Büroteam

Veröffentlicht am 30.04.2024

Work-Life-Balance und Großkanzlei – geht das?

Janis Schulz von K&L Gates im Interview

Janis Schulz ist seit Anfang 2023 als Senior Associate im Bereich Asset Management and Investments Funds im Berliner Büro von K&L Gates tätig. Nach dem Jurastudium in Passau und dem Referendariat hat er zunächst für rund vier Jahre bei einer anderen Großkanzlei im Bereich Private Funds gearbeitet.
 

Herr Schulz, Sie sind seit Anfang 2023 als Senior Associate bei K&L Gates tätig. Wie ausschlaggebend war das Gehalt für die Wahl des Arbeitgebers?  Welche Rolle hat Ihre Work-Life-Balance gespielt?

Natürlich spielt das Gehalt bei einer Tätigkeit in einer Großkanzlei eine große Rolle. Es ist kein Geheimnis, dass die Arbeitszeiten dort auch mal unangenehm sein können. Hierfür sollte es einen entsprechenden finanziellen Ausgleich geben.

Allerdings macht es einen großen Unterschied, ob der Arbeitstag regelmäßig um 19 Uhr oder erst um 21 Uhr endet. Auch wenn das nur zwei Stunden sind. Wenn man gegen 21 Uhr das Büro verlässt, bleibt vom Tag nicht mehr viel übrig.

Natürlich sind die Arbeitszeiten immer auch mandatsabhängig, aber die Work-Life-Balance der Associates wird bei K&L Gates im Allgemeinen respektiert. Nach meinem Verständnis sind die meisten mit ihren Arbeitszeiten sehr zufrieden.

“The K&L Gates Experience"

K&L Gates bietet ein Balanced-Hours-Programm an. Was bedeutet das? Sollte ein solches Angebot für Arbeitgeber verpflichtend sein?

Das Balanced-Hours-Programm ist ein flexibles Arbeitszeitmodell, welches ganz unterschiedlich genutzt werden kann (z.B. für die Dissertation, die Kinderbetreuung oder ein Sabbatical).

Meine Wahrnehmung ist, dass diejenigen, die das Modell bei K&L nutzen, nicht wie Mitarbeiter:innen zweiter Klasse behandelt werden, was man immer wieder von ähnlichen Modellen anderer Kanzleien hört. Ich denke jedoch nicht, dass solche Angebote für Arbeitgeber verpflichtend sein sollten. Der Arbeitsmarkt regelt solche Dinge von ganz allein.

Viele Kanzleien dürften es sich langfristig wirtschaftlich nicht leisten können, auf gut ausgebildete Juristinnen und Juristen zu verzichten. Wenn ein erheblicher Teil dieser Jurist:innen nicht bereit ist, bis zu 60 Stunden oder mehr pro Woche zu arbeiten, müssen andere Wege gefunden werden, z.B. allgemein durch humanere Arbeitszeiten und durch Modelle wie das Balanced-Hours-Programm. 
 

Warum ist Ihr Fachbereich so spannend? Können Sie das anhand eines aktuellen Projekts veranschaulichen?

Ich arbeite im Bereich Asset Management & Investment Funds und beschäftige mich viel mit Private Equity-Fonds und anderen Investmentfonds. In diesem Bereich geht es in der Regel nicht um den Erwerb bzw. die Veräußerung von Unternehmen durch diese Fonds (M&A), sondern um die Gestaltung der Fonds selbst. Zu den Mandant:innen zählen sowohl die Initiatoren solcher Fonds (z.B. Vermögensverwalter) als auch Investoren, die sich an solchen Fonds beteiligen wollen (z.B. Versicherungen oder Versorgungswerke, die die Beiträge ihrer Mitglieder anlegen).

Rechtlich spielen hier viele Themen eine Rolle, national vor allem das Aufsichts-, das Gesellschafts- und das Steuerrecht. Weil solche Fonds in der Regel international tätig sind, beschäftigt man sich aber auch viel mit ausländischen Rechtsfragen. Aktuell arbeite ich beispielsweise mit den Kolleginnen und Kollegen aus unserem Dubliner Büro an einer irischen Fondsstruktur für einen deutschen Mandanten.

Der Fachbereich ist aus meiner Sicht unter anderem deswegen interessant, weil die Arbeit häufig abwechslungsreich und stark international ausgerichtet ist. Man kann sich inhaltlich in viele unterschiedliche Richtungen entwickeln. Außerdem ist die eigene Arbeit in der Regel deutlich besser planbar als in anderen Bereichen.
 

Wann wird es in Ihrem Fachbereich besonders anstrengend? Wie gleichen Sie kurz- und langfristig anstrengende Arbeitstage aus?

Insbesondere kurz vor dem Zeichnungsschluss eines Fonds, also wenn die Investoren gegenüber dem Fonds eine verbindliche Kapitalzusage abgeben sollen, kann es schon mal stressig werden. Ganz gleich, ob man als Anwält:in den Fonds oder den Investor vertritt. Bei uns im Bereich wird aber darauf geachtet, dass die Belastung halbwegs gerecht verteilt wird. Meinen Ausgleich nach anstrengenden Arbeitsphasen finde ich vor allem mit der Familie/Freunden und auf Reisen.

