Zwischen People Management und Head of the Deal

Der Transaktionsbereich in einer internationalen Großkanzlei stellt ein spannendes Zusammenspiel von juristischen Aufgabenstellungen und Organisationsarbeit dar, mit dem jeder, der im Transaktionsbereich tätig wird, täglich konfrontiert ist. In Adriana Worms’ Rolle als Associate im Bereich Corporate / Private Equity ist sie oftmals „die Frau, bei der die Fäden zusammenlaufen“ oder auch der Filter zwischen den Partnern, die den Deal leiten und dem Team.
 

Frau Worms, können Sie uns zunächst etwas über Ihre Rolle bei Dechert LLP erzählen?

Gerne. Ich bin Mid-level Associate im Corporate and Securities Team oder näher gesagt im Bereich Private Equity/M&A bei der amerikanischen Kanzlei Dechert LLP. Meine Arbeit umfasst im Wesentlichen die Beratung bei einer Vielzahl von Transaktionen, mit Fokus auf Private Equity, Venture Capital und im Hinblick auf gesellschaftsrechtliche Fragestellungen. 

Wie sehen Sie die Verbindung zwischen People Management und Deals im Private Equity/M&A?

Auch wenn ich als Associate nicht direkt einen Deal leite, sondern primär dem leitenden Partner* oder Counsel zuarbeite, spielt People Management eine wichtige Rolle in meiner Arbeit. Es geht darum, effektiv mit dem Team und den Mandanten zu kommunizieren, um sicherzustellen, dass alle auf dem gleichen Stand sind und effizient zusammenarbeiten.

Neben der juristischen Arbeit ist das Schaffen von Strukturen und die Organisation eines Teams gerade im Transaktionsbereich eine der wichtigsten Aufgaben. Oft arbeiten wir mit Teams aus vielen unterschiedlichen Jurisdiktionen zusammen. Am Ende muss jeder einzelne genau wissen, wann und was von ihm erwartet wird.

Es ist unerlässlich für erfolgreiche Mandatsarbeit, dass alle Kollegen auf ein klar definiertes Arbeitsergebnis hinarbeiten und einen Ansprechpartner haben, der die Fäden in der Hand hält und für Rückfragen jederzeit zur Verfügung steht. Diese Aufgabe wird in der Regel von den Anwälten aus dem Bereich Corporate/M&A übernommen.
 

Wie hat Ihre Erfahrung im People Management Ihre Fähigkeit, an Deals mitzuarbeiten, beeinflusst?

Gerade in den ersten Monaten als Associate hat man oft eine gewisse Hemmschwelle auch weitaus erfahreneren Kollegen aus den einzelnen Fachbereichen Anweisungen zu geben und klare Deadlines zu setzen. Diese Scheu legt man jedoch meist schnell ab, da unklare Anweisungen in der Regel nur zu mehr Rückfragen führen, die letztlich niemandem helfen.

Die Erfahrungen, die man durch den Job in einem großen internationalen Umfeld sammelt, stellen sich gerade am Anfang als sehr steile Lernkurve dar, da man hierauf im Studium nur wenig vorbereitet wird. Nach einigen Deals hat man jedoch seinen eigenen Stil entwickelt, und auch schnell erkannt, wie wichtig es für eine erfolgreiche Transaktion ist, das Team zu jeder Zeit im Blick zu behalten, was letztlich immer zu den entscheidenden Faktoren einer erfolgreichen Transaktion gehört. 
 

Was sind die größten Herausforderungen und Belohnungen, die mit der Arbeit an einem Deal im Corporate / Private Equity verbunden sind?

Die größte Herausforderung ist oft die Komplexität des Deals, gerade bei großen internationalen Transaktionen. Dazu kommt die Notwendigkeit, unter großem Zeitdruck zu arbeiten. Gerade das sind aber auch die Dinge, die unsere Arbeit spannend machen.

Es ist ein sehr gutes und mit viel Adrenalin verbundenes Gefühl, einen komplexen Deal im Team zum Abschluss zu bringen. Es ist jedes Mal wieder ein Highlight, für den Abschluss einer Transaktion gemeinsam zum Notar zu gehen und dort die wesentlichen Transaktionsdokumente zu beurkunden. Danach die zufriedenen Gesichter der Mandanten zu sehen und an das Team die Information weiter zu geben, dass wir die Urkunde unterzeichnet haben, gehört immer zu den schönsten Momenten einer Transaktion.

Was haben Sie zu Beginn Ihrer Tätigkeit unterschätzt?

