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Veröffentlicht am 20.03.2023

Stipendium für mehr Chancengleichheit

Claudia Trillig und Dr. Oliver Socher von Baker McKenzie im Interview

Claudia Trillig ist Director HR von Baker McKenzie Deutschland. Bevor sie 2001 bei Baker McKenzie in Frankfurt startete, war sie knapp zehn Jahre bei der heutigen Daimler AG tätig. Nach ihrem Einstieg im Mercedes-Benz Traineeprogramm war sie in unterschiedlichen HR Rollen im In- und Ausland tätig, zuletzt als Leiterin Internationale Führungsnachwuchsgruppe bei Daimler Chrysler.

Dr. Oliver Socher ist Partner und EMEA Head der Praxisgruppe Banking und Finance bei Baker McKenzie. Er ist einer der Mentor:innen der Stipendiums für mehr Chancengleichheit und begleitete bereits Nachwuchsjurist:innen als Mentor im Rahmen des "Career Mentorship Program" der Kanzlei. 

Claudia Trillig und Oliver Socher
Claudia Trillig und Oliver Socher

Frau Trillig, am 10.02.2023 fiel der Startschuss für das Baker McKenzie Stipendium für mehr Chancengleichheit. Warum wurde dieses Stipendium ins Leben gerufen? Wer soll damit gefördert werden?

Claudia Trillig: Uns liegt das Thema Social Mobility als Kanzlei seit langem sehr am Herzen. Deshalb gibt es bei Baker McKenzie hierzu weltweit Initiativen verschiedenster Art. Gleichzeitig haben wir eine Verantwortung, der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Wir sehen das Stipendium auch als ein wichtiges Tool, um potentielle Kolleg:innen kennenzulernen, die inspirierende Persönlichkeiten sind und mit denen wir auf anderem Wege mitunter gar nicht zusammengekommen wären. 

Im Fokus stehen jährlich 20 Nachwuchsjurist:innen, die aufgrund kultureller, finanzieller oder familiärer Gründe einen erschwerten Zugang zum Juralernen haben. Ganz wichtig ist uns zu zeigen, dass es keine Rolle spielt, mit welchem Hintergrund sich ein/e Kandidat:in für eine Wirtschaftskanzlei interessiert. Wir sind dankbar für das Interesse – menschlich wie fachlich ist das eine enorme Bereicherung für unsere Kanzlei.

 

Sie sind als HR Director bei Baker McKenzie tätig. Worauf haben Sie und Ihr Team sowohl bei den verschiedenen Elementen des Stipendiums als auch bei der Auswahl der Stipendiat:innen geachtet? 

Claudia Trillig: Unser Hauptfokus lag auf der Frage: Wie können wir die Stipendiat:innen bestmöglich unterstützen? Wo können wir persönlich und menschlich in der Orientierung und Ausbildung durch unterschiedliche Angebote helfen? Uns war es wichtig, dass potentielle Kandidat:innen keine Scheu haben, sich in einer internationalen Wirtschaftskanzlei zu bewerben, die von außen betrachtet manchmal unerreichbar zu sein scheint. 

Im Rahmen des Stipendiums möchten wir ihnen offen, ehrlich und authentisch zeigen, wer wir sind, was unsere Werte und Kultur ausmacht und wie ein tägliches Arbeiten bei uns aussehen kann. Bei der Auswahl der Stipendiat:innen war uns besonders wichtig, kulturelle, finanzielle und familiäre Aspekte, die das Juralernen erschweren, gleichermaßen zu berücksichtigen und damit eine diverse Gruppe zusammenzubringen, die sich auch gegenseitig bereichert – mit ganz unterschiedlichen Lebenslinien. Die Stimmen aller Beteiligten nach dem Kick-off zeigen uns, dass wir damit den richtigen Weg eingeschlagen haben. Bei der Auswahl war uns außerdem wichtig, dass die Stipendiat:innen sich proaktiv mit all ihrer Vielfalt in das  Stipendium mit Ideen einbringen und mitgestalten. Wir wollen voneinander lernen und voneinander profitieren.
 

