Nach der Prüfung ist vor der Prüfung heißt es unter den Jurastudenten. Fakt ist, die Note des zweiten juristischen Staatsexamens hat eine mindestens ebenso große Bedeutung für den Nachwuchsjuristen wie die Ergebnisse des ersten Staatsexamens in Jura. Daher ist es nicht verwunderlich, dass es unter den Jurastudenten heiße Diskussionen um sogenannte „leichte“ und „schwere“ Bundesländer gibt, was die Notengebung beim zweiten juristischen Staatsexamen betrifft.
Hat man das erste juristische Staatsexamen erfolgreich hinter sich gebracht, steht der praktische Teil der Juraausbildung, das Referendariat, unmittelbar bevor. Damit lässt auch das zweite juristische Staatsexamen nicht mehr lange auf sich warten, denn der Weg zum Volljuristen ist steinig.
Fast ausnahmslos wird ein Bewerber vor allem nach seiner Note ausgesucht. Diese entscheidet nicht nur über die Frage des „Ob“, sondern auch über die Frage des „Wie“, nämlich über das Gehalt. Während Absolventen mit 9 oder mehr Punkten in der Regel unproblematisch eine Anstellung finden und mit einem Einstiegsgehalt von zwischen EUR 75.000.- und EUR 50.000,- pro Jahr rechnen können, fällt es Juraabsolventen mit einem „ausreichend“ häufig schwer in das Berufsleben einzusteigen. Mit einem Einstiegsjahresgehalt von selten über EUR 30.000,- ist der lange Ausbildungsweg auch schwer zu rechtfertigen.
Obgleich ein Drittel der Endnote unbestritten auf Glück beruht und Punkteabweichungen von ein bis zwei Punkten nach oben oder unten rational oft nur schwer nachzuvollziehen sind, ist es daher nicht verwunderlich, dass es unter den Jurastudenten heiße Diskussionen um sogenannte „leichte“ und „schwere“ Bundesländer gibt, was die Notengebung beim zweiten juristischen Staatsexamen betrifft. Ein Blick auf die unten angeführten Notenstatistiken zeigt: es gibt sie, die leichten und schweren Länder. Hamburg sticht als Positivbeispiel klar hervor, nie lag in den letzten 10 Jahren der Prozentsatz an Prädikatsexamen unter 30%. In Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt erreicht der Anteil an Prädikatsexamen im zweiten juristischen Staatsexamen hingegen nur selten über 10%.
Bei der Wahl des Ausbildungsortes für das Jura Referendariat ist jedoch nicht nur die Notenstatistik ausschlaggebend. Die Erfahrung zeigt, dass sich der Schwierigkeitsgrad des ersten juristischen Staatsexamens auf das Referendariat deutlich auswirken kann. Jurastudenten, die ein nur mittelprächtiges Examen in Sachsen erzielt haben besitzen meist schon umfangreiche ZPO-Kenntnisse, so dass sie sich beim Referendariat in Hessen in den ersten Monaten relativ leicht tun und diesen Wissensvorsprung oft bis ins zweite Staatsexamen halten können. Umgekehrt können gute Kandidaten aus manchen Bundesländern, die ihr Referendariat z.B. in Sachsen antreten, kräftig nach unten abrutschen.
Ein weiterer Mythos ist der sogenannte „Bayern-Bonus“. Demnach wissen potenzielle Arbeitgeber über die schwierigeren Prüfungsbedingungen und strengere Notengebung im Freistaat Bayern Bescheid und berücksichtigen dies dementsprechend im Bewerbungsverfahren. Faktisch wird der Bayern-Bonus oder ähnliches jedoch nur von wenigen Arbeitgebern anerkannt. Letztlich sind daher für den Nachwuchsjuristen 9 Punkte aus Rheinland-Pfalz immer noch deutlich besser als 6 Punkte aus Sachsen-Anhalt.
Heißt dies nun, dass einem Rechtsreferendar in Hamburg eine gute Note beim zweiten juristischen Staatsexamen sicher ist? Nein, nicht unbedingt. Oftmals unterschätzen Nachwuchsjuristen in „leichten“ Bundesländern die Prüfungsanforderungen, gerade wenn sie das erste Staatsexamen in Jura in einem „schweren“ Bundesland geschrieben haben. Sie meinen die Intensität ihrer Vorbereitungen herunterschrauben zu können, doch diese Entscheidung entpuppt sich meist als fataler Fehler.
Abgesehen von den Notenstatistiken des zweiten juristischen Staatsexamens, ist es auch wichtig, sich in dem jeweiligen Bundesland wohl zu fühlen, denn dies kann den persönlichen Erfolg maßgeblich beeinflussen. Andere Faktoren, die man als angehender Referendar auf jeden Fall bei der Wahl des Bundeslandes berücksichtigen sollte sind die vermutlichen Wartezeiten auf den Ausbildungsplatz, die Anzahl der Klausuren im zweiten Staatsexamen, das Angebot an Repetitorien und Klausurenübungskursen sowie die Höhe der gewährten Unterhaltsbeihilfe.
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