Die Welt der Juristen im Bereich Corporate / Private Equity ist sehr klein. Die meisten Personen trifft man im Rahmen des Jobs wieder und wieder. Das eigene Netzwerk wächst und Teams verändern sich, wechseln Kanzleien, wachsen, wechseln zu Mandanten.

Arbeitsintensive Phasen, wie sie im Transaktionsgeschäft häufig vorkommen, schweißen das Team immens schnell zusammen. Man arbeitet viele Stunden, auf ein gemeinsames Ziel fokussiert, zusammen - auch gerne bis spät in die Nacht. Wenn man in diesen Phasen ein starkes Team hat, das an einem Strang zieht, ist die Freude am Ende doppelt so groß und das Team schnell eingespielt und gefestigt. Dies gilt auch für die Anwälte der „Gegenseite“ – denn im besten Falle sind alle an einem möglichst effizienten und lösungsorientierten Prozess interessiert.

Je eingespielter das eigene Team, die Anwälte der Gegenseite, die Notariate und die Mandanten sind, desto besser und effizienter ist dies möglich. Die juristische Beratung kann noch so gut sein – wenn der Fokus auf das eigentliche Ziel, den Abschluss einer Transaktion, verloren geht, haben wir unsere Rolle falsch verstanden. Daher ist ein guter Head of the Deal und People Manager niemals zu unterschätzen.  
 

Welche aktuellen Projekte beschäftigen Sie? Ändert sich in Ihrem Fachbereich häufig die Gesetzeslage?

Das Transaktionsgeschäft nimmt langsam wieder an Fahrt auf und so beschäftigen uns diverse neue spannende Mandate, sowohl auf Käufer- als auch auf Verkäuferseite. Daneben baut Dechert gerade das interne Trainingsprogramm für Deutschland aus, sodass wir ein umfangreiches, monatliches Trainingsangebot in München haben.

Die Vorbereitung der entsprechenden Trainingseinheiten und Vorträge übernehmen die Partner und Counsel bei uns im Team. Natürlich gibt es immer wieder Neuerungen in der Gesetzeslage, die in der täglichen Arbeit zu beachten sind, nicht zuletzt das MoPeG das zum 01. Januar 2024 in Kraft getreten ist und wesentliche Bereiche des Personengesellschaftsrechts betrifft. 

Was macht die Arbeit in Ihrem Team für Sie besonders? Sind Sie auch teamübergreifend tätig?

Für mich macht der Zusammenhalt die Arbeit im Team besonders. Ein gut funktionierendes Team ist für mich einer der Schlüssel zu mehr Spaß an der Arbeit. Je eingespielter das Team ist, desto leichter geht die Arbeit von der Hand und desto besser und schneller lassen sich auch große Projekte bewältigen. Mein Team bei Dechert besteht aus einer großartigen Mischung von jungen und erfahreneren Kollegen. Durch diese Kombination ist zum einen eine sehr gute Ausbildung und Qualität der Arbeit und zum anderen auch eine sinnvolle Arbeitsverteilung gewährleistet.

Es ist stets ein Ansprechpartner vorhanden, um fachliche Fragen zu beantworten und gleichzeitig können kleinere Aufgaben effizient an jüngere Kollegen delegiert werden. Teamübergreifend sind wir vor allem mit Büros von anderen Standorten tätig, sobald wir an internationalen Transaktionen arbeiten und Expertise außerhalb Deutschlands benötigen.
 

Sollten Jurist:innen bereits im Studium intensiv in den Bereich Corporate/ M&A eingeführt werden? Was erwartet Berufseinsteiger:innen bei Dechert in den ersten Wochen?

Aus meiner Sicht lebt der Bereich Corporate / M&A in weiten Teilen von Erfahrung. Diese Erfahrung lässt sich nur begrenzt im Studium vermitteln. Hilfreich ist es jedoch, sich bereits im Studium vertieft mit dem Gesellschaftsrecht, insbesondere dem GmbH-Gesetz, auseinanderzusetzen. Außerdem vermitteln Praktika in Kanzleien mit gesellschaftsrechtlichem Bezug meist einen guten Einblick, was einen beim Berufseinstieg einmal erwartet.

In den ersten Wochen nach dem Berufseinstieg erhält man zunächst zahlreiche Trainings im Rahmen des Onboardings zu IT, Dokumentenverwaltung und internen Abläufen. Dazu kommt natürlich das Kennenlernen der neuen Kollegen. In diesem Rahmen wird man mit ersten kleineren Aufgaben betraut und vertraut gemacht, meist in Begleitung eines erfahreneren Kollegen. So wird man langsam an den neuen Verantwortungsbereich herangeführt.