Im Rahmen des Stipendiums möchten wir den Stipendiat:innen offen, ehrlich und authentisch zeigen, wer wir sind, was unsere Werte und Kultur ausmacht und wie ein tägliches Arbeiten bei uns aussehen kann.
Claudia Trillig

Baker McKenzie verfolgt mit dem Stipendium das Ziel, mehr Bildungsgerechtigkeit, Chancengleichheit und -gerechtigkeit auf dem juristischen Arbeitsmarkt zu schaffen. Was bedeutet Social Mobility für Sie und inwiefern besteht Ihrer Ansicht nach noch Aufholbedarf in der Rechtsbranche?

Claudia Trillig:  "Träume leben und zur Wirklichkeit werden lassen", unabhängig von Herkunft, finanziellen Möglichkeiten, Ort der Geburt u.v.m.. Jede:r startet bei "Null" auf Augenhöhe und am Ende entscheiden Persönlichkeit und das eigene fachliche Potential. So sollte es im Idealfall sein. Äußere Faktoren dürfen Bildung nicht negativ beeinflussen. Stellen Sie sich vor, welches Potential wir auf dem Arbeitsmarkt hätten, wenn all dies möglich wäre, mit welcher Vielfalt, welchen Ideen und Entwicklungen das einhergehen würde. Baker McKenzie ist das Thema Social Mobility seit Jahren wichtig und wir öffnen auf unterschiedliche Art und Weise Türen. Wir sind noch nicht am Ziel angekommen und entwickeln uns permanent weiter. Vieles ist schon angestoßen und umgesetzt, darauf setzen wir künftig auf. 

Herr Dr. Socher, Sie sind Banking und Finance-Partner bei Baker McKenzie. Aus welchen Gründen haben Sie sich dazu entschieden, als Mentor für das Stipendium für Chancengleichheit tätig zu werden?

Oliver Socher: Zum einen freue ich mich darüber, wenn ich die nächste Generation von Jurist:innen unterstützen kann. Schon als Associate schlüpfte ich in die Rolle des Mentors, als unsere Kanzlei 2008 das "Career Mentorship Program" für engagierte Nachwuchsjurist:innen aus der Taufe hob, mit dem wir seit inzwischen 15 Jahren die "Next Generation" persönlich und fachlich während ihrer Ausbildung fördern. Zum anderen möchte ich als Mentor des Stipendiums etwas zurückgeben. Ich bin in einer aus meiner Sicht großartigen Kanzlei Partner geworden. Meine Erfahrungen auf meinem bisherigen Karriereweg möchte ich gerne mit unseren Stipendat:innen teilen und Ansprechpartner für ihre Fragen sein, sie begleiten und beraten.

 

„Lebt” das Stipendienprogramm vor allem von den fachlichen und persönlichen Erfahrungen der Mentor:innen? Welche Aspekte sind Ihnen beim direkten Austausch besonders wichtig?

Oliver Socher: Ich selbst komme auch aus keiner Akademikerfamilie und kann mich, was viele sehr persönliche Gespräche gezeigt haben, gut in die Situation der jüngeren Generation hineinversetzen. Ich bin in der Lage zu zeigen, welche Wege es gibt, um die eigenen Ziele zu erreichen, dass auch andere ähnliche Hürden zu meistern hatten und  dass z.B. nicht alle Anwält:innen in Großkanzleien aus "Juristenfamilien" stammen. 

 

Sie beraten Banken und Investoren in allen Aspekten von Bank- und Finanzierungstransaktionen. Inwiefern lässt sich die anwaltliche Tätigkeit bei Baker McKenzie mit Ihren Aufgaben als Mentor vereinbaren?

Oliver Socher: Es ist wie in so vielen Situationen im Leben: Man muss sich schlichtweg die Zeit nehmen. Es gibt immer Gelegenheit, ein Gespräch mit seinem Mentee zu führen. Ein Kaffee, ein Zoom-Gespräch – das ist immer möglich. Im Zuge des Stipendiums ist es mir wichtig, an "meine Stipendiat:innen" so viel wie möglich weiterzugeben und als Gesprächspartner mit offenem Ohr für ihre Bedürfnisse zur Seite zu stehen. Es versteht sich von selbst, dass das mit Zeit verbunden ist. Ich freue mich sehr auf den Austausch und darauf, an die ersten Gespräche bei unserem Kick-off anzuknüpfen. Dort traf ich erstmals auf unsere Stipendiat:innen und war begeistert, welch großartige junge Menschen in dem Programm sind, enthusiastisch und voller Energie, aufgeschlossen und freundlich. An dieser Stelle ein großes Lob an unser HR Team um Claudia Trillig, die die jungen Studierenden mit viel Einfühlungsvermögen für das Stipendium ausgewählt haben. 

