Unterschiede Wirtschaftsrecht und Unternehmensberatung - TalentRocket

Verfasst von Hüveyda Asenger

Wirtschaftsrecht vs. Unternehmensberatung

Karrierewege, Unterschiede & Vorteile

Unternehmensberatung stellt für viele Absolventinnen und Absolventen verschiedener Fächer ein interessantes Berufsfeld dar. So ist auch für viele Jurist:innen nach Studienabschluss die Unternehmensberatung eine realistische Option.

Jurist:innen sind lange keine Ausnahmen mehr in dieser Branche. Die Unternehmensberatung lockt vor allem viele qualifizierte Jurist:innen, die einerseits einen international ausgerichteten Arbeitsalltag erleben möchten und andererseits in Teams mit Kolleg:innen aus verschiedenen akademischen Hintergründen zusammen arbeiten wollen. Schließlich gehen diese Vorteile auch mit einem guten Einstiegsgehalt einher, was für viele Absolvent:innen natürlich ansprechend ist.

„Mein Arbeitstag als Unternehmensberater sieht genauso aus, wie der meiner Kollegen mit anderen Studienabschlüssen – also sehr herausfordernd, abwechslungsreich und auch arbeitsintensiv“, sagt Tobias Hartz zum Arbeitsalltag, der selbst Jurist und Unternehmensberater bei A.T. Kearney ist.

Doch ob es sich für Jurist:innen lohnt, diesen Karriereweg einzuschlagen oder in welchen Fällen klassisches Wirtschaftsrecht in Betracht gezogen werden sollte, soll im Folgenden kurz dargestellt werden.

Warum Jurist:innen gut in der Unternehmensberatung aufgehoben sind

Inzwischen gibt es als Fachfremde viele Jurist:innen in der Unternehmensberatung.

So ist mittlerweile auf Seiten der Beratungsunternehmen Usus, offen für Quereinsteiger zu sein, wie etwa auch für qualifizierte Geistes- oder Naturwissenschaftler „In allen großen Unternehmensberatungen arbeiten Exoten (also nicht-Wirtschaftswissenschaftler) Seite an Seite in Projektteams mit Kollegen mit wirtschaftswissenschaftlichem Hintergrund an der Bewältigung der wichtigsten Herausforderungen der Klienten“, sagt Tobias Hartz zur Durchmischung in den Teams.

Weiterhin führt er aus: „Auch als Jurist startet man in der Beratung am besten mit einem soliden wirtschaftlichen Grundverständnis, oder eignet sich dieses schnell an. Dabei wird man von den großen Beratungen selbstverständlich durch spezielle Trainings und Coaching on the job unterstützt.“  

Jurist:innen haben somit viele Vorteile in ihrer Ausbildung oder in ihrem beruflichen Leben erworben, die für die Tätigkeit als Unternehmensberater sehr effektiv sein können. Analytisches Denken und das Einarbeiten in neue und unbekannte Bereiche innerhalb kürzester Zeit gehören beispielsweise dazu. Dies macht Jurist:innen aus der Arbeitgeberperspektive besonders interessant.

„Juristen haben gelernt, eine Fragestellung sehr strukturiert in ihre Bestandteile zu zerlegen, und die einzelnen Bausteine wieder zu einer Lösung zu aggregieren. Hilfreich ist auch die ausgeprägte Übung darin, komplexe Lebenssachverhalte anhand von Normen beziehungsweise Vorgaben zu bewerten.“  Weiterhin sei die sprachliche Genauigkeit von Jurist:innen vorteilhaft.

Andererseits betont er, dass es bei manchen Jurist:innen auch einen gewissen Nachholbedarf bei quantitativen analytischen Fähigkeiten gäbe, in denen aber z. B. Ökonomen oft glänzten. Weiterhin fiele es manchen Rechtswissenschaftlern zu Beginn schwer, sich strikt auf die wichtigsten Informationen zu fokussieren und nicht entscheidende Nebensachen auszublenden.

Letztendlich seien Jurist:innen unterm Strich in der Unternehmensberatung aber mindestens genauso erfolgreich wie die Absolvent:innen anderer Studiengänge.

Wann Jurist:innen Unternehmensberatung anstreben sollten

Viele haben Rechtswissenschaften studiert, um später im Berufsleben unter anderem von der Flexibilität dieses Berufsbildes zu profitieren und in verschiedensten Bereichen arbeiten zu können. Dennoch wollen viele gerade im klassischen juristischen Bereich verbleiben und etwa als Rechtsanwält:in in einer Kanzlei tätig sein.  

So sollte vorher klar sein, ob die Bereitschaft besteht, sich in einen komplett neuen Bereich einzuarbeiten und eine berufliche Wendung zu vollziehen – und somit auch nicht mehr juristisch zu arbeiten. Wer jedoch ohnehin wirtschaftliches Interesse und Grundverständnis mitbringt und idealerweise Berührungspunkte in der juristischen Ausbildung mit wirtschaftlich-rechtlichen Fragestellungen hatte, hat schon einmal eine gute Basis.

