New Lawyers: Polizeipräsidentin Britta Zur im Interview mit Alisha Andert

Veröffentlicht am 26.04.2021

Britta Zur - “Bei der Polizei gibt es leider noch sehr wenige weibliche Führungskräfte”

Die Polizeipräsidentin zu Gast bei New Lawyers

Dass der öffentliche Dienst für Jurist:innen eine Alternative zum Kanzlei- oder Unternehmensleben darstellt, zeigen nicht nur die Zahlen in den Landes- und Bundesministerien, sondern auch die aus dem Polizeidienst. Insbesondere Volljurist:innen stehen dabei viele Türen für hohe Ämter und eine Führungskräftelaufbahn offen. 

Eine Juristin, die es nicht nur an die Spitze des Gelsenkirchener Polizeipräsidiums, sondern mit ihrer Ernennung im Januar 2020 auch in einige Medienformate außerhalb des Polizeikosmos’ geschafft hat, ist Britta Zur. 

Seit Januar 2020 ist Britta Zur Polizeipräsidentin in Gelsenkirchen, eine von nur sehr wenigen Frauen in diesem Amt, und Chefin von mehr als 1600 Mitarbeitenden. Im TalentRocket-Podcast New Lawyers spricht sie über ihre Aufgaben als Polizeipräsidentin, warum sie vor anderen Herausforderungen als ihre männlichen Kollegen steht und spricht über die negative Seite der Polizei.

 

“Polizeipräsident ist kein Ausbildungsberuf”


Was macht eine Polizeipräsidentin überhaupt? Trotz vorangegangener Tätigkeit als Staatsanwältin und entsprechenden Berührungspunkten mit der Polizeiarbeit, musste Britta Zur auf diese Frage mit Dienstbeginn ihre eigene Antwort finden, denn ein klassisches Einarbeiten oder Anlernen durch andere Personen, mitlaufen und jeden Tag ein neues Kapitel erschließen, findet, anders als in klassischen Ausbildungsberufen, nicht statt.

Einerseits ist sie natürlich Vorgesetzte und Ansprechpartnerin für verwaltungsorganisatorische und personalbezogene Fragen, ebenso fallen strukturelle und strategische Themen rund um den Aufbau der Behörde odes eines Kommissariats in ihren Bereich.

Gleichzeitig ist sie darüber hinaus in alle wichtige Themen innerhalb der Behörde involviert, immer im persönlichen Austausch mit anderen Amtsinhaber:innen, anderen Polizeipräsident:innen und sichtbar als Teil der Gelsenkirchener Gesellschaft.

Mit Corona wird das Aufgabenfeld zudem zusätzlich erweitert: “Was ist mit Home Office? Wie kann ich die Sicherheit meiner Mitarbeitenden gewährleisten? Wie organisiere ich ein entsprechendes Impfangebot für die Beamt:innen? Wie kann ich die Funktionsfähigkeit der Polizei in der Pandemie erhalten?” sind nur einige der Fragen, die das aktuelle Aufgabenspektrum ergänzen.
 

Als Volljurist bei der Polizei


Britta Zur ist natürlich nicht allein mit ihrem juristischen Hintergrund bei der Polizei. Neben ihrer Position sind weite wichtige Stellen wie bspw. die Verwaltungsleistung oder die Leitung der Personalabteilung von Volljurist:innen besetzt, ebenso ist einer der Leiter bei der Kripo, der eine Kriminalinspektion leitet, Volljurist. Jurist:innen bei der Polizei haben Tradition, bereits in der Vergangenheit haben neben (ehemaligen) Polizist:innen ebenfalls sehr oft Verwaltungsjurist:innen das Polizeipräsidium geleitet.

Ein juristischer Hintergrund zwar ist keine Voraussetzung für das Amt als Polizeipräsident, ein Vorteil kann es dennoch sein. Bevor Britta Zur Polizeipräsidentin geworden ist, hat sich sie sich als Staatsanwältin in Düsseldorf bewährt und dort vor allem Kapitalverbrechen bearbeitet.

“Weil ich als Staatsanwältin einfach so viele Dinge von der Polizeiarbeit mitbekommen habe, die Themen, die die Polizei hier bearbeitet auf dem Schirm hat, kenne. viel Fragen und Problemstellungen sind mir nicht fremd und ich ein kriminalistisches Grundverständnis mitbringe.”

Weitere Folgen New Lawyers

Es wird getuschelt: Eine so junge Frau?


Es sind immer noch sehr wenige Frauen, ca. 20%, die in Führungspositionen bei der Polizei arbeiten. Das ist nicht nur wahnsinnig wenig, sondern wird auch nicht dem Anspruch gerecht, als Polizei gewissermaßen ein Spiegel der Gesselschaft zu sein.

Britta Zur weiß um die Symbolkraft ihrer Ernennung: Sie war Ende 30, als sie zur Polizeichefin von Gelsenkirchen ernannt wurde, hatte sich die Jahre zuvor als Staatsanwältin und Sprecherin der Staatsanwaltschaft Düsseldorf einen Namen gemacht – relevant für einige Medien scheint dennoch ihr Äußeres zu sein, auf das detailliert Bezug genommen wird. Ein Problem, mit dem insbesondere Frauen in Führungspositionen regelmäßig konfrontiert sind und das durch weitere für den Beruf irrelevante Punkte ergänzt wird:
 

 

So weit scheint die Gesellschaft einfach noch nicht zu sein, dass eine junge Frau in dem Amt nicht mehr hinterfragt werden muss oder ihr Zweifel entgegengebracht werden.
Britta Zur

Zurück zur Sachpolitik


Bereits während ihrer Zeit bei der Staatsanwaltschaft hat sich Britta Zur ein Thema auf die Fahne geschrieben: Straftaten gegen Mitarbeiter:innen des öffentlichen Dienstes. Als Staatsanwältin hat sie in Düsseldorf sehr intensiv am Aufbau eines entsprechenden Sonderdezernats mitgewirkt, fordert auch als Polizeipräsidentin alle betroffenen Beamtinnen und Beamten dazu auf, entsprechende Grenzübergänge zur Anzeige zu bringen und arbeitet diesbezüglich eng mit der zuständigen Justiz zusammen.

Es werden allerdings nicht nur gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte Straftaten verübt, sondern auch von ihnen, wie beispielhaft die rassistischen Vorfälle in der Essener Polizei belegen. Britta Zur kennt auch diese Seite der Polizei, eine entsprechende Strafverfolgung ist ebenso notwendig wie selbstverständlich.

Wenn ihr euch nun fragt, ob die Polizei auch für dich der richtige Arbeitgeber wäre, was dich vor allem als Juristin dort erwartet und welche Entwicklungsmöglichkeiten dir geboten werden, hör dir am besten die ganze Folge New Lawyers mit Britta Zur an.

 

Alle Themen in der Übersicht:


→ Begrüßung und Vorstellung Britta Zur (ab Min. 0:54)
→ Im Fahrstuhl mit … (ab Min. 2:22)
→ Was macht eine Polizeipräsidentin? (ab Min. 3:54)
→ Was machen Volljurist:innen bei der Polizei? (ab Min. 8:28)
→ Eine Frau wird Polizeipräsidentin (ab Min. 11:25)
→ Gewalt gegen Mitarbeitende des öffentlichen Dienstes (ab Min. 18:55)
→ Straftaten von Polizistinnen und Polizisten (ab Min. 22:57)