Meine Erfahrungen auf meinem bisherigen Karriereweg möchte ich gerne mit unseren Stipendat:innen teilen und Ansprechpartner für ihre Fragen sein, sie begleiten und beraten.
Dr. Oliver Socher

Neben dem persönlichen Austausch mit Mentor:innen erwarten die Stipendiat:innen weitere Elemente, um den Zugang zum Juralernen zu erleichtern. Auf welche Benefits können sich die Studierenden noch freuen, Frau Trillig?

Claudia Trillig: Wir fördern unsere Stipendiat:innen in unserer Kanzlei ein Jahr lang fachlich und persönlich – mit vierteljährlichen Mentoring Circles, garantiertem Praxiseinsatz in einem unserer deutschen Büros, ggf. einem Einsatz in einem internationalen Büro unserer Kanzlei mit finanzieller Unterstützung, einem kostenlosen Zugang zur Jurafuchs-Lern-App, einem interkulturellen Seminar, regelmäßigen Impulsvorträgen, einer Studienberatungshotline und einem Next-Generation Event. Letzteres bedeutet: Nach zwölf Monaten treffen die aktuellen Stipendiat:innen auf die nächste Stipendiaten-Generation und ein neuer Jahrgang startet. Mit diesen vielfältigen Angeboten bieten wir ein Programm, mit dem wir unsere Stipendiat:innen rundum fördern.

Bei all dem ist uns eines am Wichtigsten: das menschliche Miteinander – gegenseitige Offenheit, die Stipendiat:innen an den Erfahrungen der Mentor:innen teilhaben zu lassen, an deren Hürden und Erfolgen, "Lessons learned" zu hören und gleichzeitig zu sehen, was möglich ist und viel Kraft in jeder und jedem Einzelnen steckt. Das gilt natürlich in beide Richtungen. Wir können so viel lernen von dieser Generation und Zielgruppe und freuen uns, dass wir uns gegenseitig inspirieren.   

 

Welchen Stellenwert sollte Ihrer Auffassung nach das Bekämpfen von Chancenungleichheit auf dem juristischen Arbeitsmarkt einnehmen? Gibt es überhaupt statistische Belege für das Vorliegen solcher Ungleichheiten?

Claudia Trillig: Es gibt zahlreiche Studien zu dieser Thematik, z.B. zum Thema Chancenungleichheit aufgrund des Geschlechts. Das Thema ist aber viel breiter und umfasst eine bei weitem größere Gruppe. Statt auf eine x-te Studie zu Chancenungleichheiten zurückzugreifen, bin ich vielmehr Fan des "Handelns" und berufe mich auf jahrelange Erfahrung in der Beobachtung des Arbeitsmarkts. Wenn wir unsere Stipendiat:innen ein Jahr auf ihrem Weg erfolgreich begleiten konnten und sie mit vielen Impulsen, Know-how und implizitem Wissen das Programm verlassen, dann haben wir schon etwas erreicht. Wenn jeder ein Stück dazu beiträgt, dann kann es uns gelingen, unsere Gesellschaft  für diese Thematik zu öffnen – nicht nur auf dem juristischen Arbeitsmarkt. 
 

Herr Dr. Socher, welche persönlichen Merkmale, Eigenschaften und Skills sollten Mentor:innen für die erfolgreiche Unterstützung der Stipendiat:innen mitbringen?