Daneben erhält jeder Berufseinsteiger direkt an seinem ersten Arbeitstag einen lokalen Mentor oder eine lokale Mentorin, um für alle auftretenden Fragen einen direkten Ansprechpartner zu haben.
 

Welchen Tipp würden Sie Uniabsolvent:innen und Referendar:innen geben, die sich für den Bereich Corporate / Private Equity in der Großkanzlei interessieren?

Habt keine Angst vor der neuen Rolle. Gerade die ersten Monate sind von einer gewissen Unsicherheit geprägt. Ich gehe davon aus, dass dies jedoch nicht nur im Bereich Corporate/Private Equity bzw. im Transaktionsbereich so ist, sondern in jeder Rolle als Berufsanfänger.

Ich war gerade am Anfang davon verunsichert, dass der Transaktionsbereich oftmals viel stärker von verhandlungstaktischen, zwischenmenschlichen und organisatorischen Themen geprägt ist, als von den klassisch juristischen Fragestellungen, die man über Jahre trainiert hat. Wenn man allerdings ein kommunikationsfreudiger und offener Mensch ist, der sich gerne neuen Herausforderungen stellt, wächst man in diese Rolle schnell hinein. Je stärker das Team und der „Head of the Deal“ ist, mit dem man seine ersten Transaktionserfahrungen sammelt, desto schneller wird man sich in diesem Umfeld zurechtfinden. 

Gerade im Transaktionsbereich ist die Dichte an Frauen noch dünn. Hat dies aus Ihrer Sicht einen Einfluss auf den Arbeitsalltag und gibt es aus Ihrer Sicht eine Chance, dass sich dies in näherer Zukunft ändert?

Es ist tatsächlich so, dass gerade in der Rolle der Partner im Private Equity / Transaktionsgeschäft weit mehr Männer als Frauen vertreten sind – dies gilt übrigens auch für die Mandantenseite. Für mich persönlich war es nie eine Belastung oder ein Thema, das meine Entscheidung, Rechtsanwältin im Bereich Corporate / Private Equity zu werden, beinflusst hat.

Ich habe tolle Kolleginnen und Kollegen, die mich seit Beginn meiner Tätigkeit als Anwältin immer unterstützt haben. Nach meinem Gefühl ist es schwierig eine echte Prognose für den Anstieg der Anzahl von Frauen im Private Equity / Transaktionsgeschäft abzugeben, da man einige Dinge, wie die faktisch schlichtweg nicht immer kalkulierbaren Arbeitszeiten und Peaks auf Transaktionen, schlichtweg nicht ändern kann.

Auch wenn eine echte Prognose schwierig ist, bin ich davon überzeugt, dass in den nächsten Jahren mehr und mehr Frauen in führende Rollen aufsteigen werden. Seit einigen Jahren wird viel daran gearbeitet Frauen zu fördern und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Großkanzleien zu verbessern. Heute gibt es wesentlich mehr Angebote für Familien, eine gesellschaftliche Offenheit für alternative Betreuungsmodelle und am allerwichtigsten ein weit verbreitetes Bewusstsein, wie wichtig es ist, Chancengleichheit für alle zu schaffen.

Da der Weg in Führungsrollen jedoch einige Zeit in Anspruch nimmt, denke ich, dass man dem Prozess schlichtweg noch etwas mehr Zeit geben muss. Als Fazit kann ich jedoch sagen, dass ich in meiner Zeit als Anwältin noch nie in einer Position war in der ich mich nicht als geschätztes Teammitglied gefühlt habe, egal ob von Kollege oder Kollegin, Mandant oder Mandantin oder auch Notar und Notarin.

Ich bin überzeugt davon, dass jeder dafür Verantwortung übernehmen kann eine offene und gleichwertige Behandlung wieder in die entsprechenden Transaktionsteams zu tragen.
 

Ihr Fazit?

Für mich persönlich ist die Arbeit im Bereich Corporate / M&A, insbesondere im Zusammenhang mit Private Equity Transaktionen ein wahnsninng abwechslungsreicher und schnelllebiger Job. Transaktionen, Mandanten und Berater sind meist von einer großen Flexibilität und außerordentlichem Engagement geprägt, das dazu führt, dass der Job niemals langweilig wird und kein Tag dem anderen gleicht. Würde ich nochmals vor der Frage stehen, was ich einmal beruflich machen möchte, würde ich mich immer wieder für diesen Beruf entscheiden. 
 

Vielen Dank Frau Worms!

* Begriffe, die sich auf ein bestimmtes Geschlecht beziehen, sollen so verstanden werden, dass sie auch das jeweilige andere Geschlecht miteinbeziehen.