Psychischer Druck im Jurastudium

Verfasst von Laura Hörner|Veröffentlicht am 28.02.2022

Psychische Belastung im Jurastudium: Aktuelle Studie

So gestresst sind Jurastudierende wirklich

Erfolgsdruck von den Eltern und der Gesellschaft, hohe Anforderungen im Studium, Konkurrenzkampf unter den Studierenden, die Herausforderungen der Coronapandemie... Das Jurastudium ist dafür bekannt, sich negativ auf die Psyche der Studierenden auszuwirken. Um herauszufinden, ob diese Wahrnehmung der Wahrheit entspricht und wie sich die Lage der Studierenden verändert, hat der Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften e.V. im Februar 2022 seine zweite Umfrage zum psychischen Druck veröffentlicht. Die Umfrage wurde zwischen September 2020 und März 2021 unter 1.178 Jurastudentinnen und -studenten an 40 Universitäten durchgeführt – und die Ergebnisse werden Jurastudierende selbst vermutlich nur wenig überraschen.

Die meisten Studierenden würden ihr Studium nicht weiterempfehlen

Wer sich die Umfrage des Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften e.V. im Detail ansieht, der wird schnell erkennen, dass es um die Psyche vieler Jurastudierenden nicht unbedingt gut bestellt ist. 4 % beschreiben ihre Gefühlslage über das Studium als „sehr schlecht“, 33 % als „schlecht“, ebenfalls 33 % schätzen ihr Studium für den Moment als „gut“ oder „sehr gut“ ein. Die Vermutung liegt nahe, dass die negative Einschätzung von mehr als einem Drittel der Studierenden mit dem psychischen Druck zusammenhängt, der mit dem Studium verbunden wird. Auf die Frage, ob die Studierenden ihren Studiengang im Hinblick auf die psychische Belastung weiterempfehlen würden, antworteten ganze 49 % mit „eher nicht“, 21 % sogar mit „auf keinen Fall“. Diese Einschätzung spricht Bände und auch weitere Fragen zeigen, dass die Studierenden den Stress im Studium größtenteils als negativ wahrnehmen.

Doch woher kommt diese Belastung? Auch darauf hat die Umfrage eine Antwort: Häufig genannt werden die Angst, nicht zu bestehen (78 %), das Examen und die Examensvorbereitung (76 %) sowie die Sorge, nicht genug zu lernen (70 %). 69 % fühlen sich durch das Notensystem belastet. Die häufigsten Folgen von diesem Stress sind negative Gedankenspiralen, Schlafschwierigkeiten, Niedergeschlagenheit und Gereiztheit sowie sozialer Rückzug und körperliche Schmerzen.

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Richtig mit Stress umgehen: Stressbekämpfung ist ein Fremdwort

Dass Stress zum Jurastudium gehört wie Repetitorien und selbstverliebte Professor:innen, ist kein Geheimnis. Doch wie gehen Studierende mit diesem Stress um? Auch das hat die Umfrage berücksichtigt und herausgefunden, dass mehr als die Hälfte (55 %) Sport als Ausgleich betreibt, Freunde trifft (54 %) oder spazieren geht (47 %). All das sind gute Methoden, um psychischer Belastung entgegenzuwirken. Doch auch weniger gesunde Gewohnheiten werden entwickelt. So nutzen je 16 % Alkohol und Clubbesuche als Stresskiller, 4 % greifen auf andere Drogen zurück. Ebenfalls besorgniserregend: 19 % der Studierenden hat noch keine passende Methode, um mit Stress umzugehen. Das könnte daran liegen, dass 39 % der Befragten angibt, kaum oder gar keine Zeit für Entspannung oder Ausgleich neben dem Studium zu haben.

Aufgrund der vielen Stressfaktoren, mit welchen die Studierenden konfrontiert sind, stellt sich auch die Frage nach dem Umgang mit Belastungen, welche nicht durch simple Maßnahmen wie Sport oder Treffen mit Freunden bewältigt werden können. Besonders interessant ist hier, dass sich 71 % der Studierenden noch nicht aktiv mit Stressbekämpfung auseinandergesetzt hat, also keine klare Strategie hat. Professionelle Angebote wie eine Psychotherapie nutzen lediglich 10 % der Befragten, 4 % wenden sich an psychologische Beratungsstellen. Letztere Zahl lässt sich mit einem geringen Bewusstsein für die universitären Angebote erklären, mit welchem sich 52 % der Befragten noch nie beschäftigt haben.

