Sie engagieren sich im Rahmen des Programms als Mentorin. Worauf achten Sie und die Kanzlei bei der Auswahl der Stipendiat*innen und was hat Sie dazu bewogen, als Mentorin tätig zu werden?
Wir möchten mit unserem Stipendienprogramm interessierte Jurastudierende fördern, die etwas zu erzählen haben. Sei es, dass sie besondere Herausforderungen oder Hürden gemeistert haben, um ihre Ziele zu erreichen, sich in besonderem Maße (außer-) universitär engagieren oder neben dem Studium Interessen haben, die ihnen besonders am Herzen liegen. Wir möchten die Person hinter dem Lebenslauf kennenlernen.
Diversity bedeutet für uns, die Individualität unserer Mitarbeiter*innen zu fördern. Wir möchten eine Kultur schaffen und erhalten, in der Unterschiedlichkeit als Bereicherung erlebt wird und in der sich alle wohlfühlen – ganz unabhängig von Herkunft, religiöser Zugehörigkeit, Weltanschauung, sexueller Orientierung oder Lebenssituation. Da uns das Thema sehr wichtig ist, möchten wir es bereits mit dem Stipendienprogramm umsetzen und fördern.
Während meiner juristischen Ausbildung habe ich häufiger Situationen erlebt, in denen mir Vorbilder oder Ansprechpartner*innen mit fachlicher Erfahrung gefehlt haben – erst recht weibliche. Das Jurastudium bietet so viele Chancen und Herausforderungen, dass man leicht den Kopf verlieren kann, sei es z.B. bei der Wahl des „richtigen“ Schwerpunktes, Praktika oder der Examensvorbereitung. Von den anschließenden Möglichkeiten wie Promotion, LL.M. oder Referendariat und letztlich der Berufswahl ganz zu schweigen.
Ich möchte unseren Stipendiat*innen darum bereits in einem frühen Ausbildungsstadium, in dem vieles noch unbekannt ist und sich sortieren muss, aber auch im „echten Leben“ mit Rat und Tat zur Seite stehen und sie bei ihren Entscheidungsfindungen bestmöglich unterstützen.
Das Stipendium richtet sich unter anderem an Studierende, die bereits einige Herausforderungen und Hürden gemeistert haben. Welche Herausforderungen können das zum Beispiel sein?
Wir möchten insbesondere Studierende fördern, die Motivation und Engagement mitbringen, deshalb geht es uns nicht um ganz bestimmte Herausforderungen oder Hürden. Vielmehr können das ganz individuelle Themen sein. Klassische Beispiele sind sicher Studierende, die als Erste in ihrer Familie studieren und nicht von Vorerfahrungen ihrer Familienangehörigen profitieren oder Studierende mit Migrationserfahrung, die zu Beginn ihrer Ausbildung das deutsche Bildungssystem nicht kannten.
Aber auch Personen, die neben dem Studium privaten Verpflichtungen nachgehen (z.B. selbständiges Verdienen des Lebensunterhalts, Betreuung von Kindern oder Angehörigen) oder andere zusätzliche zeitintensive Tätigkeiten ausüben (z.B. Leistungssport oder Engagement in einem Verein).
Stichwort „Gipfelstürmer“. Wie hat sich Ihr Karriereweg gestaltet und welche Eigenschaften sind Ihrer Ansicht besonders wichtig, um erfolgreich am Gipfel der beruflichen Laufbahn anzukommen?
Oh, ich würde mich jetzt nicht am „Gipfel der beruflichen Laufbahn“ sehen und hoffe, dass der auch noch lange auf sich warten lässt, bevor es wieder bergab geht (lacht). Mit dem Jurastudium und Referendariat gehen verschiedene Unsicherheiten und Herausforderungen einher. Um sie bestmöglich zu meistern, finde ich neben den „Klassiker-Eigenschaften“ wie einem guten Durchhaltevermögen und Selbstvertrauen auch Organisationstalent sehr wichtig.
Egal ob bei der Ausbildung oder später im Berufsleben: Es geht leichter, wenn man Aufgaben strukturiert abarbeitet. Organisationstalent meint übrigens nicht, alles alleine meistern zu müssen – ganz im Gegenteil! Nicht nur wir Mentor*innen helfen immer gerne weiter.