Gerade bei Streitigkeiten, welche außerhalb der EU stattfinden, ist eine gute Informationslage wertvoll. Wie wird im Bereich von Patentrechtsstreitigkeiten dieser Regelungsraum überspannt und auf welche Rechtsquellen kann hier Bezug genommen werden, Frau Kiefer?
Miriam Kiefer: Ich würde sagen, dass internationale Streitigkeiten im Patentrecht im Kern das materielle Patentrecht vereint. Auch wenn es hier im Detail Abweichungen zwischen den einzelnen Rechtsordnungen geben mag – alle Wirtschaftsnationen der Erde gewährleisten den Schutz von Erfindungen und geben dem Erfinder Rechte gegen Nachahmer. Die Gemeinsamkeiten sind dabei viel größer als in anderen Bereichen – beispielsweise dem Strafrecht oder dem Arbeitsrecht.
Fragen der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit eines Patents oder dessen Durchsetzung stellen sich in allen Rechtsordnungen und werden mit ähnlichen Normen geregelt. Die Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums (PVÜ) oder der Vertrag über die Internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens (PCT) haben jeweils mehr als 150 Mitglieder. Diese internationalen Übereinkommen überspannen gewissermaßen den Bereich des materiellen Patentrechts.
Daneben existieren Organisationen, die sich mit der Erarbeitung neuer Standards, die weltweit genutzt werden, beschäftigen. Neben nationalen Standardisierungsorganisationen gibt es internationale Organisationen wie beispielsweise die ETSI, die Standards wie LTE erarbeitet. Auch diese Regelungen bilden global eine einheitliche Grundlage und finden weltweit Anwendung.
Mit welcher Erwartungshaltung kommen Praktikanten oder Referendare zu Ihnen und inwiefern stimmen die Erwartungen mit der Beratungspraxis im IP-Recht überein, Frau Dr. Koppe-Zagouras?
Christina Koppe-Zagouras: Praktikanten oder Referendare, die sich bei uns für eine Tätigkeit im Gewerblichen Rechtsschutz entscheiden, sind häufig schon davor mit dem Rechtsbereich in Berührung gekommen, sei es über die Uni oder vorherige Stationen im Referendariat. Manchmal kennen sie einfach auch jemanden, der in diesem Bereich tätig ist. Allerdings sind die Praktikanten und Referendare aber doch immer wieder überrascht, wie vielfältig das Rechtsgebiet dann in der täglichen Arbeit ist. Auch die Geschwindigkeit, mit der wir arbeiten, beeindruckt den juristischen Nachwuchs.
Am Ende des Praktikums oder der Referendarsstation stellen unsere Praktikanten und Referendare immer fest, wie vielfältig die Station war und mit welchen ganz unterschiedlichen Rechtsfragen sie in Berührung gekommen sind. Häufig konnten sie bei einer längeren Station auch ein Verfahren von Anfang bis zum Ende miterleben. Das ist in einer Wirtschaftskanzlei eher selten der Fall. Da profitiert der Gewerbliche Rechtsschutz einfach von den einstweiligen Verfügungsverfahren und Abmahnungen, die innerhalb weniger Wochen abgeschlossen sind. Ich glaube, dass dieses Erlebnis für den Nachwuchs im IP-Recht einen besonderen Reiz ausmacht.
Das Geistige Eigentum scheint ein Rechtsbereich zu sein, der in jedem anderen Fachbereich eine Rolle spielen kann und damit universell im Wirtschaftsleben bedeutsam zu sein scheint. Wie kann der oder die Einzelne hier für sich den richtigen Weg finden, Herr Dr. Grages?
Jan-Michael Grages: Es gibt für Juristen wirklich viele Möglichkeiten, um in diesem Bereich tätig zu sein. Im Endeffekt sollte man dorthin gehen, wo man seine Talente und Vorlieben am besten einbringen kann. Das kann bei Gericht sein, wenn man nah am Gesetz arbeiten möchten. In Behörden kann man sehr unterschiedliche Positionen finden. Und im Unternehmen muss es nicht unbedingt die Rechtsabteilung sein.
Aktuell sehe ich die sinnvolle Tendenz, dass man auch als Jurist nah an der Produktentwicklung mitarbeiten kann, um direkt dort die rechtlichen Anforderungen zu berücksichtigen. Für mich ist aber die Rolle als Anwalt ideal, da sie je nach Konstellation alle diese Aufgaben beinhaltet.
Noch wichtiger als die fachliche Ausrichtung ist dabei aber, dass man sich im Team wohlfühlt. Ich denke, das ist auch wesentlich für die Karriereentwicklung, weil dann Motivation und Selbstbewusstsein stärker werden. Deshalb ist auch bei uns die Chemie und die gegenseitige Unterstützung der entscheidende Faktor der Zusammenarbeit.