Zu beachten ist bezüglich der Voraussetzungen in der Branche – ähnlich wie in Großkanzleien – dass Bewerbungen erfolgreicher sind, wenn es sich um besonders befähigte Kandidatinnen und Kandidaten handelt. Standardmäßig kann sich das beispielsweise in guten Noten widerspiegeln. Wichtig ist außerdem das persönliche Profil hinter der Bewerbung. Besonders bedeutend ist zusätzlich Auslandserfahrung und damit verbundene und teilweise gesondert nachzuweisende Sprachkenntnisse.  

Vor allem ist Unternehmensberatung für die Jurist:innen interessant, die das zweite Staatsexamen nicht absolvieren möchten und deshalb direkt nach dem ersten Staatsexamen in das Berufsleben einsteigen.

 

 

 

Aufwand: Wie viel Zeit muss ich in einen Quereinstieg investieren?

Als Jurist:in – auch wenn man bestimmte wirtschaftliche Kenntnisse vorzuweisen hat – ist man in erster Linie fachfremd. Sich dem Bereich aus einer nichtjuristischen Perspektive anzunähern und diesen zu beherrschen bedeutet in erster Linie viel Aufwand.

Gerade in der Unternehmensberatung muss ein gewisser Fundus an Kenntnissen und unternehmerischen Fähigkeiten vorhanden sein, um effizient in die Arbeit einzusteigen. Viele Unternehmen bieten hierfür intensive Einstiegs- und Vorbereitungskurse für fachfremde Unternehmensberater an, sodass in der Regel kein unvorbereiteter erster Jobeinstieg zu erwarten ist. Gerade wenn sich jemand fachfremdes bewirbt, sollte die Bewerbung sehr aussagekräftig sein.

Für das jeweilige – in den Unternehmen verschieden ausgestaltete Auswahlverfahren oder Gespräch – bietet es sich an, ein besonderes Augenmerk auf wirtschaftliche Basics und Terminologie zu legen. Die Auswahlverfahren sind meist nicht nur in einem einzigen Bewerbungsgespräch getan, sondern beinhalten sogenannte Fallstudien. Diese müssen gelöst und in entsprechend zufriedenstellender Weise vorgestellt werden. Die Vorbereitung auf diese Fallstudien ist gerade für Fachfremde oft mühsam, aber nicht unmöglich und sollte entsprechend gut geübt werden.
 

Wann sich der klassische juristische Bereich eher lohnt

Es gibt natürlich Unterschiede zwischen Unternehmensberatung und wirtschaftlich-juristischem Arbeiten, da die jeweilige Herangehensweise und der damit verbundene Berufsalltag sehr unterschiedlich sind. So sollte gut abgewogen werden, ob sich die zeitliche Investition und Umorientierung für sich selbst lohnt. Beispielsweise sind Großkanzleien auch international ausgerichtet und ermöglichen einen abwechslungsreichen Arbeitsalltag.

Die Teamarbeit ist grundsätzlich jedoch nicht so intensiv und interdisziplinär gemischt wie es bei Unternehmensberatern der Fall ist. Im juristischen Bereich muss dann beachtet werden, dass die typische Einzelarbeit am Schreibtisch weiterhin einen großen Teil der Arbeit ausmacht. Bezüglich der Voraussetzungen und Gehalt ähneln sich jedoch beide Bereiche.

Sich dem Bereich aus einer nichtjuristischen Perspektive anzunähern und diesen zu beherrschen bedeutet in erster Linie viel Aufwand.

Fazit

Wer sich nicht sicher ist, ob der Beruf von Unternehmensberater:innen im Grunde in Frage kommt, sollte erstmal versuchen, mehr über den Beruf herauszufinden. Hierfür gibt es verschiedene Möglichkeiten. Es lohnt sich, früh – auch schon im Studium – Kontakte in dem Bereich zu knüpfen (wie etwa auf Karrieremessen).

Viele Unternehmen bieten auch entsprechende Recruiting-Events an, in denen  Fallstudien geübt und simuliert werden. Oft wird einem dann die Möglichkeit geboten, Unternehmensberater:innen kennenzulernen und sie zu ihrem Arbeitsalltag auszufragen. Wenn man zwischen klassischem Wirtschaftsrecht und Unternehmensberatung schwankt, bietet sich die gleiche Vorgehensweise auch für Großkanzleien an. Auch diese haben in der Regel ein großes Angebot an Events, auf denen ein Kennenlernen möglich ist.
 

Wer ganz auf Nummer sicher gehen möchte, kann auch ein Praktikum in Erwägung ziehen. Auf diese Weise gelingt auch der Vergleich on the job – denn den besten Einblick erhält man sowieso durch die Praxis.