskanzlei oder als Unternehmensjurist:in in einem Unternehmen arbeiten wollen. In beiden Fällen gibt es jedoch zahlreiche wirtschaftsjuristische Stellen, die das erfolgreiche Studium der Rechtswissenschaft auf Staatsexamen nicht zur Voraussetzung haben. Deshalb sollte man sich bereits vor dem Beginn des Studiums eine wichtige Frage stellen: Möchte ich unbedingt als Rechtsanwält:in tätig werden oder möchte ich viel lieber einen wirtschaftsjuristischen Beruf im Hintergrund?

Diese Frage hat ihre Berechtigung, denn seit der Einführung des Bologna-Modells lässt sich Jura auch auf Bachelor studieren. In einem solchen Bachelorstudiengang besteht die Möglichkeit unter anderem gezielt auf ‚Wirtschaft und Recht (Economics and Law)‘ zu studieren. Das reine Bachelorstudium dauert in der Regelstudienzeit lediglich sechs Semester und die vermittelten Inhalte sind eher praxisorientiert. Man erwirbt rechtliche Kompetenzen sowie vertiefte Kenntnisse der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre.

Mit dem erfolgreichen Ablegen einer Bachelorarbeit stehen einem sogar die gleichen Berufsmöglichkeiten offen, wie Rechtsreferendar:innen, also jemanden, der nach neun Semestern Regelstudienzeit die Erste Juristische Prüfung erfolgreich abgelegt hat, etwa als Wirtschaftsprüfer:in, Rechtsprüfer:in, Rechtsberater:in oder Steuerberater:in.

Jura und Wirtschaft kombiniert!

Welche Möglichkeiten bietet mir die Universität?

Der Bachelorstudiengang Jura mit dem Schwerpunkt, Wirtschaft und Recht (Economics and Law)‘ vermittelt gezielt die wesentlichen wirtschaftlichen Inhalte, die ein:e Wirtschaftsjurist:in für die Arbeit braucht. Eine Studium mit Jura und Wirtschaft ist also keine Seltenheit.

Diese Inhalte lassen sich in aller Regel jedoch auch im Rahmen des Examensstudiums erlernen:
 

Das Schwerpunktstudium

Im Jurastudium auf Staatsexamen dient das Schwerpunktstudium der Vermittlung tiefergreifender Inhalte. Mit der Wahl eines Schwerpunktes wird die berufliche Zukunft zwar nicht in Stein gemeißelt, bringt wohl aber gewisse Vorteile bei potentiellen Arbeitgebern, da letztlich doch ein weitergehendes Wissen vorhanden ist.

Das Angebot im Schwerpunktstudium unterscheidet sich je nach Universität, Kurse zum Wirtschaftsrecht werden jedoch überall angeboten. Die Möglichkeiten gehen dabei vom Deutschen und Europäischen Wirtschaftsrecht (etwa mit Gesellschaftsrecht, Kartellrecht etc.) über Internationalen Handelsverkehr (etwa mit Vertriebsrecht, UN-Kaufrecht etc.) bis hin zum Steuerrecht, dem  Wirtschaftsverwaltungsrecht (etwa mit Subventionsrecht, Wirtschaftsaufsichtsrecht etc.) oder dem Wirtschaftsstrafrecht.
 

Die Schlüsselqualifikationen

Zusätzlich zum einschlägigen Schwerpunkt lassen sich verschiedene Schlüsselqualifikationen erwerben. Die Universitäten bieten solche zunehmend an und sollten auch über die nachstehenden Möglichkeiten hinaus stets wahrgenommen werden. 

Im Rahmen der Kombination Jura und Wirtschaft steht allen voran die Schlüsselqualifikation „BWL für Jurist:innen“. Hierbei werden Kenntnisse in der Betriebswirtschaftslehre (meistens mitsamt einer Einführung in die Volkswirtschaftslehre sowie Rechtsökonomik) vermittelt, etwa externes und internes Rechnungswesen, Rechnungsauslegung nach HGB, Management oder Logistik. Einige Universitäten bieten sogar die Möglichkeit an, ein sog. Wirtschaftszertifikat zu erwerben.

Eine weitere für angehende Wirtschaftsjurist:innen wichtige Schlüsselqualifikation ist die Mediation bzw. genauer die Wirtschaftsmediation, welche oftmals bei innerbetrieblichen Konflikten oder bei Konflikten zwischen Unternehmen zur Anwendung kommt.

Einige Universitäten bieten sogar die Möglichkeit an, ein sog. Wirtschaftszertifikat zu erwerben.

Welche Berufe stehen mir als Wirtschaftsjurist:in offen?

