Sie sind seit Januar 2023 Partner im Internationalen Wirtschaftsstrafrecht bei Hogan Lovells. Wie passen Ihr Fachbereich und ESG zusammen?
Unser Team hilft Unternehmen dabei, Gesetzesverstöße durch den Aufbau eines sogenannten Compliance Management Systems präventiv zu verhindern. Aufgrund der Vielzahl an neuen Gesetzen müssen Unternehmen derzeit verschiedene Maßnahmen ergreifen. Dazu gehört etwa die Ernennung eines Menschenrechtsbeauftragten oder die Analyse der eigenen Zuliefererketten auf Verstöße gegen Menschenrechte.
Sollte einmal die Situation eintreten, dass ein Verstoß gegen ESG-Regeln vorliegt, helfen wir unseren Mandanten bei der Aufklärung und Abstellung des Verstoßes. Die gesellschaftlichen Relevanz von ESG-Themen führt dabei dazu, dass Verstöße gegen ESG-Vorgaben im Fokus der ermittelnden Behörden und der Öffentlichkeit stehen. Eine negative Berichterstattung kann die Reputation von Unternehmen massiv beeinträchtigen. Zudem drohen hohe Bußgelder. ESG, Compliance und Wirtschaftsstrafrecht gehen also "Hand in Hand".
Welche gesetzlichen Vorhaben und Richtlinien wurden bereits – sowohl auf nationaler als auch auf supranationaler Ebene – umgesetzt? Sind die Nachfragen von Mandant:innen hinsichtlich ESG-Richtlinien spürbar gestiegen?
Auf nationaler Ebene bildet besonders das im Sommer 2021 in Kraft getretene Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) einen Schwerpunkt unserer Beratung. Viele unserer Mandanten sind bereits seit Januar 2023 verpflichtet, das LkSG einzuhalten, die meisten anderen werden es 2024 sein. Auch zum Hinweisgeberschutzgesetz gibt es großen Beratungsbedarf.
Im Jahr 2023 hat die EU zudem die Entwaldungs- sowie die Batterieverordnung beschlossen. Schon länger in Kraft sind die Corporate Sustainability Reporting Richtlinie und die Konfliktmineralienverordnung. 2024 wird voraussichtlich noch die Zwangsarbeitsverordnung in Kraft treten.
Der Beratungsbedarf von Unternehmen ist im Bereich ESG in den letzten zwei Jahren massiv angestiegen. Dieser Trend wird sich auf absehbare Zeit fortsetzen. Es ist mit weiterer Regulierung durch den nationalen und europäischen Gesetzgeber zu rechnen.
Sie waren im Rahmen eines fünfmonatigen Secondments für die Rechtsabteilung der Volkswagen AG tätig. Wie stark werden Compliance-Themen in der Rechtsabteilung von Unternehmen gewichtet? Welche Erkenntnisse haben Sie aus diesem Secondment mitgenommen?
Compliance-Themen spielen in Unternehmen eine immer größere Rolle. Viele Unternehmen sind dazu übergegangen, eigenständige Compliance-Abteilungen einzurichten. Haftungsrisiken sollen vermieden sowie das Vertrauen von Anteilseignern, Mitarbeitern und Verbrauchern in das Unternehmen gestärkt werden.
Mein Secondment bei Volkswagen hat mir die Chance eröffnet, in die Arbeitswirklichkeit und Prozesse eines Mandanten einzutauchen. Es war spannend zu sehen, mit welchen Themen sich unsere Ansprechpartner in der Rechtsabteilung tagtäglich beschäftigen. Das Secondment hat mir sicherlich dabei geholfen, mein Verständnis für die Bedürfnisse und Anforderungen unserer Mandanten zu erweitern und damit praxisgenauere Beratung zu liefern.
Darüber hinaus machte es auch einfach viel Freude, mit tollen Kolleg:innen an Themen der E-Mobilität mitzuarbeiten – also einem klassischen ESG-Thema.