Ehrenamtliche Rechtsberatung: Achtjähriges Jubiläum mit dem Trebe Café

Veröffentlicht am 29.06.2023

Ehrenamtliche Rechtsberatung: Achtjähriges Jubiläum mit dem Trebe Café

Dr. Katrin Gaßner und Stefanie Spancken-Monz von Freshfields im Interview

Dr. Katrin Gaßner ist seit 2006 als Partnerin in den Bereichen Fusionskontrolle und Compliance-Beratung im weitesten Sinn auf deutscher und europäischer Ebene bei Freshfields Bruckhaus Deringer. Zudem ist sie aktives Mitglied der Freshfields-Fachgruppe Global Investigations. Sie berät Pro Bono im Trebe Café, einer Einrichtung, die obdachlosen oder sozial benachteiligten Mädchen und jungen Frauen Zuflucht bietet. 

Stefanie Spancken-Monz arbeitet seit sieben Jahren als Rechtsanwältin bei Freshfields Bruckhaus Deringer in der Praxisgruppe Konfliktlösung. Schwerpunktmäßig berät sie im Bereich komplexer Kartellschadensersatzverfahren und zu Fragen im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Frau Spancken-Monz berät ebenfalls das Pro Bono-Mandat Trebe Café.

Dr. Katrin Gaßner und Stefanie Spancken-Monz
Dr. Katrin Gaßner und Stefanie Spancken-Monz

Katrin, du bist Partnerin für Kartellrecht in Düsseldorf und engagiert beim Pro Bono-Mandat Trebe Café. Worum geht es bei diesem Projekt? Inwiefern kannst du die jungen Frauen unterstützen?

Dr. Katrin Gaßner: Das Trebe Café ist eine Einrichtung der Diakonie Düsseldorf, die jungen Frauen bis 27 Jahren einen geschützten Zufluchtsort bietet. Der Lebensmittelpunkt vieler der jungen Frauen ist auf der Straße, obwohl die allermeisten nicht wirklich auf der Straße schlafen, sondern häufig irgendwo unterschlüpfen können. Auch das bringt natürlich oft wieder Gefahren mit sich. 

Im Trebe Café haben die jungen Frauen und ihre Kleinkinder einen geschützten Ort und die Möglichkeit zum Duschen und Essen, erhalten Kleidung und Hygieneartikel – alles das, was für uns selbstverständlich sein mag, aber für sie nicht selbstverständlich ist. Gleichzeitig stehen die Sozialarbeiterinnen für die Probleme und Fragen der jungen Frauen zur Verfügung, begleiten diese bei Behördengängen oder helfen bei der Job- und Wohnungssuche. 
 

Stefanie, du bist Anwältin bei Freshfields. Zu welchen Themen berätst du normalerweise?

Stefanie Spancken-Monz: Ich bin seit sieben Jahren Teil der Konfliktlösungs-Praxis bei Freshfields und berate in sämtlichen Bereichen des Handels- und Wirtschaftsrechts mit einem besonderen Schwerpunkt auf komplexen Kartellschadensersatzverfahren und Fragen im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Klassischerweise berate ich also Wirtschaftsunternehmen in großvolumigen und öffentlichkeitswirksamen Verfahren.      
 

Und wie sieht deine Mitarbeit beim Trebe Café aus?

​​Stefanie Spancken-Monz: Ich bin seit fast sieben Jahren genauso Teil des Freshfields-Teams, welches jungen Frauen eine kostenlose Rechtsberatung im Rahmen einer offenen Rechtsberatungsstunde anbietet. Zunächst eigentlich nur vor Ort, aber spätestens seit Corona natürlich auch über Telefon, SMS und E-Mail. Meine Aufgabe besteht häufig zunächst einmal darin, das Vertrauen der jungen Frauen, die zum Teil traumatisiert sind, zu gewinnen und mit ihnen und den Sozialarbeiterinnen gemeinsam den Sachverhalt aufzuarbeiten. 

Anschließend geht es darum, für die rechtlichen Anliegen aus ganz unterschiedlichen Rechtsgebieten, wie dem allgemeinen Zivilrecht, aber auch aus dem Familien-, Aufenthalts-, Straf-, Arbeits- und Sozialrecht eine praktische Lösung zu entwickeln. 

Häufig übernehmen wir dann die Korrespondenz mit Inkassounternehmen, gegnerischen Anwälten, Vermietern, Behörden, Gerichtsvollziehern, Energieversorgern oder Telekommunikationsunternehmen. Oft reicht ein vorgerichtliches Schreiben, um die Sache zu erledigen oder uns mit der Gegenseite zu einigen. In seltenen Fällen unterstütze ich die jungen Frauen auch bei der Kommunikation mit den Strafverfolgungsbehörden und bei der Vertretung vor den Zivilgerichten.

