Ihre Tätigkeit deckt alle Bereiche der agilen Produktentwicklung ab. Welche Chancen und Möglichkeiten sehen Sie durch die zielorientierte “Inhouse”-Digitalisierung bei Baker McKenzie?
Sebastian Schaub: Wenn wir unsere Prozesse digitalisieren, können wir besser und schneller auf die Bedürfnisse unserer Mandanten eingehen. Mit Automatisierung und digitalen Tools sparen wir Zeit und Ressourcen.
Tech-Anwendungen ermöglichen es uns, z.B. Verträge automatisch zu prüfen, Rechtsfragen mit KI zu beantworten oder datenbasierte Entscheidungen zu treffen und darzustellen. Außerdem können wir uns intern besser vernetzen, indem wir gemeinsame Plattformen, Cloud-Services und digitale Kommunikation nutzen. Das hilft uns, besser zusammenzuarbeiten, auch wenn wir in verschiedenen Teams und an unterschiedlichen Orten sind.
Die "Reinvent"-Strategie von Baker McKenzie zielt darauf ab, Innovation in allem, was wir tun, zu integrieren: von den angebotenen Rechtsdienstleistungen bis zu dem Weg, wie wir sie unseren Mandanten zur Verfügung stellen. Innovation ist bei Baker McKenzie kein Extra, sondern ein wichtiger Teil unserer Kanzleistrategie.
Herr Koops, Sie halten zusammen mit Alexander Ritter, ebenfalls Partner, in der Inhouse University das Seminar "Einführung in die Programmierung". Was können die Mitarbeitenden hier lernen und welche Mehrwerte bietet das Seminar für Associates?
Christian Koops: Das Seminar bietet einen ersten Einblick in die Programmierung. Die Kolleg:Innen sollen verstehen, wie Programmiersprachen funktionieren. Das Seminar ist auf zwei Tage aufgeteilt: am ersten Tag erlernen die Teilnehmer:innen hauptsächlich Grundwissen, am zweiten Tag programmieren wir gemeinsam kleinere Programme. Wir zeigen auch, wie nützlich ChatGPT sein kann, wenn es darum geht, Codes zu generieren oder zu verbessern. Ich bin froh, dass ich das Seminar gemeinsam mit Alexander Ritter halte, der nicht nur Anwalt, sondern auch diplomierter Informatiker ist. Als Autodidakt sind meine Kenntnisse auch begrenzt.
Mit Fortschreiten der Digitalisierung und Entwicklung neuer Technologien, besonders im Bereich der generativen Künstlichen Intelligenz, wird ein Grundverständnis der Informatik immer wichtiger. Wir werden im Anwaltsbereich mehr und mehr mit diesen Technologien arbeiten und das Seminar soll hierfür eine Grundlage bilden. Bestenfalls finden unsere Kolleg:innen Gefallen am Programmieren und bauen sich selbst kleine Helfer für den Alltag.
Gibt es auf Seiten des Gesetzgebers spürbare Veränderungen, die die Digitalisierung der Anwaltsarbeit in den letzten Jahren vorangetrieben haben? Wo gibt es noch Verbesserungsbedarf?
Christian Koops: Die Digitalisierung schreitet in der Rechtspflege nur langsam voran. Daher dürfte es profan klingen, aber tatsächlich war die Einführung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) und dessen Nutzungspflicht sicherlich die größte gesetzgeberische Veränderung. Dass Schriftsätze nun nicht mehr per Post oder per Fax (!) bei Gericht eingereicht werden dürfen, ist ein längst überfälliger Schritt in die richtige Richtung.
Bei den Gerichten und Behörden gibt es hier teilweise noch Umsetzungsbedarf. Die Möglichkeit der Videoverhandlung statt eines Präsenztermins bei Gericht ist eine weitere Neuerung, die weiter ausgebaut werden müsste. Den Gerichten sollte aber weiterhin ein Ermessen bei der Entscheidung zustehen, ob eine Videoverhandlung stattfindet – manchmal ist es doch besser, wenn sich die Parteien von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen.