Arbeiten in Teilzeit

Veröffentlicht am 15.08.2022

"Wir erwarten, dass das Thema Teilzeit immer wichtiger wird"

Dr. Simone Lünenbürger und Dr. Cornel Potthast, LL.M., von Redeker Sellner Dahs im Interview

Dr. Simone Lünenbürger begann 1999 im Bonner Büro von Redeker Sellner Dahs als Vollzeitanwältin, 2001 ging sie in Teilzeit. Seit 2010 arbeitet die vierfache Mutter im Brüsseler Büro der Kanzlei. Ihre Rechtsgebiete sind Europa-, Beihilfen- und Kartellschadensersatzrecht. Sie ist Senior Counsel. 

Dr. Cornel Potthast arbeitet seit 2015 im Bonner Büro der Sozietät im Bereich des Erbrechts und der Vermögens- und Unternehmensnachfolge. Seit 2022 ist er Partner und arbeitet in Teilzeit (80 %). Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.
 

Frau Dr. Lünenbürger, Sie sind seit über 20 Jahren Anwältin bei Redeker Sellner Dahs. Wie kamen Sie zu Redeker Sellner Dahs und wie hat Ihr Weg Sie ins Brüsseler Büro der Kanzlei geführt?

Dr. Simone Lünenbürger: Ich habe mich im Jahr 1999 bei Redeker Sellner Dahs blind beworben. Ich fand die Kanzlei spannend. Die öffentlich-rechtliche Prägung, der seriöse Ruf und die wissenschaftliche Ausrichtung haben mich angesprochen. Nach dem Einstieg war ich einige Jahre im Telekommunikationsrecht tätig. Nach Brüssel wechselte ich 2010 aus privaten Gründen. Mit dem Wechsel nach Brüssel kamen die neuen Schwerpunkte im Europa-, Beihilfen- und Kartellschadensersatzrecht.

Außerdem galt es, den neuen Standort mit aufzubauen und zu vergrößern. Das war eine sehr spannende Zeit. Seit damals arbeite ich am Puls der europäischen Zeitgeschichte. Das hat mich von Anfang an gefesselt und ich habe den Wechsel nie bereut. Seit über 20 Jahren bin ich jetzt dabei – und, mit Ausnahme unserer beiden ersten Partnerinnen Ulrike Börger und Dr. Heike Glahs – die „dienstälteste“ Anwältin bei Redeker Sellner Dahs. Das macht mich stolz.

Sie sind Senior Counsel in der Kanzlei. Wie hat sich Ihr Werdegang gestaltet und hatten Sie sich bereits zu Beginn Ihrer Tätigkeit mit der Vereinbarkeit von Karriere und Familie auseinandergesetzt?

Dr. Simone Lünenbürger: Als ich im Jahr 2001 das erste Kind bekommen habe, stand für mich fest, dass ich der Kanzlei, mir und Teilzeit eine Chance geben wollte. Ich wollte ausprobieren, was geht und ob ich das schaffen kann. Mehr Gedanken habe ich mir damals nicht gemacht. Es gab ja nicht wirklich Erfahrungswerte, auf die ich hätte zugreifen können. Klar war es ein Wagnis und ich habe die Herausforderung angenommen. 

Für mich hat sich das gelohnt. Seitdem arbeite ich ununterbrochen in Teilzeit – auch nach dem vierten Kind und meinem Wechsel in unser Brüsseler Büro. Meine Karriere ging durch Elternzeiten und Teilzeit zwar langsamer, aber doch stetig voran. Bis ich Senior Counsel wurde, habe ich auf jeder Karrierestufe, jeweils an die Teilzeit prozentual angepasst, länger gearbeitet, als meine Vollzeitkolleg:innen. Das hat sich aber zum Glück für die Generation nach mir geändert. Das freut mich sehr für meine Kolleg:innen.
 

Lässt sich das Modell der Teilzeitarbeit auf Ihre Position in der Kanzlei abstimmen?

Dr. Simone Lünenbürger: Seit meinem Wechsel in das Brüsseler Büro liegen meine Schwerpunkte fachlich im Kartellschadensersatz- und im Beihilfenrecht. Dabei konnte ich meiner wissenschaftlichen Neigung treu bleiben. Ich habe etwa über Ausschreibungen u.a. Forschungsprojekte des Umweltbundesamtes/Bundesumweltministeriums akquiriert und war viel gutachterlich tätig.

Außerdem habe ich von Anfang an viel veröffentlicht, bin Autorin u.a. im Münchner Kommentar (Band 5: Beihilfenrecht) und halte Vorträge. Seit 2020 habe ich mit einem standortübergreifenden Team öffentlichkeitswirksam das Zukunftsthema Taxonomie (Schaffung europaweiter Transparenz, welche Wirtschaftsbereiche als ökologisch nachhaltig anzusehen sind) erschlossen. Im Auftrag des Landes Österreich haben wir ein Gutachten zu Kernenergie und Taxonomie vorgelegt. Das ist in Teilzeit möglich, wenn man diszipliniert und fokussiert arbeitet. 

Unsere Kanzlei ermöglicht hier einiges, indem sie sich bzgl. der Teilzeitmodelle flexibel zeigt. Die Einteilung der Teilzeit kann individuell ganz unterschiedlich erfolgen. Manche Kolleg:innen arbeiten alle oder einige Tage in der Woche kürzer. Ich persönlich habe das Modell gewählt, mir so weit als möglich die Freitage freizuhalten – auch wenn es für wichtige berufliche Termine, Telefonate oder für ein paar Stunden Homeoffice immer wieder einmal Ausnahmen gibt.

Dr. Simone Lünenbürger und Dr. Cornel Potthast, LL.M.
Dr. Simone Lünenbürger und Dr. Cornel Potthast, LL.M.

Herr Dr. Potthast, Sie sind seit 2015 im erbrechtlichen Dezernat Ihrer Kanzlei tätig, seit 2018 Fachanwalt für Erbrecht und haben zum Bereich „Unternehmensnachfolge, Erbrecht & Vermögen“ auch einen LL.M. erworben. Hatten Sie bereits im Jurastudium Kontakt zu Ihren Tätigkeitsschwerpunkten und womit hat Sie Redeker Sellner Dahs überzeugt?

Dr. Cornel Potthast, LL.M.: Im Studium habe ich „Unternehmensrecht“ als Schwerpunkt gewählt, habe dann auch in diesem Bereich meine Doktorarbeit geschrieben und nebenher in einer Kanzlei im Bereich M&A gearbeitet. Das war herausfordernd und spannend, aber gleichzeitig habe ich gemerkt, dass ich zukünftig gerne in einem persönlicheren Bereich arbeiten würde, näher an unserem Studium, mitten aus dem Leben. Im Referendariat habe ich mir deswegen das Erbrecht näher angesehen.

Just als ich mit dem zweiten Examen fertig war, schrieb Redeker eine Stelle im Erbrecht aus. Prof. Dr. Andreas Frieser, mit dem ich seit meinem Berufsstart eng zusammenarbeite, hatte und hat einen exzellenten Ruf und führt ein kleines Team in einer größeren Sozietät. Meine Hoffnung war, dass ich vom ersten Tag an in der ersten Reihe als Rechtsanwalt mitarbeiten und alle Aspekte der anwaltlichen Tätigkeit im Erbrecht kennenlernen würde. Das hat geklappt, denn heute spreche ich mit Ihnen (lacht).
 

Sie arbeiten bei Ihrer Kanzlei als Partner in Teilzeit. War dies von Beginn an so und welche verschiedenen Arbeitszeitmodelle bietet Redeker?

Dr. Cornel Potthast, LL.M.: Ich habe mich schon eine Weile mit dem Gedanken getragen, die Arbeitszeit zumindest etwas zu reduzieren. Unsere Kinder sind jetzt 2 und knapp 4, meine Frau ist auch berufstätig. Mir sind noch nicht alle Freunde weggelaufen und im Sportverein bin ich auch. Das ist einfach eine ganze Menge. Ehrlicherweise habe ich auch über andere Optionen nachgedacht. Ich habe aber Spaß an meiner Arbeit, möchte als Rechtsanwalt arbeiten und mir mein Rechtsgebiet aussuchen. Viele wechseln in den Staatsdienst oder in ein Unternehmen, das wollte ich nicht. „Das muss doch möglich sein!“, habe ich mir gedacht und im vergangenen Jahr frühzeitig mitgeteilt, dass ich meine Arbeitszeit ab 2022 gerne etwas reduzieren würde. Meine Kolleginnen und Kollegen sind dem offen begegnet, haben das nicht nur unterstützt, sondern mir gleichzeitig die Aufnahme in die Partnerschaft angeboten. 

Wir haben bei Redeker flexible Arbeitszeitmodelle. Wir sprechen offen miteinander und vereinbaren, welcher Stundenumfang für beide Seiten realistisch ist. Auch Präsenzzeiten müssen abgestimmt werden: Wenn die Kita schließt, ist das etwa ein fixer Termin, genauso wenn Mandant:innen ihr Anliegen zu einer bestimmten Zeit besprechen müssen. 

Letztlich und gerade mit zunehmender Seniorität und Verantwortung steht die eigene Arbeitsorganisation im Vordergrund, die eigenständige Planung und Abstimmung in der Familie, mit den Mandant:innen und den Kolleg:innen. Es gibt bei uns grundsätzlich keine festen Anwesenheitszeiten, keine Stundenvorgaben oder Vorgaben für billable hours – man muss sich abstimmen und organisieren.

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Eine gute Mischung aus Team- und Einzelbearbeitung erhöht die eigene Flexibilität und schafft Ausgleichsmöglichkeiten für Teilzeit-Abwesenheiten.
Dr. Simone Lünenbürger

Wie hat sich bei Ihnen der Übergang von Vollzeit- zu Teilzeitarbeit gestaltet und welche Herausforderungen begegnen Ihnen durch das Arbeiten in Teilzeit, auch in Hinblick auf die Zusammenarbeit mit Mandanten?

Dr. Cornel Potthast, LL.M.: Gerade diese Abstimmung und Organisation ist die Herausforderung. Wenn ich ein Mandat annehme oder eine Mitarbeit zusage, will ich dem nachkommen und muss das natürlich auch. Da gibt es keine Kompromisse. Aber wie das Leben so spielt, werden die Kinder auch gerne mal in einer Woche mit drei Fristabläufen krank. Dann ist es hilfreich, wenn Familie und Freunde unterstützen können. Und ehrlich gesagt, bleiben diese Wochen mittelgut. Gegebenenfalls muss ich dann in einer Zeit etwas nachholen, in der ich an sich nicht arbeiten wollte (etwa an meinem freien Tag). Mandant:innen, Kolleg:innen und Kanzlei haben auch Bedürfnisse und Anliegen. Das muss man austarieren und in ein vernünftiges Verhältnis bringen. Wir wünschen uns Planbarkeit und das ist auch unser Ziel, aber ohne eine gewisse Flexibilität geht es nicht. Zu Beginn meiner Tätigkeit waren wir zu zweit im Team, der Partner und ich. Da war es für mich mit dem Delegieren schwierig (lacht). Jetzt sind wir zu dritt und wollen uns weiter verstärken. So fällt es natürlich etwas leichter, Arbeiten aufzuteilen oder Spitzen auch mal spontan abzufangen. 

Mit unseren Mandant:innen sprechen wir natürlich auch. Ich bin in dringenden Fällen immer erreichbar. Das wissen alle meine Mandant:innen. Oft kommt es objektiv aber auf einen Tag nicht an und das kann man dann auch besprechen und Arbeiten entsprechend planen. Wichtig ist, dass die Mandant:innen wissen, dass wir da sind, uns kümmern und gute Arbeit liefern.
 

Inwieweit hat sich Ihrer Ansicht nach die Einstellung gegenüber Arbeiten in Teilzeit auf dem juristischen Arbeitsmarkt in den letzten Jahren verändert? War das auch bei Ihrem Einstieg im Jahre 1999 schon problemlos möglich, Frau Dr. Lünenbürger?

Dr. Simone Lünenbürger: Im Jahr 1999 war ich verheiratete Berufseinsteigerin. Entsprechend war meine Schwangerschaft im Jahr 2001 keine Überraschung und wurde in der Kanzlei durchweg positiv aufgenommen. Es war keine Frage, dass ich die Möglichkeit bekam, Teilzeit zu arbeiten. Trotzdem war ich die Ausnahme. Das hat sich zum Glück geändert.

Die Entwicklung zu mehr Teilzeitmöglichkeiten wird in unserer Kanzlei derzeit durch viele exzellente junge Kolleginnen beschleunigt, die Mütter werden, sowie den coronabedingten Digitalisierungsschub, der Telearbeitsmöglichkeiten verbessert. Ich habe den Eindruck, dass dieser Trend gerade die gesamte Branche erreicht. Auch der Wettbewerb der großen Kanzleien um die „besten Talente“, der vor dem Hintergrund der geburtenschwachen Jahrgänge längst begonnen hat, mag dazu beitragen. Trotzdem wagen aus meiner Sicht noch zu wenige Frauen und Männer Teilzeit im Anwaltsberuf. Cornel Potthast und ich wollen gerne ermutigende Beispiele sein.

Familie? Beruf? Beides!
Familie? Beruf? Beides!

Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag bei Ihnen aus und inwiefern lässt sich das Arbeitspensum einer Senior Counsel in das Teilzeitarbeitsmodell „pressen”?

Dr. Simone Lünenbürger: Der typische Arbeitsalltag ist von guter und vorausschauender Organisation geprägt. Gleichzeitig müssen wir Anwält:innen flexibel sein, wir sind Dienstleister. Berufliche Arbeitsformen können viel dazu beitragen, diesem Anspruch gerecht zu werden. Ich persönlich arbeite zwischenzeitlich zunehmend in Teams, wenn die Mandatsstruktur dies erlaubt. Eine gute Mischung aus Team- und Einzelbearbeitung erhöht die eigene Flexibilität und schafft Ausgleichsmöglichkeiten für Teilzeit-Abwesenheiten. Das Gute daran ist, dass Teamarbeit in großen Mandaten mit hohem Arbeitsanfall nicht nur Teilzeit erleichtert, sondern allen Anwält:innen gleichermaßen entgegen kommt, die ihre Zeit gut einteilen müssen und viele Termine haben – seien sie nun beruflich oder familiär/privat. Insoweit haben wir als Kanzlei nach meiner Wahrnehmung viel dazu gelernt und befinden uns auf einem guten Weg!

Doch auch private Anstrengungen sind aus meiner Sicht unentbehrlich, um das Arbeitspensum einer Senior Counsel in das Teilzeitmodell „pressen“ zu können. Mein Ziel war immer, die Familienzeiten auf Qualitätszeiten zu konzentrieren und auf familiäre Notfälle so gut als möglich vorbereitet zu sein. Deshalb führe ich nebenher ein Kleinunternehmen mit Au Pairs (solange die Kinder kleiner waren), Haushaltshilfen und einem Netzwerk für Babysitter- oder Fahrdienste. Auf diese Weise kann ich mich sowohl beruflich als auch familiär auf das Wesentliche konzentrieren. Die zusätzliche Belastung durch das Management dieses Kleinunternehmens ist dabei leider nicht zu vermeiden.
 

Müssen Sie sich oft für die Teilzeitarbeit rechtfertigen und ist ein gewisses Maß an Flexibilität für die Tätigkeit in Teilzeit erforderlich?

Dr. Simone Lünenbürger: Nein, ich musste mich nie rechtfertigen. Meine Kolleg:innen nehmen Rücksicht auf meinen „Teilzeit-Freitag“, soweit es geht. Gleichzeitig bin ich sehr flexibel, vor allem, wenn Termine von außen vorgegeben werden, die sich nicht oder nur mit Aufwand ändern lassen. Wir haben dafür im Team eine gute Balance gefunden. Gegenseitige Rücksicht und Wertschätzung machen Teilzeit bei uns zu einem tragfähigen und alltagstauglichen Modell.
 

Herr Dr. Potthast, wie funktioniert Ihrer Auffassung nach die Zusammenarbeit mit den Kolleg:innen und arbeiten Sie bei Gelegenheit auch von Zuhause aus?

Dr. Cornel Potthast, LL.M.: Für gewöhnlich arbeite ich jede Woche zwei bis drei Tage von Zuhause aus. Wir telefonieren oder machen Videokonferenzen, wenn es etwas abzustimmen gibt. Das klappt gut. Im Büro sitzen wir ohnehin nah beieinander. Beides hat etwas für sich. Zuhause klingelt das Telefon etwas weniger, ich spare mir Pendelzeiten und kann dadurch früher in den Feierabend. Termine und Besprechungen finden selbstverständlich im Büro statt. Dort sehe ich auch die Kolleg:innen aus anderen Bereichen, kann auch mal ein Wort abseits der Arbeit wechseln oder mich zum Mittagessen verabreden. Das ist für den Zusammenhalt und das Wohlbefinden in der Kanzlei auch wichtig. 

Es wird immer normaler werden, auch mal eine Zeit im Leben weniger zu arbeiten. Warum auch nicht?
Dr. Cornel Potthast, LL.M.

Planen Sie und Ihre Praxisgruppe Projekte von Anfang an aufgrund von Teilzeitarbeit anders und gibt es mittlerweile feste Strukturen in der Kanzlei, die das Teilzeit-Arbeitsmodell erleichtern?

Dr. Cornel Potthast, LL.M.: In unserer Praxisgruppe planen wir nicht grundsätzlich anders. Abwesenheiten gibt es immer und darauf nehmen wir natürlich Rücksicht und planen das ein. Letztlich ist für uns nicht entscheidend, ob jemand an seiner Doktorarbeit schreibt, auf einem Lehrgang ist, die Kinder hat oder ganztägig einen Gerichtstermin wahrnimmt. Wenn ich eine Zuarbeit in einer bestimmten Frist benötige, um dann selbst weiterarbeiten zu können oder umgekehrt jemand mich um Zuarbeit bittet, ist es wichtig, sich insoweit abzustimmen. Den Weg dorthin wollen wir den Beteiligten überlassen, damit sie sich ihre Zeit flexibel und nach ihren Bedürfnissen und Verpflichtungen in anderen Mandaten einteilen können. 

Ein struktureller Punkt ist vielleicht, dass wir erwarten, dass das Thema Teilzeit immer wichtiger wird und wir versuchen, uns personell darauf einzustellen, ggf. auch darüber nachdenken, eine Person mehr einzustellen, damit wir auf Wünsche und Bedürfnisse reagieren können. Nochmals: In einem Zweier-Team, in dem der andere 100 % arbeitet, ist es einfach tatsächlich schwieriger, Arbeit umzuverteilen. Das sehen wir.
 

Sie sind zusätzlich auch noch als Gastdozent an verschiedenen Universitäten, wie lässt sich das alles mit Ihrer Position als Partner vereinbaren?