Wer Jura auf Staatsexamen studiert hat und kein:e reine:r bzw. kein:e Anwält:in im Wirtschaftsbereich sein möchte oder wer Jura auf Bachelor (gegebenenfalls mit anschließendem Master) studiert hat, dem stehen im wirtschaftsjuristischen Bereich viele Möglichkeiten offen:
 

Wirtschaftsprüfer:in

Nach § 2 Abs. 1 der Wirtschaftsprüferordnung [WPO] haben Wirtschaftsprüfer:innen die berufliche Aufgabe, betriebswirtschaftliche Prüfungen, insbesondere solche von Jahresabschlüssen wirtschaftlicher Unternehmen, durchzuführen und Bestätigungsvermerke über die Vornahme und das Ergebnis solcher Prüfungen zu erteilen. Konkret gehört beispielsweise auch die Wirtschaftsprüfung über die ordnungsmäßige Buchführung eines Unternehmens zu deren Hauptaufgaben.

Nach Abs. 2 sind sie darüber hinaus befugt, ihre Auftraggeber in steuerlichen Angelegenheiten nach Maßgabe der bestehenden Vorschriften zu beraten und zu vertreten.
 

Rechtsprüfer:in und Rechtsberater:in

Zu der Hauptaufgabe von Rechtsprüfer:innen gehört hingegen die gutachterliche Stellungnahme zu einem Rechtsproblem. Ein:e Rechtsprüfer:in macht somit genau das, was er an der Universität gelernt hat. Rechtsberater:innen sind schließlich diejenigen, die den Auftraggeber entsprechend der gutachterlichen Ergebnisse berät. Deshalb werden die Tätigkeiten der Rechtsprüfung und der Rechtsberatung oftmals auf eine Person zusammen fallen. Der bzw. die Anwält:in ist es dann jedoch, der bzw. die den Auftraggeber gerichtlich vertritt.
 

Steuerberater:in

Entsprechend zu dem bereits Gesagten ist die Hauptaufgabe von Steuerberater:innen die steuerliche Prüfung sowie die steuerliche, aber auch betriebswirtschaftliche Beratung. Demnach hat er für eine optimale Steuergestaltung zu sorgen, bei der Erstellung von Buchführungen, Jahresabschlüssen und Steuererklärungen zu unterstützen sowie die Überprüfung von Steuerbescheiden vorzunehmen. Der bzw. die Steuerberater:in ist in aller Regel sogar nicht nur zur Vertretung des Mandanten gegenüber dem Finanzamt, sondern auch in finanzgerichtlichen Prozessen befugt.
 

Verwaltungsbeamte:r

Die Aufgaben von Verwaltungsbeamten variieren je nach Art der Behörde, bei der sie beschäftigt sind. Möglich ist jedenfalls eine Anstellung in der Bundesverwaltung (sei es bei einem Bundesministerium, einem Bundesamt, der Bundeswehr etc.), der Landesverwaltung (etwa bei einem Landesministerium, beim staatlichen Landratsamt etc.) sowie der Kommunalverwaltung oder sogar bei einer Handwerkorganisation bzw. bei einer Industrie- und Handelskammer.
 

Vorstandssekretär:in

Als Vorstandssekretär:in übernimmt man für einen Vorstand zunächst die klassischen Sekretariatsaufgaben (etwa Postbearbeitung, Termin- und Reiseplanung, Gästebetreuung, Ablage- und Dokumentenmanagement etc.), aber auch die Vorbereitung von Reden des Vorstandes bzw. der Vorständin sowie Tagungen, Aufsichtsrats- und Gremiensitzungen sowie unter Umständen sogar delikate Personalangelegenheiten, die aus bestimmten Gründen nicht in der Personalabteilung des Unternehmens bearbeitet werden sollen.

Die Kombination Jura und Wirtschaft bietet hervorragende Jobaussichten. Wer diese beiden Gebiete miteinander kombinieren möchte, sollte sich dennoch zunächst einmal Gedanken darüber machen, ob eine Tätigkeit als Rechtsanwält:in überhaupt in Betracht kommt. Sollte dies nicht der Fall sein, so lässt sich mit dem Bachelorstudiengang Jura gezielt ein wirtschaftlicher Schwerpunkt einrichten.

Anderenfalls kann das Staatsexamensstudium ebenso mit Wirtschaft kombiniert werden, wenngleich nicht in dem gleichen Umfang. Möglich sind jedoch einschlägige Schwerpunkte, die viele verschiedene Möglichkeiten zumindest in juristischer Hinsicht abdecken. Einige Universitäten bieten jedoch auch als Schlüsselqualifikation „BWL für Jurist:innen“ an, wo zusätzlich betriebswirtschaftliche sowie volkswirtschaftliche und rechtsökonomische Aspekte einfließen.

Mit dem Bachelorabschluss sowie dem erfolgreichen Bestehen des Ersten Staatsexamens stehen den Jung-Jurist:innen jedenfalls die gleichen Jobmöglichkeiten offen, die ebenso sehr unterschiedlich sind und damit nahezu alle Vorlieben abdecken.