Ich habe mich für die Mitarbeit beim Trebe Café entschieden, weil ich neben meiner sehr spannenden und herausfordernden Tätigkeit als Anwältin bei Freshfields zugleich etwas „im Kleinen“ für den einzelnen Menschen bewegen und die jungen Frauen ein Stück auf ihrem Weg in ein hoffentlich geordneteres Leben begleiten möchte.
Stefanie Spancken-Monz

In welchen konkreten Lebenssituationen kannst du den jungen Frauen helfen? Übergebt ihr auch Fälle an externe Anwält:innen?

Stefanie Spancken-Monz: In meiner inzwischen siebenjährigen Tätigkeit für das Trebe Café habe ich die jungen Frauen bei einer ganzen Bandbreite an Anliegen unterstützt, zum Beispiel:

  • unbegründete Rückforderungen von Kindergeld 
  • Abwehr von zivilrechtlichen Ansprüchen nach einem Diebstahl
  • Abwehr von Zwangsräumungen der Wohnung 
  • Beendigung von „untergeschobenen“ Verträgen
  • Rücknahme von Wohnsitzauflagen
  • Ehescheidung
  • Verhandlung von Ratenzahlungsvergleichen mit Telekommunikations- und/oder Energieversorgungsunternehmen.

Manchmal übergeben wir einzelne Fälle auch an externe (Fach-)Anwältinnen, insbesondere wenn es um straf- oder familienrechtliche Angelegenheiten geht, die nicht zu unserem Fachgebiet gehören. Trotzdem bleiben wir für die jungen Frauen Hauptansprechpartner und wichtiges Bindeglied.    
 

Stefanie, was ist Deine Motivation, dich zu engagieren?

Stefanie Spancken-Monz: Ich habe mich für die Mitarbeit beim Trebe Café entschieden, weil ich neben meiner sehr spannenden und herausfordernden Tätigkeit als Anwältin bei Freshfields zugleich etwas „im Kleinen“ für den einzelnen Menschen bewegen und die jungen Frauen ein Stück auf ihrem Weg in ein hoffentlich geordneteres Leben begleiten möchte. Außerdem finde ich es spannend, auch immer wieder zu den anderen Themengebieten aus dem täglichen Leben zu beraten, mit denen ich in meiner Arbeit als Wirtschaftsanwältin sonst nicht in Berührung komme. 

Katrin, warum macht die Pro Bono Beratung für Freshfields Sinn? Was ist das Ziel der kostenlosen Rechtsdienstleistung?

Dr. Katrin Gaßner: Wir erbringen kostenlose Rechtsdienstleistungen im öffentlichen Interesse (pro bono) für ein breites Spektrum von Mandanten, von einzelnen Asylbewerbern bis hin zu einigen der größten Wohltätigkeitsorganisationen der Welt. Ein großes Projekt sind derzeit auch die Special Olympics Weltspiele in Berlin, die weltweit größte inklusive Sportveranstaltung. 

Wir sind der Meinung, dass jeder Mensch einen effektiven Zugang zu seinen Rechten haben sollte und konzentrieren unsere Bemühungen insbesondere auf die Förderung des Zugangs zu den Rechten unserer Zielgruppen, darunter Frauen, Kinder, LGBT+-Menschen, Überlebende des Menschenhandels und Flüchtlinge.

Unser Ziel ist es, durch enge Beziehungen zu unseren ständigen Pro-Bono-Klienten und durch proaktive Unterstützung bei der Bewältigung systemischer Probleme den größtmöglichen Einfluss auf den Zugang zum Recht und den Zugang zu Chancen zu haben. Unsere pro-bono-Partner sind genauso Mandanten der Kanzlei: Wir unterscheiden intern nicht zwischen bezahlter Arbeit und Pro Bono-Mandaten und bringen bei Bedarf oft grenzüberschreitende, praxisübergreifende Teams zusammen.

Was ganz konkret die Arbeit im Trebe Café anbelangt, möchte ich noch hinzufügen, dass diese Art von Engagement nicht nur für die Kanzlei sehr viel Sinn macht, sondern für jede Einzelne von uns, die wir uns daran beteiligen. Es ist ungemein befriedigend, wenn wir sehen, dass wir den jungen Frauen in – für uns manchmal vermeintlich eher kleinen Dingen – weiterhelfen können, die für sie aber enorm wichtig und oftmals geradezu existenziell sind. Wie hoffnungsvoll manche der Frauen wieder in die Zukunft schauen, wenn ihnen eine große Last von den Schultern genommen wurde, ist für uns alle enorm bereichernd.     
 

Stefanie, beide Aufgabenfelder, Pro Bono und deine eigentliche Mandatsarbeit, sind sehr gegensätzlich. Wie empfindest du diese Gegensätze? Welche Parallelen gibt es da?

Stefanie Spancken-Monz: Gegensätzlich sind aus meiner Sicht vor allem die Mandanten/-innen: Auf der einen Seite große Unternehmen mit eigenen Rechtsabteilungen und auf der anderen Seite eine junge Frau, oftmals – wenn überhaupt – nur schlecht ausgebildet und in jedem Fall ohne irgendwelche juristischen Kenntnisse, die den Widrigkeiten des Lebens „ausgeliefert“ ist.