Dr. Cornel Potthast, LL.M.: Unlängst fand die Vorlesung in einer Woche statt, in der alles zusammengekommen ist: Das eine Kind war krank, die Kita des anderen wegen Corona geschlossen, die Großeltern waren im Urlaub, Druck in Mandaten. Wenn Sie mich da gefragt hätten, hätte ich antworten müssen: Nur schwer, bzw. nur, weil meine Frau in der Woche zurückgesteckt und Termine umgelegt hat, was in einer gleichberechtigten Partnerschaft auch nicht die Lösung sein kann. Man muss schon aufpassen, dass man sich nicht verhebt. Andererseits macht die Tätigkeit großen Spaß. Und ich habe in der Mensa mal wieder Club Mate getrunken: So jung habe ich mich lange nicht gefühlt!
 

Wie sind Ihre Erfahrungen aus Gesprächen mit Studierenden oder Bewerber:innen: Sind Teilzeit-Möglichkeiten bereits bei jungen Jurist:innen ein wichtiges Thema?

Dr. Cornel Potthast, LL.M.: Absolut! Arbeiten? Eine ganze Woche? Ein Leben lang? Und dann als Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin? Erfolgs- und Umsatzdruck? Viele denken, dass sich das gar nicht mit Familie vereinbaren lässt oder auch mit Freunden und Freizeit. Das glaube ich nicht. Es wird immer normaler werden, auch mal eine Zeit im Leben weniger zu arbeiten. Warum auch nicht? Das Berufsleben ist lang. Wir wollen gute Leute nicht verlieren, weil sie Ziele und Werte neben der Arbeit haben. Im Gegenteil, die wollen wir! Erst recht wollen wir keine Leute verlieren, weil sie sich nicht trauen zu fragen.

Weitere Einblicke bei Redeker Sellner Dahs

Frau Dr. Lünenbürger, ist Redeker Sellner Dahs Ihrer Ansicht nach eine „Vorzeige-Kanzlei“ hinsichtlich der Flexibilität und Offenheit gegenüber des Arbeitens in Teilzeit?

Dr. Simone Lünenbürger: Ja, in der Zwischenzeit sind wir das – Teilzeit ist nicht nur aus familiären Gründen, sondern z.B. auch begleitend zu einer Promotion und auf allen Karrierestufen möglich! Cornel Potthast und ich hoffen, dass unsere Vorbilder dazu beitragen, insoweit als „Vorzeige-Kanzlei“ wahrgenommen zu werden und dass Teilzeit nicht nur bei uns, sondern in unserer gesamten Branche noch mehr zur Selbstverständlichkeit wird. Es ist z.B. bereits ein großer Fortschritt, dass wir zwischenzeitlich einen Teilzeitpartner und eine Teilzeitpartnerin haben – auch wenn insoweit noch etwas „Luft nach oben“ vorhanden ist. 
 

Welche Tipps können Sie jungen Anwält:innen geben, die überlegen, in Teilzeit zu arbeiten?

Dr. Simone Lünenbürger: Ich rate zu Zuversicht, Leichtigkeit, guter Kommunikation mit den Kolleg:innen – und einem sorgfältig geknüpften Kontaktnetz für bezahlbare Hilfestellung in Familie und Haushalt. 
 

Ihr Fazit?

Wir arbeiten in interessanten Mandaten, an spannenden Themen, in aufregendem Umfeld und mit unseren Vollzeitkolleg:innen auf Augenhöhe. Dafür müssen wir nicht nur fachlich überzeugen (wie unsere Vollzeitkolleg:innen selbstverständlich auch), sondern auch besonders flexibel, manchmal sehr spontan und oft diszipliniert sein. Das ist nicht immer leicht – aber es lohnt sich! 
 

Vielen Dank, Frau Dr. Lünenbürger und Herr Dr. Potthast!

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