Janis Schulz
Janis Schulz
Die Kultur ist nach meinem Empfinden offen, direkt und individualistisch geprägt. Die Menschen, die hier arbeiten, sind sehr unterschiedlich und das wird respektiert. Das gefällt mir persönlich sehr gut.
Janis Schulz

Hat sich der juristische Arbeitsmarkt in Bezug auf die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben verändert?

Ich denke schon. Vielen Menschen scheint das Thema sehr wichtig zu sein. Zusätzlich nimmt das Angebot an juristischen Arbeitskräften in Deutschland durch den demografischen Wandel und andere Effekte trotz gewisser Schwankungen grundsätzlich ab, während der juristische Beratungsbedarf in vielen Bereichen durch einen regulierungsfreudigen Gesetzgeber stetig zunimmt. Das macht es natürlich insgesamt einfacher, bessere Arbeitsbedingungen auszuhandeln und damit eine den individuellen Ansprüchen genügende Work-Life-Balance zu schaffen.  
 

Ein Blick hinter die Kulissen. Welche Benefits bietet K&L Gates an? Welche sind für Sie besonders wichtig?

Bei K&L Gates gibt es die üblichen Benefits (Fortbildungen, Events, Sportangebote, Snacks, usw.), wie sie auch von vielen anderen Kanzleien angeboten werden. Erwähnenswert ist hier z.B. das Ski-Retreat, was in der Regel einmal im Jahr stattfindet und immer sehr beliebt ist.   
 

Flexible Arbeitszeiten, Home Office & Co. – wie kann so die Zusammenarbeit im Team funktionieren? 

Das hängt natürlich stark von den jeweiligen Mandaten ab. Der Abstimmungsbedarf kann ganz unterschiedlich ausgeprägt sein. Die Zusammenarbeit im Team funktioniert aber auch dann gut, wenn einzelne Personen nur eingeschränkt verfügbar sind. Darüber hinaus sehen wir uns als Team an einigen festen Tagen in der Woche im Büro. Da ist immer Zeit für eine kurze Besprechung. Meiner Meinung nach funktioniert das alles gut und wird im Team sehr positiv wahrgenommen. 
 

Was zeichnet für Sie die Kanzleikultur bei K&L Gates aus? Haben Sie ein verdeutlichendes Beispiel im Kopf?

Man merkt schon, dass K&L Gates eine amerikanische Kanzlei ist und dass wesentliche Entscheidungen hinsichtlich der Kanzleikultur in den USA getroffen werden. Die Kultur ist nach meinem Empfinden offen, direkt und individualistisch geprägt. Die Menschen, die hier arbeiten, sind sehr unterschiedlich und das wird respektiert. Das gefällt mir persönlich sehr gut. 

Kritische Stimmen bezeichnen das ganze Modell “Work-Life-Balance” für überflüssig und zu gehyped. Was würden Sie diesen entgegenbringen?

Jede:r muss für sich selbst entscheiden, wie viel „Life“ er oder sie braucht. Allerdings sind mir nur sehr wenige Leute bekannt (insbesondere in Berlin), die gänzlich darauf verzichten wollen.

Speziell Juristinnen und Juristen sind wegen des umfangreichen Angebots an guten Jobs relativ flexibel und wechseln zur Not den Arbeitgeber, wenn ihnen die Work-Life-Balance nicht passt. Ein Hype wäre es ja nur, wenn das Bedürfnis nach vernünftigen Arbeitszeiten nur eine Modeerscheinung wäre. Das entspricht aber nicht meiner Wahrnehmung. 
 

Ein kleiner Blick in die Zukunft. Welche außergewöhnlichen – vielleicht auch exotischen – Benefits fehlen bei K&L Gates noch? Wo sehen Sie Verbesserungsbedarf bei Ihrem Arbeitgeber?

Vielleicht eine Softeismaschine?
 

Ihr Fazit?

Work-Life-Balance ist keine Modeerscheinung und sollte bei der Wahl des Arbeitgebers definitiv nicht außer Acht gelassen werden. K&L Gates bietet in dieser Hinsicht sehr faire Bedingungen. Für viele gibt es hier noch ein Leben jenseits der Arbeit, ganz gleich ob mit oder ohne Balanced Hours-Programm. 
 

Vielen Dank, Herr Schulz!

Ein Blick hinter die Kulissen von K&L Gates

Kerstin Hanke ist der lebende Beweis dafür, dass Jurist:innen nicht alles auf eine Karte setzen müssen: Sie ist sowohl als Partnerin als auch als Notarin bei K&L Gates tätig. In dieser Folge des New Lawyers Podcasts spricht sie mit Magdalena Oehl unter anderem darüber, welche Vorteile zwei Standbeine haben, wie sie zum Fachbereich M&A gekommen ist und warum Ellbogenmentalität in der Großkanzlei kein Muss ist.