Oliver Socher: Empathie, Engagement und natürlich Zeit. Man muss Zuhören können und die Sorgen und Bedürfnisse der jungen Generation ernst nehmen. Wichtig ist, sich auf Augenhöhe zu begegnen. Die/der Mentee sollte sich wohl und verstanden fühlen und nicht das Gefühl haben, dass die/der Mentor:in gehetzt ist oder zeitlich unter Druck. Diese Eigenschaften sollten gute Anwält:innen ohnehin mitbringen. Mandanten verlangen eine ähnliche Aufmerksamkeit. 

 

Sie haben bei der Kick-Off Veranstaltung für einen guten Zweck auch den Kochlöffel geschwungen. Wie haben Sie die Atmosphäre und die Kommunikation zwischen Mentor:innen und Stipendiat:innen wahrgenommen?

Oliver Socher: Gerade beim gemeinsamen Kochen ergab sich ein toller Austausch in lockerer Atmosphäre. Während wir gemeinsam ein Menü zubereiteten, kamen die Stipendiat:innen mit ihren ganz persönlichen Fragen zum Studium, zu Anforderungen in Großkanzleien, Chancen, Praktikum, Referendariat und Auslandseinsatz auf uns zu. Ich habe das Gefühl, dass wir Mentor:innen bereits beim Kick-off gute Eindrücke vermitteln konnten, was alles möglich sein kann. 

 

Was erhoffen Sie sich von diesem Angebot für Stipendiat:innen? Wie wichtig ist Ihrer Meinung nach die Unterstützung von (werdenden) Jurist:innen?

Oliver Socher: Unserer Stipendiat:innen befinden sich in einem noch recht frühen Stadium in ihrer Karriere, einige haben das Erste Staatsexamen noch vor sich. Wenn wir sie durch das Stipendium für uns begeisterten, wäre das ein Gewinn. Gleichwohl geht es uns darum, Chancengleichheit zu fördern. Unser Ziel ist es, etwas zurückgeben. 

Einblicke in das Stipendium für Chancengleichheit

Frau Trillig, durch das Programm werden die Stipendiat:innen ein Teil der Baker McKenzie Community. Denken Sie, dass frühzeitiges Networking und das Knüpfen von beruflichen Kontakten auf dem juristischen Arbeitsmarkt unumgänglich ist?

Claudia Trillig: Netzwerken ist das A und O – für beide Seiten. Wenn ich mich für einen Weg entscheide, muss ich eine Idee haben, was ich will und was mich wo erwartet. Das geht am besten, indem man viele Kontakte knüpft mit unterschiedlichsten Menschen und Organisationen und man gegenseitig voneinander lernt. Auf dieser Basis kann man fundierte Entscheidungen fällen: Wo will ich später arbeiten? Wenn will ich einstellen? Netzwerken sollte idealerweise ein Leben lang währen, Netzwerken bedeutet lernen und es findet überall statt, auch mit Mandanten.  
 

Was möchten Sie jungen Jurist:innen – insbesondere jenen, denen der Zugang zum Juralernen erschwert ist – mit auf den Weg geben?

Claudia Trillig: Seid mutig, hinterfragt Grenzen und traut euch – häufig erschließen sich Möglichkeiten, an die man gar nicht gedacht hat oder die man sich nicht traut einzufordern. "Wenn man im Leben etwas will, muss man es sich nehmen", sage ich immer und ich bin mir sicher, dass man häufiger positiv überrascht wird, als man denkt. In diesem Sinne freuen wir uns auf Euch!  

Ihr Fazit?

Claudia Trillig: Wahnsinnig spannende Persönlichkeiten und ein Glück, diese ein Stück weit auf ihrem Berufs- und Lebensweg begleiten zu dürfen – auf hoffentlich noch viele weitere Stipendiat:innen-Klassen!

Oliver Socher: Ich freue mich sehr, unsere Stipendiat:innen zu begleiten und bin schon gespannt auf den weiteren Austausch – sei es in den Mentoring Circles, bei einem gemeinsamen Kaffee oder während des Praktikums. Das Stipendium bietet so viele Möglichkeiten, sich auszutauschen und sich gegenseitig zu inspirieren. Das Stipendium ist keine Einbahnstraße, sondern auch wir als Mentor:innen können von der jüngeren Generation lernen. 

 

Vielen Dank, Frau Trillig und Herr Dr. Socher!
 

 

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