Diese Faktoren stressen Jurastudierende besonders

Vom Zeitmanagement bis hin zu den Prüfungen: Die Umfrage des Bundesverbands rechtswissenschaftlicher Fachschaften e.V. ermöglicht einen detaillierten Einblick in die größten Stressfaktoren von Jurastudierenden und deren Wünsche und Bedürfnisse. So wünschen sich beispielsweise 70 %, dass ein Angebot zum Thema effizientes Lernen und Zeitmanagement Teil des Studienangebots wird.

Wenig überraschend sind auch die Erkenntnisse bezüglich des Drucks, der durch die Konkurrenz zu anderen Kommilitonen entsteht: 19 % fühlen einen starken Druck durch ihre Mitstudierenden, für 32 % ist der Druck spürbar und lediglich 10 % fühlen überhaupt keinen Druck durch die Leistungen ihrer Kommilitonen. Über die guten Noten der anderen Studierenden können sich lediglich 45 % freuen – auch das zeigt, wie hoch die Anforderungen an sich selbst und das Konkurrenzdenken unter den zukünftigen Juristinnen und Juristen sind.

Über die guten Noten der anderen Studierenden können sich lediglich 45 % freuen.

Die Auswirkungen der Coronapandemie

Aufgrund der aktuellen Lage widmete sich die Umfrage selbstverständlich auch der Coronapandemie und deren Auswirkungen auf die Psyche der Studierenden – ebenfalls ein Grund für einige Sorgen, die Jurastudentinnen und -studenten negativ beeinträchtigen können. So hatten die Befragten Bedenken, dass sie das Studium aufgrund der Pandemie ungewollt verlängern müssten (26 %), in den Prüfungen schlechter abschneiden könnten (25 %) oder die Prüfungen gar nicht bestehen (19 %). Dazu kamen teilweise finanzielle Einbußen: 20 % gaben an, dass sich ihre finanzielle Lage verschlechter hat, bei 7 % hatte sie sich sogar sehr verschlechtert. Dem gegenüber stehen 64 %, deren Lage sich nicht verändert hat, und 3 %, die in einer verbesserten oder sehr verbesserten finanziellen Lage waren.

Die veränderten Studienbedingungen und damit auch neue Prüfungsformate sorgten zudem dafür, dass sich die Wahrnehmung der Studierenden in Hinblick auf die Prüfung veränderte. Während sich 23 % der Befragten mit den neuen Formaten sicherer fühlten, hatten 34 % mehr oder deutlich mehr Angst vor den Prüfungen.

Stress im Studium senken: Die Universitäten und die Politik sind gefragt

Die Macher der Umfrage kommen zu dem Schluss, dass der Druck im Studium langfristig mithilfe von Reformen gesenkt werden muss – zum Beispiel durch den Bachelor of Laws (der einen Abschluss auch ohne Staatsexamen ermöglicht), das Abschichten oder die Harmonisierung des Frei- und Verbesserungsversuchs. Zudem kritisieren sie, dass das Thema von den Universitäten nicht ernst genug genommen werde. „Wir wünschen uns, dass das Thema Psychischer Druck im Jurastudium endlich von den Universitäten in Angriff genommen wird. Die einhergehende psychische Belastung kann nicht mehr verneint werden, trotzdem wird das Thema in der Lehre totgeschwiegen und findet selbst auf ministerialer Ebene keine Erwähnung“, fasst Kira Kock, die Vorsitzende des Bundesverbands rechtswissenschaftlicher Fachschaften e.V. zusammen.

 

Druck und Stress gehören zu einem Studium dazu und sind zu einem gewissen Grad auch fördernd. Sobald sie jedoch psychisch und physisch krank machen, sind sie kontraproduktiv und können Studierenden langfristig schaden. Die Umfrage zum psychischen Druck zeigt, dass nur ein sehr kleiner Teil der Jurastudierender frei ist von Stress und negativen Emotionen. Diese Ergebnisse sprechen für sich und sollten entsprechende Maßnahmen nach sich ziehen.

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Laura Hörner
Kulturwirtschaft Uni Passau

Als freie Autorin schreibt Laura Hörner bei TalentRocket über Themen rund um die juristische Karriere. Besonders interessiert sie sich dabei für die vielfältigen Karrierewege, die Jurist:innen offenstehen.