Verstärkt werden die negativen Gefühle durch den permanenten Hintergedanken an das abschließende Staatsexamen. Die Angst, dieses nicht zu bestehen, ist für 78% der Teilnehmer:innen der Umfrage ein Grund für den psychischen Druck. Doch hört es bei dieser Hürde nicht auf, denn knapp die Hälfte der Teilnehmer:innen hat Angst davor, kein Prädikatsexamen (9 Punkte oder mehr) zu erreichen. Verantwortlich für das Erreichen der gewünschten Note, der heute noch ein enormer Einfluss auf die späteren Karrieremöglichkeiten zugesprochen wird, ist wiederum jede:r selbst. Wie weit sich diese negative Gedankenspirale dreht, liegt allerdings sehr wohl im eigenen Machtbereich! Menschen können ihre subjektive Reaktion auf Stress beeinflussen und so der Entstehung eines Burn-outs oder einer Depression vorbeugen. Im besten Fall wird man bereits präventiv, das heißt, bevor überhaupt eine Stressphase aufkommt, tätig. In dieser Phase ist es besonders hilfreich, sich mit dem eigenen Mindset auseinanderzusetzen. Dabei kann man sich folgende Fragen stellen:
- Welche Ansprüche und Erwartungen hat man an sich selbst?
- Aus welchen Gründen hat man diese Ansprüche, welches höhere Ziel steckt dahinter?
- Welche Faktoren empfindet man persönlich als belastend bzw. entlastend?
Ziel dieser Fragen ist es, zu Beginn bereits ein realistisches und authentisches Selbstbild zu erhalten und gleichzeitig das eigene Bewusstsein dafür zu steigern, welche Faktoren das eigene Empfinden positiv bzw. negativ beeinflussen. Machen sich nun erste negative Tendenzen einer Stressreaktion bemerkbar, so kann man diese ausgleichen, indem man sich einerseits auf die ursprünglich persönlich gesteckten Ziele rückbesinnt und andererseits stressmindernde Aktivitäten wie beispielsweise Sport, Reisen oder soziale Kontakte in den Alltag integriert und so verhindert, dass der Stress chronisch wird.
Daneben hilft es auch, gezielt und kontinuierlich an der Einstellung zu Jura zu arbeiten. Wie anfangs erwähnt, kann Stress auch positiver Natur sein und in einer gesunden Dosis zu einem sogenannten Work Engagement führen. Darunter versteht man in Abgrenzung zum Burn-out einen positiven und erfüllenden arbeitsbezogenen Geisteszustand. Charakteristisch dafür sind Hingabe und Aufgehen in der Arbeit, wodurch idealerweise Begeisterung und innerer Stolz ausgelöst werden. Erlebt man bei der Arbeit ein Flow-Gefühl, so liegt genau darin das „Aufgehen“. Ein solches hast du bestimmt im Zusammenhang mit Jura bereits mal erlebt – sei es der erste interessante Fall, eine Hausarbeitsthematik, die dich begeistert oder ein faszinierendes juristisches Berufsbild, mit dem du dich gerne beschäftigst. Diese positiven Erlebnisse füllen dich mit Energie und geben dir gleichzeitig eine Sinnhaftigkeit an die Hand, die dich in unsicheren Momenten wissen lässt , warum du dich für Jura entschieden hast.
Fehlt dir allerdings die Kraft, dich ehrlich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen, weil du eine permanente Melancholie, Angst oder Wut verspürst, so könnte eine psychische Verstimmung bereits vorhanden sein. Im Zustand der ohnehin schon vorhandenen Erschöpfung und Niedergeschlagenheit ist es ratsam, sich professionelle Hilfe zu suchen, um so auch dem Gefühl der Ausweglosigkeit zu trotzen.