Mustafa Oğlakcıoğlu im New Lawyers Podcast

Verfasst von Laura Hörner|Veröffentlicht am 27.09.2023

Mustafa Oğlakcıoğlu – Wie wird sich die juristische Lehre verändern?

Der Juraprofessor & Lehrstuhlinhaber im New Lawyers Podcast

Mustafa Temmuz Oğlakcıoğlu hätte auch Schauspieler werden können, Designer oder Beat-Produzent. Stattdessen ist er nun Richter im zweiten Hauptamt, Juraprofessor und Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht und Rechtsphilosophie an der Universität des Saarlandes – und für seine unkonventionelle Herangehensweise an die Lehre bekannt. In dieser Folge des New Lawyers Podcasts von Talent Rocket spricht er mit Alisha Andert über Kritik am Jurastudium, alternative Jura-Lehrmethoden und über die Zukunft der universitären Lehre.

Dass Mustafa Oğlakcıoğlu Jura studiert hat, hat er wohl vor allem seinem Vater zu verdanken. Dieser bestand darauf, dass sein Sohn ein Studium abschließt, anstatt eine künstlerische Karriere einzuschlagen – vielleicht auch deshalb, weil sein eigenes Studium der Volkswirtschaft in Deutschland nicht anerkannt wurde. Für einen Werdegang als Anwalt sah sich Oğlakcıoğlu jedoch langfristig nicht gemacht. Zu harmoniebedürftig sei er für diesen Job.

Stattdessen entdeckte er die Lehre für sich: Dank der wissenschaftlichen Freiheit hatte er hier die Möglichkeit, seine Kreativität zumindest in gewisser Weise in seinen Beruf zu integrieren. Er bringt Serien, Comics und Gangsta-Rap in die Forschung ein und setzt sie in rechtlichen Bezug. Bei seinen Übungen macht er eine „Show“, überlegt sich schon im Voraus Sprüche und Witze und setzt auf unterhaltsame Visualisierungen.

„Ich möchte mehr vermitteln als den Lehrstoff“, erklärt Oğlakcıoğlu. Er wolle unterhalten, die Studierenden zum Nachdenken anregen und sie für rechtspolitische Themen begeistern. Dafür organisiert er zum Beispiel Exkursionen und möchte in Zukunft noch mehr Streamingangebote bereitstellen. Auch seine eigenen Erfahrungen baut er in den Unterricht mit ein – zum Beispiel mit Racial Profiling und Diskriminierungsmechanismen. Angehende Jurist:innen müssten in dieser Hinsicht mehr sensibilisiert werden, schließlich seien sie es, die später wichtige Urteile fällen.

Ich möchte mehr vermitteln als den Lehrstoff.
- Mustafa Oğlakcıoğlu

Auch wenn Humor bei ihm eine große Rolle spielt, legt Oğlakcıoğlu großen Wert darauf, den angemessenen Ton für jedes Thema zu finden – sei es in seinem Podcast „Räuberischer Espresso“ oder in seinen Lehrveranstaltungen. Gerade bei Jura gibt es schließlich auch Themen, bei denen es nicht viel zu Lachen gibt.

Blicke hinter juristische Kulissen mit dem New Lawyers Podcast

Das sind die neusten Folgen:

Mit Empathie gegen die Ellbogenmentalität

Mit seiner lockeren Art findet er viel Anklang, sein Stil kommt aber nicht bei jedem gut an. Gerade Jurist:innen würden schon früh sehr konventionell denken, seine Art der Wissensvermittlung könne deshalb auf manche schon mal etwas albern wirken. Jurastudierende würden die vorgegebenen Rollen – zum Beispiel das Konkurrenzdenken und die Ellbogenmentalität – als "Vermächtnis" annehmen, um die Schwierigkeiten im Studium zu bewältigen. Oğlakcıoğlu versucht, dem mit Empathie entgegenzuwirken – anders als so manch andere Professor:innen, die diese Denkweise sogar noch verstärken.

Seine Herangehensweise an die Lehre und sein beruflicher Erfolg sind sicherlich auch seinem Hintergrund geschuldet. Oğlakcıoğlu wuchs in einem Haushalt auf, in dem viel Wert auf Bildung gelegt wurde, der wenig autoritär und stattdessen sehr liebevoll war. Auch an der Uni hatte er Glück mit seinem akademischen Lehrer, der ihn immer gepusht habe. Konkurrenzdenken hatte an seinem Lehrstuhl keinen Platz, das Team war divers und gleichberechtigt. Weil er sich Themen aussuchte, die bisher in der Forschung keine große Beachtung fanden – etwa das Betäubungsmittelgesetz, zu dem er in seiner Doktorarbeit forschte – konnte er sich schnell profilieren.

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Wird es ein „Jura-Netflix“ geben?

Viele von Oğlakcıoğlus Ideen, die Lehre neu zu gestalten, sind noch in der Anfangsphase. Und auch im Großen tut sich an den Universitäten gerade so einiges. Wir befänden uns in einer Übergangsphase (unter anderem verstärkt durch die Pandemie), in der viele unterschiedliche Ansätze ausprobiert würden – von Präsenzveranstaltungen über komplette Onlineangebote bis hin zu allem, was dazwischen liegt. Wie sich die Lehre in Zukunft entwickeln wird, ließe sich aber noch schwer abschätzen.

Oğlakcıoğlu hält es für möglich, dass die Diversifizierung der Onlineangebote dazu führen könnte, dass es in Zukunft eine Art „Jura-Netflix“ geben wird, in dem sich Studierende ihre Vorlesungen aussuchen können. Als Professor müsse man sich dann sehr gut überlegen, wie man die Studierenden noch in seine Vorlesung bringen kann. Das hat durchaus positive Effekte: digitale Angebote könnten es zum Beispiel ermöglichen, dass die Inhalte online vermittelt werden, während in den Vorlesungen mehr Zeit für einen echten Austausch bleibt.

 

Dich interessiert, wie seine Kollegen auf Oğlakcıoğlus Lehrmethoden blicken? Oder du möchtest mehr darüber erfahren, inwiefern man sich in der Professur auch kreativ ausleben kann? Dann hör doch mal rein in diese Folge des New Lawyers Podcasts!

Die Themen dieser Folge im Überblick:

 

  • Icebreaker-Frage: Mit welcher Aktivität kann man dich besonders begeistern?
  • Was wolltest du ursprünglich werden?
  • Wie hast du deine Begeisterung für Jura und die Lehre entdeckt?
  • Wie bist du Professor geworden?
  • Wie blickst du auf die Kritik am Jurastudium?
  • Was möchtest du in deiner Lehre anders machen?
  • Wie kommt dein Podcast bei den Studierenden an?
  • Was sind deine Lehrmethoden?
  • Gibt es von Kolleg:innen Kritik an deinen Methoden?
  • Wohin wird sich die Lehre entwickeln?
  •  Lebst du deine künstlerische Ader in der Professur aus?
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Laura Hörner
Kulturwirtschaft Uni Passau

Als freie Autorin schreibt Laura Hörner bei TalentRocket über Themen rund um die juristische Karriere. Besonders interessiert sie sich dabei für die vielfältigen Karrierewege, die Jurist:innen offenstehen.