Natürlich sind die Frauen manchmal nicht unschuldig an ihren Schwierigkeiten. Das heißt aber nicht, dass sie keine Hilfe verdienen. Dazu kommt noch die häufig prekäre Situation der jungen Frauen. Das erfordert eine ganz andere Herangehensweise an die Fälle. Viele der jungen Frauen befinden sich zudem in einer völlig verzweifelten Lage oder sind aufgrund ihrer Biographie traumatisiert, sodass wir zunächst ihr Vertrauen gewinnen müssen.

Ansonsten gibt es zahlreiche Parallelen zu meiner eigentlichen Tätigkeit. Denn auch in meiner Tätigkeit als Anwältin im Bereich Konfliktlösung geht es häufig um die Aufarbeitung eines komplexen Sachverhalts und es stellen sich immer neue, spannende Rechtsfragen, für die man eine Lösung zu entwickeln versucht.

Ich empfinde die Gegensätze, wie Katrin auch, als Bereicherung. Neben dem „Blick über den Tellerrand“ habe ich den Eindruck, dass wir durch unsere Rechtsberatung viel im Leben eines einzelnen Menschen bewegen können, auch wenn es häufig nur um kleine Beträge geht.

Da ich überwiegend an großen Verfahren mitarbeite, die mehrere Jahre dauern, ist es zugleich auch sehr motivierend, in kleineren Fällen in kurzer Zeit eine abschließende Lösung zu finden, mit denen beide Seiten gut leben können. Die Arbeit im Trebe Café hat sich über die Jahre zu meinem „Herzensprojekt“ entwickelt.     

Wir sind der Meinung, dass jeder Mensch einen effektiven Zugang zu seinen Rechten haben sollte, und konzentrieren unsere Bemühungen insbesondere auf die Förderung des Zugangs zu den Rechten unserer Zielgruppen, darunter Frauen, Kinder, LGBT+-Menschen, Überlebende des Menschenhandels und Flüchtlinge.
Dr. Katrin Gaßner

Fällt der Wechsel zwischen diesen Welten manchmal schwer? 

Stefanie Spancken-Monz: Der Wechsel zwischen den beiden Welten fällt mir meistens nicht schwer. Ich muss mich aber natürlich im Hinblick auf die Kommunikation umstellen, da die jungen Frauen einen ganz anderen Zugang zu den Themen haben und ich die rechtlichen Themen auf ein verständliches Niveau für einen juristischen Laien herunterbrechen muss. 

Da ich häufig auch einiges aus dem persönlichen Bereich der jungen Frauen erfahre, gehen mir die Fälle teilweise sehr nahe, sodass ich mich im Anschluss an die Beratung manchmal etwas „sortieren“ muss. Durch diese Tätigkeit wird mir immer wieder bewusst, in was für einer privilegierten Situation ich lebe. Ich freue mich daher schon auf die nächsten Jahre mit hoffentlich vielen kleinen Erfolgsmeldungen für die jungen Frauen.     
 

Wie kommen die Frauen damit zurecht, dass sie für deine Rechtsberatung nicht wie sonst üblich bezahlen können?

Stefanie Spancken-Monz: Die meisten der jungen Frauen denken da vermutlich gar nicht großartig darüber nach, sondern nehmen die Hilfe an, die ihnen geboten wird. Wie gesagt, viele der Frauen haben eine völlig andere Lebensrealität und könnten sich im Traum nicht vorstellen, wie wir normalerweise unsere Arbeitstage verbringen. Anerkennung und Dankbarkeit bringen uns vor allem die Sozialarbeiterinnen entgegen.

Aber wir haben immer wieder auch junge Frauen, die das gut einschätzen können und die sind dann auch sehr dankbar. Beispielsweise hat mir eine der jungen Frauen, der ich bei der Abwehr einer Forderung über EUR 4.500 geholfen habe, bei der letzten Rechtsberatungsstunde als Dankeschön einen Blumenstrauß überreicht, was mich tief berührt hat. Denn ich weiß, dass sie kaum über finanzielle Mittel für ihre kleine Familie verfügt und extra über eine Stunde Weg auf sich genommen hat.

Keine von uns macht diese Arbeit, weil wir von den Frauen besondere Dankbarkeit für unsere Hilfe erwarten. Ganz im Gegenteil – eine große Hilfe sein, ohne irgendwas dafür zu erwarten oder zu bekommen, ist jedenfalls in diesem konkreten Fall sogar manchmal noch viel besser!

Erste Insights bei Freshfields!

Euer Fazit?

Jeder Mensch sollte einen Zugang zum Recht erhalten und die kostenlose Rechtsdienstleistung stellt hierbei ein wichtiges Hilfsmittel dar. Durch die Pro Bono Beratung haben Jurist:innen die Möglichkeit, über den Tellerrand ihrer Tätigkeit zu schauen und selbst den ein oder anderen Erfolgsmoment zu erleben.


Vielen Dank, Frau Dr. Gaßner und Frau Spancken-Monz!

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